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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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lauschte angespannt auf ein Schluchzen, auf böse Worte, eine aus Wut zerbrochene Vase – doch es blieb still. Als sie mit Stephanos zurück ins Andron kam, saß Theogenes auf einem Stuhl und hatte seinen Kopf in die Hände gestützt.
    Von Phano fehlte jede Spur. Wahrscheinlich war sie in ihre alten Räume gegangen – stumm, trotzig, schicksalsergeben.
    „Du hättest es mir sagen müssen, Stephanos“, ereiferte sich Theogenes, als er seinen Schwiegervater bemerkte.
    „Ich wusste, dass sie keine Jungfrau war und ahnte, dass sie schon einmal verheiratet gewesen ist ... doch es war mir egal. Ich wollte diesen Umstand verbergen, und es wäre mir gelungen. Dieser Phrastor hat kein Interesse daran, mir oder ihr zu schaden. Dass sie jedoch die Tochter deiner Hetäre ist und damit keine Athener Bürgerin ... und dann auch noch die Sache mit einem gewissen Epainetos.“ Er schüttelte den Kopf und wirkte kraftlos. „Ich liebe sie noch immer, aber ich kann sie nicht in meinem Haus behalten.
    Die Vorwürfe gegen sie sind zu groß. Es gibt Zeugen, die sie bei einer Anklage belasten könnten.“
    „Wer behauptet solche Dinge von meiner Tochter?“, vernahm Neaira Stephanos schwach vorgetragenen Einwand.
    „Ich gebe zu, es ist dieser Apollodoros, der dir nicht gut gesonnen ist. Aber es gibt eben auch andere Zeugen, den Epainetos und zwei Bürgen, die vor Gericht bestätigen würden, dass Phano eine Hure ist.“
    „Sie ist keine Hure“, war das Einzige, was Neaira hervorzubringen wusste, doch Stephanos schwieg.
    Theogenes redete weiter auf Stephanos ein. „Der Rat des Aeropag ist zusammengetreten und hat mich zur Rede gestellt. Ich musste mich dem beugen, Stephanos, und du wirst es auch tun müssen. Dem Rat ist nicht daran gelegen, dass herauskommt dass die heiligen Riten der Basilinna von einer unehrenhaften Frau vollzogen worden sind - sie wollen Stillschweigen. Deshalb haben sie nur die Scheidung von Phano verlangt und deinen Rücktritt als Beisitzer des Archon Basileus. Es ist eine geringe Strafe, denn um Phanos Schuld der Unzucht mit Epainetos als Strafgrund anzuführen, müsste vorab das Gericht tagen und ebenfalls um zu beweisen, dass sie die Tochter deiner Hetäre ist.
    Aber dass sie schon verheiratet war, ist allgemein bekannt.“
    Theogenes seufzte und fuhr sich mit der Hand durch das

Haar. „Mach es nicht schlimmer, Stephanos. Bisher wird sie nur beschuldigt, bereits verheiratet gewesen zu sein – belasse es dabei ... um Phanos Willen und für deine Bürgerehre!“
    Stephanos biss sich auf die Lippen. Neaira konnte erkennen, dass er gerne losgezogen wäre, um Apollodoros zu töten. Dies war ein Kampf, auf den er sich verstand und den er nicht scheute. Doch Stephanos war selten hitzköpfig und unbeherrscht. Stattdessen begriff er die Worte des Schwiegersohnes schnell und bezwang die Gefühle des Hasses auf den langjährigen Gegner. „So sei es denn“, war das Einzige, was er herausbrachte. Dann wandte er sich um und ließ Theogenes und Neaira allein im Andron zurück.
    Theogenes Blick suchte Neairas. „Bitte“, sprach er sie an.
    Neaira löste ihre Blicke von der Wand, welche sie angestarrt hatte. Hätte sie doch hindurchfliegen können, zu einem anderen Ort, wo sie all das vergessen konnte. Sie war so müde, immer wieder hinzufallen und aufzustehen.
    „Bitte, Neaira ... ich weiß nicht, ob die Vorwürfe gegen Phano stimmen und ob sie deine Tochter ist. Wenn es so ist, dann sage ihr, dass meinem Herz das alles egal gewesen sei. Mein Herz wird sie immer lieben, egal wer ihre Mutter ist. Sag es ihr!“
    Wie einfach es für ihn war, ihr diese Bürde aufzuerlegen! Neaira zwang sich zu einem gequälten Lächeln, wusste sie doch, dass sie Phano Theogenes Worte nicht überbringen konnte, ohne zugeben zu müssen, ihre Mutter zu sein. Aber wie hätte sie sich Phanos Fragen stellen können – ihren Vorwürfen, ihren vernichtenden Blicken? „Du bist einer der wenigen guten Männer, denen ich in meinem Leben begegnet bin, Theogenes. Auch wenn du letztendlich an deiner Schwäche scheiterst, wie es alle guten Männer tun. Trotzdem wünsche ich dir den Segen der Götter.“
    Theogenes erhob sich und wich ihrem Blick aus. Neaira sah ihm hinterher, wie er das Haus verließ, dann durch den Garten ging und hinter der Mauer zur Straße verschwand.
    Beinahe so gebrochen wie damals Lysias , kam es ihr in den Sinn.
    Sie wusste, dass Phano an diesem Tag jene große Liebe verloren hatte, die einer Frau, wenn überhaupt nur

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