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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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Gruppe. Und so viele Verwundete der anderen sind gestorben.«
    »Ich weiß«, sagte er, »und es tut mir leid.«
    »Es tut Ihnen nicht leid.«
    »Doch. Aber wenn wir sie nicht getötet hätten, dann hätten sie uns getötet.« Ihm war es, als habe er diese Erklärung schon hundertmal gebraucht, und sie war ihm zuwider, auch wenn sie der unabänderlichen Wahrheit entsprach. »Ich kam nach Spanien, um mitzuhelfen, zu retten, was zu retten ist.«
    »Das sind große Worte.«
    »Aber wenigstens keine Lügen. Wollen Sie mir das glauben? Und wollen Sie mir vertrauen?«
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann.«
    »Sie müssen mir vertrauen – denn Sie müssen von hier fort.«
    »Warum sollte ich?«
    Die rauchgrauen Augen hatten sich geweitet, offene Furcht las er nun darin, vor ihm selbst oder vor dem, was er nun sagen mußte?
    »Francos Marokkaner – die Sie ›Moros‹ nennen – sind im Anmarsch auf das Kloster. Sie sind für ihre Gewalttätigkeit und Grausamkeit berüchtigt.«
    »Ich bin mit meiner Familie durch Marokko und Mauretanien gereist, die Menschen dort waren sehr gastfreundlich. Wir waren auch in Ägypten.« Sie sagte es mit einem fast kindlichen Stolz. »Ich habe die Pyramiden gesehen.«
    »Wie lehrreich für Sie. Und wann haben Sie einmal etwas Nützliches getan, etwas Mit-Menschliches?«
    »Wir haben den Armen in Córdoba geholfen.«
    »Ja, Milchspeisungen veranstaltet und Kuchen gebacken für die Armen, die lieber ein Brot gehabt hätten, das sie sich selbst verdienen konnten, und keine Krumen von den Tischen der Reichen.«
    »Mein Vater hat jedes Jahr für die Armen unserer Pfarrgemeinde gespendet. Und ich bin jeden zweiten Tag zu alten Leuten gegangen, die keine Familie mehr hatten.«
    »Dann haben Sie ja in Ihrer Freiheit mehr für die Menschen getan als hier.«
    »Das können Sie nicht beurteilen.«
    Sie stand mit dem Rücken zur Wand, und er sah, wie hilflos und jung und verletzlich und jedem Angriff ausgeliefert sie sein würde; selbst er hatte sie schon mit seinen Worten verletzt.
    »Maria Christina«, sagte er, ihren Blick festhaltend, »Sie müssen von hier fort. Selbst wenn wir Verstärkung bekommen, ist alles für Sie vorbei. Sie wissen doch, daß in der Republik alle Orden aufgelöst worden sind.«
    »Und für eine solche Republik kämpfen Sie?«
    Brenski schwieg. Alles, was er wollte, war doch nur, daß sie fliehen sollte, ehe es wieder zum Kampf kam.
    »Der Colonel sagte, daß Córdoba sich von Anfang an auf die Seite der Nationalisten gestellt habe. Ist das wahr?«
    » Ja .«
    »Dann wird meiner Familie nichts passiert sein? Ich meine, wenn mein Vater sich still verhalten hat – als Liberaler?«
    »Vermutlich nicht.«
    Sie legte die Hände vors Gesicht. Nach einer Weile flüsterte sie: »Glauben Sie wirklich, daß das hier vorbei ist, die Beschaulichkeit, der Dienst an Gott?«
    »Ja«, sagte er leise und legte seine Hand auf ihre Schulter. »Heute nacht noch wird es vorüber sein. Die Nacionales und ihre dunkelhäutigen Messerhelden werden hier eindringen, oder es kommt Verstärkung von unserer Seite. In diesem Krieg weiß man nie, woran man ist. Aber für Sie bedeutet es auch die Freiheit, wenn Sie wollen. Ich verbürge mich, Sie wohlbehalten ins Hinterland zu führen, wenn mir nichts passiert.«
    »Ich kann nicht. Ich habe einen Eid …«
    »Sie haben das ewige Gelübde noch nicht abgelegt.«
    Brenski setzte sich müde auf ihre Pritsche.
    Nur eine Stunde Schlaf. Er mußte sie haben, wenn er nachher mit klarem Kopf das Ende der Nacht durchstehen wollte.
    »Sie sind müde.«
    »Ja, das bin ich.«
    Zögernd sagte sie, sich des Ungeheuren, was sie da tat, voll bewußt: »Sie können sich hier ausruhen. Eine Stunde. Dort liegt die Decke.«
    Als er etwas entgegnen wollte, hob sie die Hand. »Ich werde so lange in der Kapelle sein und für uns beten.«
    Er sah sie mit einem flüchtigen, halb resignierten, halb sarkastischen Lächeln an. »Das wäre vielleicht gar keine schlechte Idee.«
    Als sie gegangen war, schloß er die Augen. Er versuchte, sich auszumalen, wie es sein würde, mit ihr, mit der Nonne Schwester Teresa, mit bürgerlichem Namen Maria Christina. Er versuchte, an sie zu denken, aber die Erschöpfung überwältigte ihn, und er war eingeschlafen, bevor er sich richtig ausgestreckt hatte.
    Maria Christina trat vor den Altar und schaute zu den Fenstern der Kirche hinauf, deren leuchtende Farben man auch im Schein des Ewigen Lichtes ahnen konnte. Ein Mann namens Maurice de

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