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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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während er ihre Schenkel spreizte. Neaira glaubte ihr würde die Luft zum Atmen genommen, denn sein schwerer Körper drückte die Luft aus ihren Lungen. Sie bog sich ihm nicht entgegen wie Metaneira den Satyrn in ihrem Traum, als er sein Glied in sie zwängte und ihre Beine umklammerte. Stattdessen krallte sie ihre Hände in das Laken und ließ ihn tun, was er wollte. Xenokleides stieß in sie, keuchte und drängte seine Zunge in ihren Mund.
    Hylas Mund hatte nach süßen Früchten geschmeckt, doch Xenokleides schmeckte nach saurem Wein und nach faulen Zähnen. Er war nicht behutsam, nichts was er tat, hätte diese Bezeichnung verdient. Er war ein Satyr, der sich einen Mädchenleib nahm. Nach einer Weile stieß er ein letztes Mal hart in sie und stöhnte noch einmal laut auf. Schwer atmend lag er auf ihr, dann rollte er sich endlich zur Seite.
    Neaira öffnete die Augen. Er war nicht mehr der grobe Satyr. Das was neben ihr lag, war ein ausgelaugter Mann mit altersfleckigen Händen und eingefallenem Brustkorb, der sich an ihrer Jugend verausgabt hatte. Alles an Xenokleides sank so schnell zusammen wie sein Glied.
    Schweiß glitzerte auf seiner Stirn. „Ich bin müde“, murmelte er, und beinahe im gleichen Augenblick begann er zu schnarchen.
    Neaira rückte so weit es ging auf der Kline von ihm ab.
    Sie störte weder das Brennen noch sein klebriger Samen zwischen ihren Schenkeln, noch der kleine Blutfleck auf dem Laken des Polsters. Viel schlimmer war der Geruch, der an ihr haftete - jener stechende Geruch, den sie als Kind an ihrer Mutter und später an Metaneira wahrgenommen hatte. Jetzt begann er Neaira anzuekeln, da ihr klar wurde, woher er stammte. Es war der Geruch männlicher Lust und Gier, der Geruch eines brünstigen Tieres, der Gestank der Satyrn! Neaira dachte daran, dass Hylas Haut nie so gerochen hatte. Er hätte es sein sollen, der sie auf ein Lager aus duftenden Blüten legte. Schließlich erlaubte sich Neaira ein paar geheime Tränen um ihre zerstörten Träume.
    Xenokleides verabschiedete sich am nächsten Morgen mit knappem Gruß und drückte ihr einen perlenbesetzen Kamm für ihr Haar in die Hand, den Idras ihr sofort abnahm, als sie kam um Neaira ins Badehaus zu bringen.
    Neaira störte es nicht, ihr lag nichts an diesem Geschenk, doch sie wusch sich ebenso wie einst Metaneira so gründlich und verbissen, dass Idras ungeduldig mit dem Stock wedelte. „Genug jetzt, du bist sauber!“
    Sie war nicht sauber, wie konnte die Schwarze es nicht riechen? Bemerkte sie nicht den beißenden Gestank?
    Neaira meinte, dass er sich nie wieder abwaschen ließ.
    Doch Idras gab nichts auf ihre Einwände. Neaira gelang es nur schwer, ihren rasenden Hass auf Idras im Zaum zu halten.
    „Zieh das an und trödele nicht herum.“ Idras warf ihr einen Peplos zu und brachte sie zurück in ihr eigenes Zimmer, wo Neaira sich auf ihrem Bett zusammenrollte.
    Sie war so furchtbar müde, und sie fühlte sich wund – nicht nur in ihrem Körper, auch in ihrem Herzen. Am Abend brachte eine junge Sklavin ihr eine Platte mit einem Becher Ziegenmilch, einem Fladen Brot, Oliven, Käse und etwas Obst. Neaira aß ohne Appetit und betete zu Aphrodite, dass sie nicht erneut geholt werden würde. Sie könnte es nicht ertragen, nicht noch einmal! Die Göttin schien ihre Gebete zu erhören. Idras kam erst am nächsten Morgen und forderte Neaira auf, mit ihr zu kommen. Der Schlaf hatte ihr gut getan. Sie fühlte sich zwar noch immer leer und wund, aber sie war gefasster als am Vortag.
    Im Andron wies nichts auf die Feste hin, die Nikarete feierte und bei denen sie vorgab ihre eigenen Töchter zu verkaufen. Die bunten Steine des Mosaiks glänzten frisch geschrubbt, und die Weinkelche und Blüten waren fortgeschafft worden. Einzig die Harpyie auf ihrem Thronstuhl zerstörte das Bild einer friedlichen Idylle.
    „Ich bin sehr zufrieden mit dir. Der Preis, den deine Jungfräulichkeit mir einbrachte, ist der höchste, von dem mir bekannt ist, dass er jemals für eine Entjungferung bezahlt wurde.“
    Ob Helena sich ebenso gefühlt hat, als Menelaos sie das erste Mal auf sein Lager holte? Haben ihre Scham und ihr Leib wohl von der Grobheit ihres Gatten gebrannt? , war alles, was Neaira einfiel.
    „Ich werde Idras etwas von dem Geld geben, damit sie dir Gewänder und Schmuck kauft. Natürlich wirst du sie nicht begleiten. Dein Gemüt muss sich erst an das neue Leben gewöhnen.“ Die Harpyie war geschäftstüchtig, hielt dann jedoch inne.

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