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Der Geschmack von Glück (German Edition)

Der Geschmack von Glück (German Edition)

Titel: Der Geschmack von Glück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer E. Smith
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Magengrube.
    Aber jetzt und hier fühlte er sich beim Gang zu ihrem Tisch einfach nur seltsam leer. Als sie sich umdrehte und ihre Blicke sich trafen, sah er keine Sterne, kein Feuerwerk, nichts. Nur sie beide, die einander anstarrten, beide etwas unbeholfen und nervös.
    »Danke, dass du gekommen bist«, brachte er heraus, als er sich hinsetzte. Er saß kaum, als ihm einfiel, dass er sie mit einem Wangenkuss hätte begrüßen sollen, doch jetzt hatte er den Moment verpasst. Er faltete seine Serviette auf und sah sie an, versuchte das Mädchen ihm gegenüber mit dem Mädchen in Einklang zu bringen, das ihm geschrieben hatte, wie sehr es Gedichte liebe.
    »Hattest du Probleme mit den Fotografen?«, fragte sie mit leicht zittriger Stimme. Er merkte, dass sie angespannt war, wusste aber nicht, was er dagegen tun sollte. Nachdem sein Gesicht auf den Titelblättern von Illustrierten aufgetaucht war, war er noch ein paar Mal mit Mädchen aus seiner alten Gegend ausgegangen; er hatte ihnen immer gesagt, sie brauchten nicht nervös zu sein, doch das hatte stets die gegenteilige Wirkung gezeigt, sie waren nur noch unruhiger, rotwangiger, gehemmter geworden. Er schaute zu, wie sie ein silbernes Armband ums Handgelenk drehte und nicht stillsitzen konnte.
    »So schlimm waren sie nicht«, antwortete er. »Kein Vergleich mit L.A.«
    »Das glaube ich«, sagte sie; Graham griff nach der Speisekarte und überlegte, wie er das Thema wechseln könnte. Er wusste nicht recht, wie er ihr sagen sollte, dass sie sich in den letzten Monaten gemailt hatten. Sollte er irgendeinen Hinweis fallenlassen? Sie nach ihrer Mutter fragen oder nach ihrem Hund, irgendein abgelegenes Thema ansprechen, über das sie gesprochen hatten, irgendwas Auffälligeres als Eissorten, vielleicht die Quebec-Urlaube ihrer Kindheit oder ihr Abschlussreferat über irische Lyrik?
    Seine Hände wurden schweißfeucht, während er hektisch die Möglichkeiten durchging. Er hatte sich vorgestellt, wenn sie sich erst mal gegenübersäßen, würde die Wahrheit einfach aus ihm herauspurzeln. Doch jetzt hielt ihn irgendwas zurück, und er ließ nur den Blick durchs Restaurant schweifen, wischte sich über die Stirn.
    »Was ist denn hier zu empfehlen?«, scherzte er. »Der Hummer?«
    »Ja klar.« Sie räusperte sich. »Das ist die Spezialität des Hauses.«
    Er schaute auf und zwang sich zu einem Lächeln. »Das sollte ein Witz sein«, sagte er, und sie wurde dunkelrot. »Ich glaube, ich nehme Surf ’n’ Turf.«
    »Warst du schon mal in Maine?«, fragte sie. »Oder bist du das erste Mal hier?«
    »Das erste Mal«, sagte er. »Bevor ich mit dem Filmen anfing, bin ich nie von der Westküste weggekommen.«
    »Wow«, sagte sie. »Ich war noch nie in Kalifornien.«
    »Hast du dein ganzes Leben hier verbracht?«, fragte er, obwohl er die Antwort schon wusste – dass sie in Washington geboren und als Kind hierhergezogen war.
    »Ja«, antwortete sie, und sein Kopf zuckte hoch. »Meine Eltern auch und auch schon meine Großeltern. Diese Stadt ist so eine Art Familientradition.«
    Graham stützte die Ellbogen auf den Tisch und runzelte die Stirn. »Echt?«, fragte er. »Dein ganzes Leben?«
    »Ja«, sagte sie und sah ihn misstrauisch an.
    Doch ehe er fortfahren konnte, kam der Kellner mit einem Krabbencocktail. »Gruß aus der Küche«, sagte er, stellte es zwischen sie auf den Tisch und blieb eine Spur zu lange daneben stehen.
    »Danke«, sagte Graham, worauf ihm der Kellner – ein schlaksiger blonder Junge mit leicht krummer Nase – zu seiner Überraschung einen drohenden Blick zuwarf.
    »Schon gut.« Er versuchte offensichtlich, hart zu klingen, doch seine Stimme schwankte unsicher. Er drehte sich zum Gehen um und murmelte deutlich hörbar. »Eigentlich ist er für Quinn.«
    Als er längst weg war, starrte Graham immer noch verwirrt über den Tisch, die Augen zusammengekniffen, als suchte er nach der richtigen Frage.
    »Tut mir leid«, sagte sie. »So ist das eben in der Kleinstadt. Jeder kennt jeden, und wenn man mit den Jungs zusammen aufwächst, dann wollen sie einen manchmal zu sehr beschützen …« Sie verstummte, als sie Grahams irritierten Blick bemerkte. »Was?«, fragte sie. »Was ist los?«
    »Bist du …?«, fing er an, schüttelte dann den Kopf. »Ich meine …«
    »Was?« Sie starrte ihn verwirrt an.
    »Quinn?«, brachte er heraus, und sie nickte.
    »Ja?«
    »Du heißt Quinn?«
    »Ähm, ja …« Und dann machte es klick bei ihr, und sie warf den Kopf zurück.

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