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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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blutigen Kämpfen des zu Ende gehenden Tages.
    Niemand wußte, wer das Gerücht aufgebracht hatte, aber es ging kehligflüsternd durch die Reihen der braungesichtigen Gestalten: Das Kloster war von einer Handvoll weißer Riesen erobert worden, gottlose Bolschewiken, die doch über Kräfte verfügten, wie sie ihnen nur Scheitan aus der Hölle verleihen konnte. Durfte man gegen den Scheitan ankämpfen?
    Tausend Nacionales sollten im Kampf um das Kloster gefallen sein, besiegt von einem Dutzend dieser Bolschewisten.
    Sie flüsterten miteinander und berieten sich und blieben doch ratlos.
    Manchmal nannte man sie gute Soldaten, und sie wußten, daß der Feind sie fürchtete – vor allem die Weiber des Feindes, und bei dem Gedanken leckten sie sich die Lippen und murmelten gierig: aiwa, aiwa, ja, ja –, aber gegen eine Übermacht wie die im Kloster der jungfräulichen Nonnen konnten sie nicht ankämpfen. Doch wenn es ihnen gelänge, das Kloster zu erobern, dann eroberten sie auch die Weiber, bei denen, das wußte jeder, noch nie ein Mann gelegen hatte, und sie würden diese Jungfrauen mit dem Dolch aus ihren Lenden aufspießen und große Freude haben.
    Aber der Gedanke an die Freude der Lenden verblaßte vor dem Gedanken an die Angst, und sie flüsterten und fragten sich, wie sie aus dieser schlimmen Lage herauskommen könnten.
    Plötzlich senkte sich ein Schatten zwischen sie, ein Gesicht, fast schwarz, wandte sich von einem zum anderen, die schwarzen Augen schienen in der Dunkelheit zu glühen, und sie senkten ihre Lider, damit sie nicht in diese Augen schauen mußten, denen das Nachglühen der Abenddämmerung etwas Tierisches gab.
    Es war Sergeant Dauda Onega, ein Mischling aus dem Blut der wilden Tuareg, der blauen Männer aus dem glühenden Herzen der Sahara, und dem Blut eines vom Niger verschleppten schwarzen Mädchens, das als das Schönste in seinem Dorf galt. Dauda hatte in Diensten der Franzosen gestanden, aber eines Tages war er über die Grenze von Französisch-Marokko nach Spanisch-Marokko gekommen; niemand wußte weshalb, und niemand fragte ihn. Zwar kam aus Rabat ein Fahndungsersuchen nach Tetuan, aber die Spanier wußten nichts von einem Dauda Onega, der ein französisches Mädchen von zwölf Jahren vergewaltigt und ermordet haben sollte. Sie wußten nichts von ihm, weil er schon in der Spanischen Fremdenlegion Dienst tat, und in der Legion fragt man nicht nach der Vergangenheit eines Mannes.
    Nie mehr hatte sich Dauda etwas zuschulden kommen lassen, und die weißen Offiziere verhätschelten ihn und gaben ihm eine Gewalt über die ganze Kompanie, wie sie kein Offizier besaß. Er war wie ein Teufel, er konnte in die Seelen der Marokkaner sehen, und was er sah, ließ ihn grausam lächeln, so wie jetzt.
    »Allah sei mit euch«, sagte er mit seiner sanften, samtigen Stimme. »Er wird euch helfen, das Kloster zu stürmen, wenn die Zeit kommt.«
    Omar al Kadr, der Korporal mit den meisten Dienstjahren und mit zwei Tapferkeitsmedaillen, fragte: »Und wann kommt die Zeit, ya-Sidi?«
    Ja, man mußte ihn mit Sidi, mit ›Herr‹ anreden, sonst wurde Dauda böse, auch wenn er es sich zuerst nicht anmerken ließ.
    »Der Comandante wird mir in einer Stunde die Angriffszeit geben. Wir haben Geschütze angefordert, und wir werden das Kloster zu Pulver schießen.«
    Omar al Kadr versuchte einen kleinen Scherz: »Aber die Mädchen in dem Kloster, die unberührten religiösen Jungfrauen, die werden nicht von den Geschützen getroffen, nicht wahr, ya-Sidi?«
    »Du hast vollkommen recht, Omar al Kadr, dem Allah Weisheit gegeben hat, daß er durch die Nacht die Jungfrauen sehen kann. Nein, sie werden nicht sterben. Nicht gleich. Erst wenn wir durch peinliche Befragungen festgestellt haben, wer die Verräterinnen waren, die das Kloster den roten Höllenhunden übergeben haben.«
    »Bei Allah!« rief Omar aus. »Das Kloster ist durch Verrat in die Hände der Roten gefallen?«
    »Du sagst es.« Dauda ließ seine Blicke über die Gesichter schweifen, und er fragte: »Habt ihr denn etwas anderes geglaubt? Ihr habt doch keine Angst vor den paar jämmerlichen Bolschewisten, oder?«
    Sie alle murmelten zustimmend. Nein, sie hatten keine Angst.
    »Und eins sage ich euch, laßt die Finger von den Nonnen, bis ich euch die Erlaubnis erteile – oder sie euch verweigere.«
    »Wenn der Saft meiner Lenden kocht, ist ihm so schnell nichts zu verweigern«, sagte Ali Shukram, der Jüngste in der Runde.
    Mit einer blitzschnellen Bewegung,

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