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Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
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respektvoll nickte. Dann verschwanden er und Jarhead in dem Durcheinander schmatzender Lippen, Gerüche, Beulen und Schlürfgeräusche.
    »Hol Manny und seine Chicano-Bastarde«, wies McGill Goat an. »Bring Ned nach draußen. Dann geh zurück zu Walkup undScar und hab ein Auge auf das Geld.« Zu Angus sagte er: »Zeit für den Ring«.
    Angus’ in Stein gemeißelter Gesichtsausdruck blieb unverändert. Sie hatten ihn mit gegrilltem Hirschfleisch und angebrannten Folienkartoffeln gefüttert. Ihm zum Nachspülen Wasser und ein paar Biere gegeben. Er hatte auf einer Seite der Scheune auf dem Boden geschlafen, Ned auf der anderen. War vor Sonnenaufgang vom Zittern geweckt worden. Hatte seit Tagen keinen Krümel mehr gehabt. Brannte darauf. »Wenn ich meinen Stoff wiederhab«, hatte er zu McGill gesagt, »seh ich zu, dass ich Land gewinne, und zwar so viel wie möglich.« Das war ein klein wenig gelogen. Tun würde er es – aber erst nachdem es ihm gelungen war, vom Ring ins Hinterzimmer der Scheune zu gelangen. Denn so wie es aussah, war bisher niemand dämlich genug gewesen, McGill während des Brook in die Quere zu kommen. Alle wussten, dass es dem eigenen Todesurteil gleichkam, dabei erwischt zu werden.
    Nach allem, was er erlitten hatte, Meth gekocht und an die im narkotischen Sud schwimmenden Seelen verkauft hatte, war er nun hier gelandet. Dazu gezwungen, seine Fäuste in einem Provinz-Hahnenkampf gegen Menschen einzusetzen, die genauso verloren waren wie er selbst. Seine zweite Chance war nicht das Meth, sondern McGills Geld.
    McGill kicherte. »Wie lange ist es jetzt her? Zwei, drei Jahre? Meinst du, du hast es noch drauf?«
    »Etwas, das du nie verstehen wirst«, sagte Angus, ohne mit der Wimper zu zucken, »ist, dass ein echter Kämpfer seine Fähigkeiten niemals verliert. Seinen Instinkt. Bete einfach, dass du mir nie über den Weg läufst, wenn ich nicht diese Takelage an den Händen habe.«
    McGill kniff die Augen zusammen. »Ist das Gehässigkeit oder bloß Unhöflichkeit? Willst du mir drohen?«, fragte er.
    »Ich drohe nicht«, erwiderte Angus. »Ich gebe dir bloß dieChance, innezuhalten und die eigenen beschissenen Optionen abzuwägen.«
    *
    Das Maschendrahttor öffnete sich. Das Publikum johlte: »Blut! Blut! Blut!«
    Mit freiem Oberkörper und in einer verwaschenen Zimmermannshose betrat Angus den von Stacheldraht gesäumten Ring. Er war ein Meter neunzig groß. Rücken, Schultern, Brust und Bauchmuskeln waren sehnig. Ausdefiniertes, steinhartes Muskelfleisch überall. Sein Körper war wie mit Graffiti mit den Namen derer überzogen, die er vor irgendwelchen Kaschemmen und Holzarbeitercamps verdroschen hatte.
    Er ballte die tätowierten Fäuste. Ging ein paar Mal in die Knie, um sie beweglich zu machen, schickte ein paar schnelle Jabs, Haken, Ellbogenschläge und Kniestöße in die Luft. Hielt die Muskeln warm, während sein Blick Löcher in Ned brannte.
    Neds Gesicht auf der anderen Seite des Rings erinnerte stark an einen Scheffel Pfirsiche, die von einer Ladung Schrot zerfetzt worden waren und jetzt in der Sommersonne verwesten. Fliegen und Mücken folgten ihm, während er vor und zurück humpelte, die Wunden mit Lappen verbunden und einen Axtgriff als Beinschiene. Mit einer Hand stützte er sich am Zaun ab. Versuchte, die freie Hand zur Faust zu ballen. Presste. Die Bewegung verursachte einen schartigen Schmerz, der ihm bis in die Eier fuhr. Es fühlte sich an, als würden sie von einem Hammer auf einem Amboss aus Gussstahl zertrümmert. Aber das Meth in seinen Adern zersetzte den Schmerz.
    In jeder der vier Ecken des Käfigs befand sich eine ungefähr ein mal ein Meter große Tür aus Sperrholz. Hinter jeder kniete ein Mann, der einen Hund zurückhielt, dessen Gier nach Menschenfleisch ihm den Geifer vom pink-schwarzen Zahnfleisch laufenließ. Die Hunde waren ebenso scharf darauf wie die Zuschauer, dass der Kampf begann, sich nach drei Minuten ein Zeitfenster schloss und die erste Tür aufging.
    Vier Männer betraten den Ring und schleppten abgedeckte 40-Liter-Wannen hinein. Zwei von ihnen gingen auf Angus zu, die anderen beiden auf Ned. Sie entfernten die Deckel. Gossen den Inhalt über den Kämpfern aus. Achtzig Liter dampfendes Rinderblut. Hunde und Zuschauer wurden noch unruhiger.
    Die Regeln der Hunderunde hatte man Angus und Ned am Abend vorher erklärt. Die zwei Kämpfer hatten drei Minuten Zeit, um aufeinander einzuprügeln. Sollten danach beide noch stehen, würde ein Hund

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