Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
Vom Netzwerk:
Jarhead zog Luft ein. »Sieht aus, als wärst du getroffen worden«, sagte er.
    »Ich fühl einen Scheißdreck«, ächzte Tig, streckte Jarhead eine Hand hin. »Zieh mich hoch. Verziehen wir uns in irgendeine Nebenstraße, bevor die Kacke hier so am Dampfen ist, dass man nichts mehr sehen kann.«
    Hinter Jarhead öffnete sich die Haustür. Eine Frau schrie: »Sarah! Sarah! Ruf die County Police. Da draußen sind Männer. Haben deinen Daddy erschossen! Wollen seinen Wagen klauen!«
    »Fuck!«, schrie Jarhead. »Fuck!« Nahm Tigs Hand und zog ihn auf die Beine. Griff nach den Spritkanistern. »Gib mir auch einen von den Mistdingern, Kleiner«, sagte Tig. Jarhead half ihm quer über den Rasen und sie rannten, jeder mit einem Kanister beladen, so gut es ging Richtung Straße, wo der Pick-up im Leerlauf stand. Tig lachte. »Ist das nicht ein Spaß?«
    Die Frau rannte barfuß über die Veranda. Auf den Rasen. Fand ihren Mann, während ihre Tochter die Polizei rief. »Nein!«, schrie die Frau. Rannte hinter das Haus. Kniete sich vor den manischen Hund. Sagte: »Grim, beruhig dich, zum Teufel.« Löste die schwere Kette. Sagte: »Jetzt kriegen es diese Hurensöhne besorgt.«
    Tig wuchtete das Benzin auf die Ladefläche des Pick-ups. »Du fährst«, wies er Jarhead atemlos an. »Mein Bein ist ein scheiß Burger.«
    »Alles klar«, sagte Jarhead. Öffnete die Beifahrertür. Hörte tapsende Schritte auf dem feuchten Rasen. Dann ein tiefes Knurren, gefolgt von einem blitzartig herannahenden Röhren.
    »Fuck!«, brüllte Tig. Knallte gegen die Ladefläche des Pick-ups. Versuchte zu treten. Schlug und drückte den schwarzen Schäferhund von sich weg, der sich auf die Hinterbeine gestellt hatte. Ihm die Vorderläufe auf die Brust drückte und ihn in den rechten Arm biss.
    »Zieh den Bastard von mir runter!« Tig kreischte wie ein zahnendes Kind.
    Ohne Knarre, Messer oder provisorischen Schlagstock tat Jarhead das Einzige, was er wirklich konnte. Ballte die Faust und schlug dem wild beißenden Schäferhund auf den Schädel. Einmal. Zweimal. Dann in die Rippen. Grim kläffte, ließ von Tig ab und rannte davon.
    Tig lehnte am Pick-up, atmete schwer. Flüssigkeit lief ihm an Bein und Arm herab, hinterließ Schlieren an der Seite des Pick-ups. »Du bist schon ein übler Hurensohn«, keuchte er. »Werd dir ein paar Runden spendieren müssen.«
    Jarhead half Tig auf den Beifahrersitz. »Einen Scheiß schuldest du mir«, sagte er. Knallte die Tür zu. Hörte, wie sich aus der Ferne Sirenen näherten. »Scheiße!« Setzte sich hinters Lenkrad.
    »Wo zum Teufel soll ich hinfahren?«, fragte er.
    Benzin bildete auf Tigs Händen und Kleidung Ränder, dazu das Rot, das aus den überall verteilten Wunden kam. Er lachte. »Bring mich zu meinem Cousin. Er wird sich um mich kümmern. Dich gut bezahlen.«
    »Sag mir einfach, wohin. Ich hab keine Ahnung, wo ich hier bin.«
    »Bleib auf der Straße Richtung Westen bis du die Schilder nach Brandenburg siehst«, sagte Tig. »Denen folgst du dann.«
    Jarhead stampfte just in dem Moment aufs Gas, als sich hinter ihm die Straße schlagartig erhellte.
    *
    Liz stolperte durch die Tür und warf die Zigarettenpackungen auf den mit Gläsern, Flaschen mit Heat-Enteisungsmittel, Kaffeefiltern, Steinsalz und Ziploc-Tüten übersäten Tisch. Auf dem Küchentresen glommen drei Laternen. Sie schnappte sich eine davon, ging ins Esszimmer und griff sich die beiden 40-Liter-Behälter mit dem in Tütchen abgepackten Meth. Schleppte sie in die Küche, setzte sich auf einen Stuhl, öffnete einen der Behälter und holte eines der Tütchen heraus. Beförderte sich mit dem Fingernagel einen Snief in die Nase. Spürte, wie der Kick dem Schnapsrausch in den Arsch trat, und steckte sich das Tütchen in die Hose. Verschloss den Behälter und wartete.
    Seine Stimme kam aus dem Schlafzimmer quer durchs Esszimmer und traf sie wie eine Faust ins Gesicht. »Was zum Teufel machst du da?«
    Das war ja klar gewesen. Sie schaute ihn aus Augen wie zwei verblasste Sterne an. »Hab uns einen Käufer besorgt«, sagte sie. »Er will alles.«
    »Käufer?«
    »Heißt Ned.« Sie lächelte.
    Laternenlicht ließ Schatten über das unebene Gewebe seines Auges hüpfen, unterstrich Angus’ Unmut nur noch. »Wer hat für ihn gebürgt?«
    »Ich. Hat mir einen fetten Batzen Kohle gezeigt.«
    Angus’ Worte sprühten Funken vor Wut. »Hat dir wahrscheinlich seinen fetten Schwanz gezeigt. Und den haben ja bekanntlich nur wenige in diesem County. Ist

Weitere Kostenlose Bücher