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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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MPs ging zum Karren, kam schwer bepackt mit ihrem Proviant zurück.
    »Schau mal einer an!« Die Augen des anderen leuchteten auf. »Da können wir uns ein wahres Festmahl machen!«
    Handschellen klickten, alle drei Gefangenen wurden aneinandergefesselt, auf Waffen abgetastet; die Militärpolizisten fanden Brenskis Wurfmesser.
    »Er ist es wirklich. Experte im Messerwerfen, hat der Colonel gesagt.«
    »Feiger Hund! Wolltest zu den Nacionales, ja, aber da haben wir dir einen Strich durch gemacht.« Und zu El Corazón gewandt: »Du hast zwar deinen Bart abrasiert, aber man sieht, wo er war. Mit dir werden wir auch noch die ganze Tonleiter rauf- und runtersingen.«
    Der eine der beiden MPs ging zum Mulo Ralfo. Das schaute ihn ruhig an. Ein Schuß in die Schläfe, und das Tier brach in den Strängen zusammen.
    Danach fuhren sie los, nach Westen, woher die Bomber kamen, die den Nacionales unter Franco einheizen sollten.

26.
    Die Wände der Zelle waren aus grauem, verwittertem Gestein, aus dem hier und da weißer Schimmel wuchs. Wasser aus unsichtbarer Quelle hatte grünlich-schwarze Bahnen gezogen. Der Boden war aus Lehm, von Tausenden von Füßen festgestampft, von denen allerdings kein Abdruck zu entdecken war.
    Ein vergittertes Fenster war hoch oben in einer Zellenwand angebracht. Es war zu klein, um den Gestank der zwanzig Frauen hinaus und frische Luft hereinzulassen. Nur einen Fetzen des blauen Himmels konnte man sehen, gevierteilt von dem rostigen Gitter.
    Es gab nur die Wände, den Boden, das vergitterte Fenster und einen Kübel in der Ecke, in dem die Notdurft gegen den Rand schwappte.
    Der Gestank des Kübels in der Ecke und ihrer ungewaschenen Körper in der Hitze war schlimm genug. Aber noch schlimmer war der Geruch der Angst. Er drang in Mund und Nase, er ging von den Händen aus, mit denen man sich übers Gesicht strich, er hing in den Kleidern, die man trug. Er war wie eine Wolke, die sie alle einhüllte.
    Die Frauen hockten auf dem nackten Boden, die Knie angezogen, Platz zum Ausstrecken der Beine gab es nicht.
    Sie hockten und starrten vor sich hin, manche weinten lautlos, andere beteten mit trockenen, spröden Lippen, über die kein Ton kam. Die Stille war das Schlimmste.
    Sie besaßen keine Worte mehr, die sie zu Sätzen zusammenfügen konnten. Zu viel war ihren Körpern, ihrem Geist und ihren Seelen geschehen.
    Der Krieg war das Handwerk der Männer.
    Der Krieg war, so schien es vielen von ihnen, eine Erfindung der Männer, um die Frauen und Kinder zu peinigen.
    Ein Bruderkrieg wie dieser noch dazu.
    Oft schnitt er quer durch die Familien, noch öfter quer durch die Weiler und Dörfer und Städte.
    Der Krieg hinterließ nur hilflose Opfer und Tote.
    »Die Toten sind noch am besten dran«, sagte ein Mädchen, das nicht älter sein konnte als Maria Christina. Ihr hatte man den Kopf geschoren, ihre Hände waren zu Klauen verkrüppelt, weil man die Knöchel der Finger zerschlagen hatte.
    »Wer hat das getan?« fragte Maria Christina.
    »Was spielt das für eine Rolle?« Das Mädchen zuckte die Schultern, die knochig und weiß aus dem zerrissenen Kleid schauten. Auch ihre Brüste konnte man sehen. Das Mädchen gab sich nicht mehr die Mühe, ihre Blöße zu bedecken.
    »Wo kommst du her?«
    »Aus einem Dorf, das es nicht mehr gibt. Als letztes liefen die brennenden Ferkel herum, sie rösteten in ihrer eigenen Haut. Und die Soldaten haben sich dann über sie hergemacht.«
    »Welche Soldaten?«
    »Was weiß ich? Soldaten. Sie hatten Hunger.«
    »Und wie bist du entkommen?«
    »Ich bin durch ein Kornfeld gelaufen, und auf der anderen Seite war ein Weg, und da stand ein Wagen, auf den haben sie mich geladen, und seitdem bin ich hier.«
    »Wie lange schon?«
    »Seid doch still«, sagte eine alte Frau. »Wen kümmert's, was ihr da erzählt, Sie werden uns so lange hier drin lassen, bis wir an unserem eigenen Gestank ersticken. Riecht ihr es denn nicht?« Ihre Stimme hob sich zu einem schrillen Kreischen. »Wir stinken schon tot!«
    »Halt den Mund«, sagte eine dicke Frau mit hennarot gefärbtem Haar. Sie knetete ihre wulstigen Knie. »Du machst den jungen Dingern doch nur Angst. Ich bin nicht zum erstenmal im Gefängnis, aber hier ist es noch hübsch im Verhältnis zu den anderen.«
    »Hübsch!« Eine zweite alte Frau lachte mit zahnlosem Mund, ihre Zunge war hellrot. »Hübsch!«
    »Du bist eine Hure«, sagte die erste alte Frau und schaute die Hennarote an. »Du stinkst wie eine Hure.«
    »Ich habe den

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