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Der Geschmack von Glück (German Edition)

Der Geschmack von Glück (German Edition)

Titel: Der Geschmack von Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer E. Smith
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in einem vollen Raum spürt, wenn einen jemand anschaut; dieses Kribbeln, der Schauder, der einem über den Rücken läuft.
    »Hallo?«, rief sie und ließ das Buch in den Schoß sinken. Ihre Stimme klang für sie selbst fremd, zittrig und dünn. Sie hörte die Person einen weiteren Schritt näher kommen, doch sosehr sie auch blinzelte, ihre Augen durchdrangen das Dunkel nicht genug, um etwas erkennen zu können. »Quinn?«
    Diesmal hörte sie ein Räuspern, und Ellie merkte, dass es ganz und gar nicht Quinn war. Sie stand von der Verandaschaukel auf und spürte, wie sich Angst in ihr breitmachte. In Henley war es so sicher wie in jeder anderen Kleinstadt auch – wenn nicht noch sicherer –, doch im Sommer änderte sich die Atmosphäre, so als ob die Ankunft der Fremden den Ort selbst zu einem anderen machte, und stünde auf dem Weg ein Freund oder Nachbar, hätte er längst geantwortet und lungerte nicht länger im Schatten herum.
    »’tschuldigung, ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte eine tiefe männliche Stimme, die über den Rasen klang, während die verschwommene Gestalt sich näherte. »Ich bin es nur.«
    Er trat ein paar Schritte vor und erschien stückweise, wie ein Mensch, der aus dem Wasser auftaucht: zuerst die Augen, dann der Mund, schließlich die übrigen Züge, die alle auf einmal scharf wurden und das vertraute Gesicht Graham Larkins ergaben.
    Er war bisher erst in zwei Filmen auf der Leinwand zu sehen gewesen – der mit Spannung erwartete letzte Teil der Top Hat -Serie kam erst später im Sommer in die Kinos –, und Ellie hatte keinen von beiden gesehen, doch sie kannte sein übliches Mienenspiel aus vielen Talkshows und Auftritten auf dem roten Teppich. Er hatte immer etwas Mürrisches, Ungeduldiges an sich; doch jetzt, auf der untersten Stufe ihrer Veranda, wirkte er vor allem verlegen, und das alles war so unerwartet, so vollkommen unwahrscheinlich, dass sie erst einmal lachen musste.
    Er sagte nichts, doch seine Mundwinkel wanderten nach unten, und er rieb sich mit der Hand im Nacken. Er trug ein blau-weiß kariertes Hemd, aus dessen Brusttasche eine Sonnenbrille baumelte, und wirkte eigenartig unsicher, so dass Ellie fast das Gefühl hatte, die Szene sei gestellt und sie sei in einen Film hineingeraten.
    »Entschuldige, ich bin –«
    »Ich weiß, wer du bist«, unterbrach sie ihn. »Wo ist Quinn?«
    Er starrte sie einen kurzen Moment verständnislos an. »Ach so«, sagte er dann. »Sie hat mir erzählt, wo du wohnst.«
    Ellie legte den Kopf schräg. »Wieso? Und wenn es nicht gut lief, wieso bist du dann hier und nicht sie?«
    »Ehrlich gesagt, gab es eine Verwechslung.« Er stieg auf die mittlere Stufe. Er roch nach Minze und noch etwas anderem, so etwas wie Seife. Es war ein wenig berauschend, ihm so nah zu sein. Er sah aus, als wartete er darauf, dass sie ihn fragte, wovon er eigentlich redete, aber sie schwieg und drückte den Rücken an die Fliegengittertür. Nach kurzer Pause räusperte er sich. »Sie hatte dein T-Shirt an.«
    Ellie runzelte die Stirn. »Was?«
    »Heute Nachmittag«, sagte er. »Im Eisladen.«
    »Okay …« Sie wusste nicht genau, worauf er hinauswollte.
    »Darum habe ich sie für dich gehalten.«
    »Warum?«, fragte sie. »Du kennst mich doch gar nicht.«
    »Darum habe ich sie ja auch für dich gehalten.«
    Ellie sah ihn streng an und ließ den Blick dann über das Dunkel hinter ihm schweifen. »Drehst du hier eine Versteckte-Kamera-Show oder so was? Ist das ein Witz?«
    Graham schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, wieso?«
    »Weil ich jetzt überhaupt nicht mehr durchblicke«, sagte sie. Hinter ihr war der Hund – ein kleiner Beagle mit Hängeohren – an die Tür gekommen, drückte seine schwarze Nase ans Gitter und wedelte mit dem Schwanz. Ellie ignorierte ihn und hatte die Augen fest auf Graham gerichtet; entweder war er ein richtig guter Schauspieler oder genauso durcheinander wie sie. »Hat Quinn das ausgeheckt?«
    »Nein«, sagte er, während der Hund zu jaulen anfing. »Ich schwöre.«
    »Und was willst du dann hier?«, fragte sie.
    Er wirkte leicht verdattert; Ellie nahm an, dass nur sehr selten Menschen so mit ihm sprachen. Aber es war ein langer Tag gewesen, sie war müde, und ein Filmstar auf der Veranda kam ihr weniger wie ein Lottogewinn vor als vielmehr wie ein nicht einzuordnendes Problem.
    »Du bist E. O’Neill«, sagte er. Das war keine Frage, sondern eine schlichte Tatsachenfeststellung, und Ellie betrachtete ihn

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