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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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Novizin?«
    »Sí.«
    »Warum geht ein Mädchen wie Sie ins Kloster? Sie stammen doch sicher aus einer wohlhabenden Familie, Sie sind jung, Sie sind schön.«
    »Warum wird ein Mann wie Sie Kommunist?«
    »Zuerst müssen Sie meine Frage beantworten.«
    Was ging es ihn an? Warum wollte er es wissen? Nun spürte sie doch jähe Angst in sich aufsteigen. Er war der Versucher mit den weichen Augen und den jungen Händen, mit dem sanften Mund und der lockenden Stimme.
    »Ich bin hier, weil Gott mich gerufen hat«, sagte sie schließlich.
    »Glauben Sie selbst das wirklich?«
    »Weil ich Gott dienen will, nur Ihn lieben und niemanden anderes.«
    »Das ist eine Sünde wider das Leben, das ER Ihnen geschenkt hat. Und hat nicht gerade Jesus gesagt, liebe deinen Nächsten wie dich selbst?«
    »Durch Gott liebe ich die Menschen.«
    »Und verkriechen sich in einer Zelle und liegen auf den Knien, um zu beten, und tun nichts, um den Menschen zu helfen.«
    »Ich habe heute geholfen«, sagte sie.
    »O ja, heute. Den Verwundeten. Wie lange sind Sie schon hier?«
    »Im dritten Jahr.«
    »Drei vergeudete Jahre.«
    »Keine Minute der Liebe zu Gott ist vergeudet!« Sie sprang auf.
    Er hob eine Hand, war dann auf den Füßen, mit einer einzigen schnellen Bewegung. Die Zelle war so eng, daß sie sich ganz nah gegenüberstanden.
    »Ich wollte Sie nicht aufregen, Maria Christina. Ich wollte nur wissen, ob Sie noch menschlich sind.«
    »Sind Sie es denn noch, als Kommunist?«
    »Was wissen Sie von den Kommunisten?«
    »Was mein Vater mir erzählt hat.«
    »Ein Nationaler!«
    »Nein, ein Liberaler.«
    »Ich bin kein Kommunist«, sagte Brenski.
    »Was dann?«
    »Ein Sozialdemokrat.« Und wie er es sagte, empfand er die gleiche Scheu, die sein Vater empfunden hatte, wenn er sich so nannte; eigentlich müßte man es niemandem erklären müssen, den Unterschied, meine ich, hatte er oft gesagt, auch mit einer gewissen Trauer, wenn er sich dagegen verteidigen mußte, ein ›Roter‹ zu sein.
    »Ist das wirklich ein Unterschied?« fragte sie.
    »Ja. Mein Vater hat mich dazu erzogen. Seinen einzigen Sohn.«
    »Ich glaube Ihnen«, sagte sie.
    Er atmete tief aus. Dann lachte er leise. »Glauben Sie mir auch, daß ich nicht Satan bin?«
    Woher wußte er, daß sie das gedacht hatte, als er die Zelle betrat – der Versucher?
    Brenski hatte noch nie ein Gesicht wie das Maria Christinas gesehen, nie einer Stimme gelauscht, die so klang wie die ihre. Er hatte sie in vielen Mädchen gesucht, unbewußt, nie wahrhabend, wonach er eigentlich verlangte.
    Andererseits hatte er gar nicht so viel Zeit auf Mädchen verwandt und mit seinen dreißig Jahren bisher auch noch nie daran gedacht zu heiraten, eine Familie zu gründen – ob die Zeiten nun gut oder schlecht waren –, sich fortzupflanzen, sein eigen Fleisch und Blut zu zeugen, wie das so hieß. Er hatte nie den Wunsch nach einem eigenen Zuhause verspürt; wenn er ein eigenes Zimmer besaß, war das schon genug; eine Tür, die er hinter sich zumachen konnte, und dabei zu wissen, er war allein.
    Bücher liebte er, alle, deren er habhaft werden konnte. Das Schreinerhandwerk mochte er, weil er mit seinen Händen etwas Nützliches schuf. Aber er hatte auch schon als Setzer und Kellner und Straßenbahnschaffner und sogar einmal in einem Zirkus gearbeitet, in diesen Jahren, in denen man sich keiner Arbeit schämte, froh war, überhaupt welche zu bekommen.
    Und dann war er in diesen Krieg gezogen; erfüllt von dem Glauben an eine gerechte Sache, erfüllt von dem Bewußtsein, daß er sich für die Freiheit einsetzen mußte, wenn er schon an sie glaubte.
    »Warum sind Sie Soldat geworden?« fragte Maria Christina.
    »Weil ich mithelfen will, die Republik zu retten.«
    »Aber es ist nicht Ihre Republik, Spanien ist nicht Ihr Land!«
    »Die Freiheit eines jeden Menschen auf dieser Welt ist wichtig.«
    »Daran glauben Sie, daß jeder frei sein kann?«
    » Ja .«
    »Ist es nicht nur ein Traum?«
    »Wenn wir nicht träumen könnten, gäbe es nichts zu erschaffen, also keine Wirklichkeit.«
    »Gott hat die Welt erschaffen, nicht wir Menschen.«
    »Und er hat uns den freien Willen gegeben, sie für uns bewohnbar zu machen.«
    »Zu beherrschen, meinen Sie?«
    »Nein, das meine ich nicht.«
    »Haben Sie heute jemanden getötet?«
    »Ja, einen Verräter aus meiner eigenen Gruppe.«
    »Und von den Nacionales?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Vielleicht nicht mit Ihren Händen, aber mit Ihrem Kopf, denn Sie befehligen doch Ihre

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