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Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
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Froh, dass er nicht mitgekommen war. »Fünf Päckchen Pall Mall, zwei Shots Turkey 101, eine Flasche Bud und zwei Dollar in Münzen«, sagte sie zu Poe und fuhr sich mit der Zunge über die prallen Lippen.
    Poe zwinkerte. »Seh schon, musst die verlorene Zeit wettmachen.«
    Er drehte Liz den Rücken zu, griff nach den Zigaretten, öffnete die Kühltruhe und entfernte den Kronkorken von einer Flasche Bud. Stellte sie vor Liz. Wandte sich wieder ab und den Whiskeyflaschen zu, die den Spiegel hinter der Bar flankierten. Nahm, als er sich umdrehte, Blickkontakt mit dem Mann in der dunklen Ecke auf. Nickte ihm zu. Füllte zwei Schnapsgläser mit Turkey und stellte auch die vor Liz, deren Bud bereits halb leer war. »Macht fünfundreißig glatt«, sagte er.
    Liz zog zwei Zwanziger aus ihrem Geldbündel. »Vergiss meine zwei Dollar in Münzen nicht.«
    Die Shots setzten Liz’ Mandeln in Brand. Sie vertrieb das Brennen mit dem Bier. »Gib mir noch eins«, wies sie Poe an. Er gehorchte. Sie nahm das Kleingeld und ihr frisches Bier, passierte die sexhungrigen Blicke der Working-Class- und Vollzeitsäufer und ging zur Jukebox. Sie warf acht Vierteldollar ein, blätterte die Auswahl durch und tippte eine Runde Skynyrd ein. »The Ballad Of Curtis Loew« und »Call Me The Breeze«.
    Dann setzte sie sich wieder an die Bar. Leerte ihr Bud. Bestellte noch eins. Legte einen Zwanziger hin, sagte: »Sorg immer für Nachschub.« Poe nickte und stellte ihr ein neues hin.
    Sie spielte mit der kalten Flasche, wusste, dass sie, nach dem, was sie mit Eldon gemacht hatte, Angus würde töten können. Aber sie musste es schlau angehen. Er war nicht dumm. Kein Mann, dem man in die Quere kommen sollte. Und sie wollte, dass er litt. Keine Folter. Bloß ein langsamer Tod. Etwa indem man ihm die Handgelenke, Fußfesseln und die Kehle aufschlitzte. Ihn in Batteriesäure ausbluten ließ. Das war mal eine alttestamentarische Idee.
    Sie könnte ihn erschießen, aber sie würde eine Waffe brauchen. Könnte vielleicht an eine seiner Pistolen rankommen. Bloß hielt er die immer versteckt oder in seiner Nähe. Sie nahm einen Schluck Bud, sagte sich, dass sie es bereits satt hatte, nur darüber nachzudenken. Was sie brauchte, war ein ordentlicher Rausch. Ein steifer Schwanz. Etwas, um die Ecken abzuschleifen.
    Neben ihr knurrte die Stimme eines Mannes: »Poe, besorg diesem scharfen Geschoss noch ein Bud und einen Turkey. Geht auf mich.«
    Liz wandte ihre Aufmerksamkeit ihrem neuen Wohltäter zu. Er hatte im Laufe der Jahre ganz schön Federn gelassen. Über den Ohren dünnten die Haare aus wie die Fasern eines Bindfadens. Seine Brauen waren geschwollen und schwammig, die Augen wie in den Schädel hineingebohrt. Die Wangen von Narben gestrafft, darunter war er glatt rasiert. Die sehnigen Muskeln wurden voneinem dunkelblauen T-Shirt mit der Aufschrift »Lucas Oil« verdeckt, das in Dickies-Jeans gestopft war. An den Füßen trug er Arbeitsstiefel.
    »Vielen Dank, Mister …«, sagte Liz.
    Seine Knöchel waren so flach wie die von Angus. Seine langen Finger wuchsen um eine Dose Natural Light herum. Er nahm einen Schluck, sagte: »Ned. Nenn mich einfach Ned, Süße.«
    »Na dann, Ned, was führt dich hierher?«
    Seine Lippen teilten sich. Die Zähne waren in loser Folge angeordnet. Es fehlten ihm weit mehr, als noch im Zahnfleisch steckten. Wie er Liz’ Körper so betrachtete, dachte er, dass er noch nie etwas von einer derartig boshaften Schönheit gesehen hatte. Er konnte das Gift erkennen, von dem Poe gesprochen hatte. Spürte es in seinen Lenden, genauso wie das Verlangen nach einem Krümel, und er sagte: »Bin auf der Suche nach Crank.«
    Liz nahm einen gierigen Schluck von ihrem Bud, behielt den Mann dabei aber im Auge. »Crank?« Sie tat überrascht.
    Er drückte den Zeigefinger an sein rechtes Nasenloch, zog heftig die Luft ein. »Crank, Göttlichkeit, Crystal, wie auch immer du es nennen willst.«
    Sie lachte, fuhr mit dem Fingernagel unter den Saum seines T-Shirts. »Du alter Knochen«, sagte sie. »Nun sag mir mal, was sollte ein süßes Mädchen wie ich über etwas so Illegales wissen?«
    Ned ließ ein methmauliges Grinsen im schummrigen Barlicht aufblitzen, wünschte, er könnte seinen alten Knochen in ihr versenken, sagte: »Süße, dich auf Gottes Erde herumlaufen zu lassen ist schon illegal. In dieser Bruchbude hier wird erzählt, dass eine Frau, gebaut wie die pure Sucht, von Zeit zu Zeit ziemlich hochwertigen Scheiß vertickt. Vielleicht

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