Der Gesang des Satyrn
ein Fluss voller Tränen , hallte die Strophe eines alten Liedes in Neairas Kopf, das die Mädchen oft im Hof sangen, während sie Wolle spannen. Dann war es still.
Sie hob den Kopf und bot ihnen ihr bloßes Gesicht dar, damit sie es mit Blicken verschlingen konnten. Augenpaare ruhten auf ihr, betasteten ihren Körper, drangen durch ihr dünnes Gewand ...
„Bei Zeus, ein wirklich schönes Kind! Gerade als hätte Aphrodite selbst sie geboren.“ Es war derjenige, der an ihren Reizen gezweifelt hatte und dem jetzt alle beipflichteten, nickend und andächtig schweigend.
„Kein Kind, edle Herren, Neaira ist mannbar! Ihr habt ein scharfes Auge, ihr Herren. Sie ist in der Tat ein Geschenk der Aphrodite. Wer von euch hat je Vollkommeneres erblickt?“ Die Harpyie pries Neairas Vorzüge als böte sie ein edles Geschmeide oder ein feines Tuch feil. Zungen leckten sich Wein von den Lippen, Hände drehten unruhig Weinschalen. „Seht sie euch an“, flüsterte Nikarete. „Wie flüchtig ist der Augenblick von Unschuld und Jugend. Wer würde sich nicht in Schulden stürzen, um diesen Blütenkelch zu öffnen?“
„Ich zahle dir fünf Mina für sie!“ Das Gebot schien die Harpyie nicht zu beeindrucken, denn sie schüttelte den Kopf. „Willst du mich beleidigen?“
„Sechs Mina!“
Wie viel waren sie bereit für ihre Gier zu zahlen?
Phrynion mit dem gefälligen Äußeren, dessen Augen so seltsam eindringlich schauten, schwieg. Neaira fragte sich, ob er sie erkannt hatte oder vielleicht gar denselben Traum geträumt hatte wie sie vor vielen Jahren. Waren seine Blicke begehrlich, gierig oder gelangweilt? Sie konnte es nicht sagen. Er war zu geheimnisvoll, als dass sie es hätte erkennen können. Fast war Neaira versucht Aphrodite darum zu bitten, dass er es wäre, der sie heute Nacht zum Tanzen aufforderte. Aber sie beschloss, dass es unwichtig war, wer von den Herren sie bekam. Es gab keinen Paris und keine Helena. Nicht hier, nicht jetzt ... nirgendwo!
„Zehn Mina!“
„Ich gebe dir zwölf für sie!“, überschlugen sich die Stimmen - und noch immer schwieg der Satyr Phrynion und beteiligte sich nicht an den Geboten.
„Ein Talent!“ Wiederum derjenige, der Neaira ein reizloses Kind genannt hatte, forderte jetzt diesen einmaligen Tanz mit ihr.
„Du bist ein Kenner, Xenokleides. Nicht nur deine Worte sind Poesie, auch dein Geschmack! Nun, ihr Herren, wollt ihr überbieten?“
Konnten Harpyien singen? Neaira meinte, dass diese es konnte, wenn man ihr nur genug Geld bot - und der Preis, den Xenokleides geboten hatte, war unerhört hoch.
„Ein Poet mag er sein, jedoch kein guter Geschäftsmann, wie es bei den meisten Schöngeistern so ist. Ich warte lieber, bis ihr Kelch geöffnet ist und der Preis erschwinglich.“ Sie lachten, sie nickten, sie waren sich einig.
Phrynion schwieg sich weiter aus. Warum fühlte sie sich von ihm betrogen, und warum sah er sie noch immer an?
Einen Augenblick schien Neaira ihre Gedanken nicht verbergen zu können, denn er verzog seinen Mund zu diesem schmalen Lächeln, von dem sie nicht wusste, was es bedeutete.
„So ist es abgemacht.“ Nikarete versetzte ihr einen unmerklichen Schubs in den Rücken und drängte sie vor sich her, hinaus aus dem Andron und hinein in einen Raum, der mit einer Schlafkline und üppigen Polstern ausgestattet war. „Ein Talent; wer hätte das gedacht.
Xenokleides hat ein Vermögen für dich bezahlt.“ Mit der Sorgsamkeit eines Raubvogels sah sich Nikarete um, überprüfte noch einmal die Polster und nickte dann zufrieden.
Als Xenokleides zu ihr kam, schloss er die Tür hinter sich mit einer so endgültigen Geste, dass Neaira zusammenzuckte. Er hatte keine Hörner, keinen Pferdeschweif und auch keine plattgedrückte Nase.
Trotzdem war es leichter für Neaira die Augen zu schließen und sich vorzustellen er hätte all diese Dinge, als er den Gürtel ihres Chitons löste. Ohne Ungeduld zog er den Stoff von ihrem Körper, nahm sie hoch und legte sie auf das Lager. „Du musst dich doch nicht fürchten, ich werde sehr sanft mit dir sein.“ Sie hielt die Augen fest geschlossen, als er seinen Mund auf ihre Brüste senkte, an ihnen saugte und sogar hineinbiss. Vor ihren geschlossenen Augen sah Neaira seine groben Augenwülste, den untersetzten Körper, die Hörner. Dann spürte sie sein hartes Glied zwischen ihren Schenkeln.
„Wie einzigartig ist der Genuss eines jungendlichen Leibes.“ Mit einem Stöhnen ließ Xenokleides sich auf sie sinken,
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