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Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
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zum Henker machst du mit dem bleichen Wichser?«
    Fu nahm Haltung an, streckte den Oberkörper durch, um gleich auf Whalen losgehen zu können, ihn zu blenden, an der Gurgel zu packen. Es machte den Anschein, als habe er sich anschleichen wollen. »Versuche, ihn weich zu kochen, um eine Wegbeschreibung zum Donnybrook zu kriegen.«
    Whalen war Kleinholz und völlig durch den Wind. Fu wusste das, aber irgendwie hatte der Mann sich aus dem Pick-up geschleppt und es zur Garage geschafft. Er beobachtete, wie sich Whalen an der provisorischen Werkbank aufrecht hielt und einen hellblauen Plastikgriff zur Hand nahm. Er sah aus wie eine überdimensionierte Maglite-Taschenlampe und ging in eine ein Meter lange weiße Rute über, an deren Ende sich zwei runde Kupferteile befanden. Whalen starrte Fu an, der seine linke Hand zur Faust ballte, die rechte locker ließ und mit den Fingern das Gravitationszentrum des Mannes spalten und ihm die Luft zum Atmen nehmen würde. Dann sah Whalen zu Pete, ließ den Blick über die Haken gleiten, die in ihm steckten, stöpselte das Gerät ein und drückte auf einen Knopf an dem Plastikgriff. Zwischen den beiden Kupferkontakten bildete sich ein Lichtbogen. Fu war zum Töten bereit, als Whalen sagte: »Warum zum Henker nimmst du nicht das hier, um ihm die Zunge zu lockern?«
    Fu entspannte sich, begriff, dass nicht er bedroht wurde, und sagte: »Es geht nicht um Folter, es geht um eine Wegbeschreibung.«
    »Scheiße, und ob’s darum geht.« Whalen taumelte auf Pete zu. »Ich werd dich wie ein Tier behandeln, das nicht zurück in die Herde will.«
    Pete versuchte, den Kopf wegzudrehen, hatte aber keine Kontrolle über seinen Körper.
    Fu packte Whalen an der Schulter. Der sagte: »Versuchen wir’s auf meine Weise.« Und stupste Pete mit der pennyfarbenen Spitze an. Ließ ihn hochschnellen. Verpasste ihm ein Brandmal von der Größe eines Nickels, das qualmte, als hätte jemand an der Stelle einen Gummireifen durchdrehen lassen.
    Pete machte sich steif wie ein Brett, wollte sich vom Stuhl losreißen, während er gleichzeitig zu schreien versuchte. Zu hören war jedoch nur Gebrabbel. »Duhh … veda…mmtt…eee… Wichss…aaahhh!«
    Fu entfernte den Angelhaken aus Petes Hand, und Petes Sprache kehrte zurück. Seine schiefen Lippen teilten sich, er schnappte nach Luft und wimmerte. »Ihr fahrt so zurück, wie ihr gekommen seid … Am Ende der Zufahrt geht’s nach rechts. Bleibt dann für acht Kilometer auf der Old Engine Road …«
    Nachdem Pete Fu und Whalen beschrieben hatte, wie man zum Donnybrook gelangte, flehte er: »Jetzt … werdet ihr mich aber … g-g-gehen lassen, oder?«
    Whalen schüttelte den Kopf, drehte sich um, legte den Elektro-Zapper zurück auf die Werkband und wurde beinahe ohnmächtig. Fu fing ihn auf und lehnte ihn an den Türrahmen. Wandte sich wieder Pete zu und fing an, die Haken aus seinem Körper zu entfernen. Ihm sein Gefühl wiederzugeben, außer an den ausgekugelten Armen.
    Er besah sich die feuchten Haarsträhnen, die Petes Stirn äderten. Der Geruch von verbranntem Fleisch umhüllte ihn.
    Pete versuchte einzuatmen. Musste würgen. Seine Mundwinkel sahen aus wie eingefettet. »Was zum Henker machst du da, Chinamann?«, sagte Whalen hinter ihm verwaschen.
    »Ich denke darüber nach, ob der Mann hier, der sich Pete nennt, eher hartnäckig oder diszipliniert ist.«
    Pete spitzte die Lippen. Versuchte, Fus Umrisse scharf zu stellen. Innerlich rang er mit sich selbst. Das hier hätte nicht passieren dürfen. Warum hatte er es zugelassen? So durfte es nicht enden. Gefesselt und von zwei Typen verprügelt, die genauso durchgeknallt waren wie er. Niemals! Er fragte sich, was das Schlitzauge vorhatte, ob er ihn freilassen würde oder nicht. Ausgelaugt, wie er war, sammelte er so viel Speichel, wie er konnte, und spuckte Fu an.
    Sabberflecken waren über Fus Gesicht versprenkelt. Er wischte sie mit dem Unterarm weg. Ihm war eine Idee gekommen, und er sah hinauf zu den Dachsparren. Bemerkte ein Stahlseil mit Haken, das über ihm hing. Es war mit einem Greifzug verbunden,der an einen Querbalken geschraubt war. Fu wandte sich von Pete ab und begann, die Garage zu durchsuchen. Fand einen großen militärgrünen Sack aus Segeltuch. Öffnete ihn. Räumte den Inhalt aus: verdreckte, modrige Wüstentarnhosen, Kampfstiefel, Trinkflaschen und militärische Notrationen. Er schnappte sich ein paar Stücke Blechverschnitt von der Werkbank. Kappte die Schnüre an Petes Schienbeinen und

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