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Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
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ihr letztes Nümmerchen geschoben.«
    McGill fingerte eine weitere Prise Meth aus dem Tütchen, hielt sie Ned hin und sah Angus an. »Es wird folgendermaßen laufen. Wenn du Rache und den Rucksack mit dem Crank willst, wirst du für mich kämpfen.«
    Angus neigte den Kopf zur Seite und erwiderte McGills Blick. »Fehlanzeige. Ich hab den Stoff gekocht, den du gerade an diesen Rohrkrepierer verplemperst.«
    Ned sniefte heftig, bäumte sich auf seinem Stuhl auf, sein Bein war eine einzige in Lappen gewickelte blutende Wunde. Aus rasiermesserdünnen, blaugeschlagenen Augen sah er Angus an. »Hätte ich die Hände frei, würde ich dich zu einer Portion Kartoffelbrei verarbeiten.«
    »Ich frage nicht«, sagte McGill zu Angus. »Das ist die Ansage. Komm morgen, wenn die Sonne am höchsten steht, dann werden du und Ned eine Hunderunde bestreiten. Wer noch steht, nachdem das Blut den Schotter getränkt hat, bleibt am Leben und kann den Rucksack behalten.«
    »Was zum Teufel ist eine Hunderunde?«
    Vollkommen high, fing Ned an zu stottern und zu zucken. Riss die Lider weit nach oben, legte riesige blutunterlaufene Augäpfel frei. Sein Zahnfleisch blutete karmesinrot, als McGill ihm eine Hand auf die kaputten Lippen legte. »Sagen wir einfach,selbst, wenn du dich weigerst zu kämpfen, wird es nach drei Minuten ziemlich hässlich«, sagte er zu Angus.
    *
    Fünf einzelne Glühbirnen hingen im Raum verteilt von hohen Dachsparren. Pete presste die Lippen schief zusammen. Biss die Zähne aufeinander, bis die Kiefer blockierten. Die Arme hingen schlaff an ihm herab. Bauch- und Beinmuskeln zogen sich zusammen aus Angst davor, was Fu mit den Haken vorhatte. Aber Schmerzen spürte er kaum, wenn überhaupt. Lediglich ein Stechen, dann wurde irgendein Teil seines Körpers gefühllos.
    Vor der offenen Tür erhellten Glühwürmchen die toten Schatten der Nacht. In der Ferne bellten Hunde, und Grillen stimmten zirpend in Petes Redneck-Kehrreim rassistischer Verunglimpfungen im Innern der Garage ein.
    Ein Haken steckte in seinem Fußballen, unterhalb des mittleren Zehs, ein anderer krümmte sich ins Fußgewölbe, der dritte in die Ferse. Blut von Petes Fuß punktierte den rissigen Boden der Garage und versickerte. Der letzte Haken hatte dafür gesorgt, dass ihm aus Augen und Mund, die aussahen wie mit Lötnähten überzogen, eine klare Flüssigkeit auf Brustkorb und Bauch hinunterlief. Er hatte keine Kontrolle darüber.
    Fu atmete gereizt aus und fragte Pete erneut: »Wie komme ich zum Donnybrook?«
    Pete zog knotige Gallertfäden zurück in die Nase, nicht in der Lage zu verstehen, was der Chinamann da mit ihm anstellte, wieso die Haken zwar feststeckten, aber nicht wirklich wehtaten, und er versuchte zu spucken, hustete aber stattdessen nur. »Daddy hat immer von den Schlitzaugen erzählt, die er in Nam umgebracht hat. Meinte, man hätte jedes Mal ein ganzes Magazin gebraucht, bis sich nichts mehr bewegte. Und mich hat er genauso hart gemacht, du tintenfischäugiges Stück Scheiße!«
    Fu lächelte, bewegte seinen Zeigefinger hin und her. »Das ist äußerst amüsant, vor allem weil ich Chinese bin, kein Vietnamese. Aber abgesehen von deiner Unwissenheit – wir warten’s mal ab.« Er klaubte einen weiteren goldfarbenen Haken aus der Brusttasche, hob Petes linke Hand, die in ihrer Unbeweglichkeit schwer wog. Drückte die scharfe Spitze in die Nahtstelle zwischen Daumen und Zeigefinger und traf exakt einen Meridian, der dafür sorgte, dass Petes linkes Auge sich nach unten verdrehte, sein Mund erschlaffte und ihm die Kinnlade herunterfiel. Er vermittelte den Eindruck, als schmelze seine linke Seite.
    »Teul machsu mi mi?«
    »Der Donnybrook. Du nickst, ich entferne den Haken. Dein Gesicht kommt wieder in Form, und du kannst sprechen. Sagst mir, wie man hinkommt.«
    Pete versuchte, Fu anzuspucken, konnte die dafür nötigen Muskeln aber nicht zusammenziehen oder sonstwie unter Kontrolle bringen, sabberte nur noch mehr sein Pfirsichkern-Kinn herab und brabbelte Verwünschungen, was klang wie ein Kind, das beim Sprechen mit Konsonanten und Vokalen haderte.
    Fu lief die Zeit weg, er hatte schon viel zu viel davon mit diesem Hinterwäldler-Gauner verplempert. Aber in vielerlei Hinsicht war er von der Tapferkeit dieses Raubeins beeindruckt, einzustecken, was Fu ihm angetan hatte, und nicht klein beizugeben.
    Von hinten kam das schleifende Geräusch sich vorwärtsschleppender Stiefel. Fu drehte sich um und sah Whalen im Türrahmen stehen. »Was

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