Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der gestohlene Traum

Der gestohlene Traum

Titel: Der gestohlene Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
Vom Netzwerk:
gibt es nicht, Pawel. Nur noch das Leben selbst.«
    »Und was weiter? Willst du damit sagen, dass hinter diesem Mann eine Organisation steht, die ihn nicht schonen wird, wenn er ihren Ruf in Gefahr bringt?«
    »Genau das will ich damit sagen. Oder er hat noch irgendwelche anderen Leichen im Keller, die ans Tageslicht kommen würden, wenn wir die Ermittlungen im Fall Jeremina fortsetzten. Deshalb wird er bis zum Letzten kämpfen. Er versucht, sein Leben zu retten. Heute arbeitet Larzew für ihn, morgen wird er sich einen anderen greifen. Er hat nur zwei Möglichkeiten: Bestechung oder Erpressung. Und wir leben alle nur von unserem Gehalt, und jeder von uns hat Menschen, die ihm wichtig sind. Anastasija haben sie sich bereits gegriffen. Ich kann kein Risiko mehr eingehen.«
    »Ich stimme dir zu«, sagte Sherechow. »Ich würde auch kein Risiko mehr eingehen. Ich würde etwas anderes machen. Hast du irgendwelche Ideen?«
    »Keine einzige«, seufzte Knüppelchen.
    Er sprang plötzlich auf und begann im Zimmer umherzulaufen, wieder ganz das alte impulsive Knüppelchen.
    »Ich kann nichts unternehmen, solange ich nicht weiß, in welcher Lage die Kamenskaja ist«, rief er erregt aus. »Mir sind die Hände gebunden, ich könnte etwas tun, das ihr schadet. Die Tatsache, dass sie mir durch die Ärztin nichts ausrichten ließ, kann nur eines bedeuten: Sie hat irgendwie erfahren, dass Larzew nicht der Einzige in diesem Spiel ist, aber man weiß nicht, wer die anderen sind, und deshalb ist niemandem zu trauen. Woher hat sie das erfahren? Was ist vorgefallen? Es gibt tausend Möglichkeiten und Varianten, die man sofort ausprobieren könnte, aber das geht nur dann, wenn man weiß, womit man es zu tun hat. Wenn man aufs Geratewohl handelt, kann man Gott weiß was anrichten.«
    »Reg dich nicht auf, Viktor«, sagte Sherechow ruhig. »Tu, was sie sagen.«
    »Wie bitte?«
    Gordejew blieb wie angewurzelt stehen und starrte seinen Stellvertreter ungläubig an.
    »Tu, was sie sagen, habe ich gesagt. Sie wollen, dass die Ermittlungen eingestellt werden und der Fall unaufgeklärt bleibt. Tu ihnen den Gefallen, unternimm einfach nichts mehr. Lehne dich zurück und beobachte vom Gipfel des Berges aus in aller Ruhe den Kampf der Raubtiere im Tal.«

DREIZEHNTES KAPITEL
    Ljoscha Tschistjakow legte die Karodame nachdenklich auf den Karobuben, dann streckte er die Hand aus und stellte das Radio lauter, das auf dem Küchentisch stand. Es kamen gerade Nachrichten. Nastja steckte ihren Kopf durch die Tür.
    »Mach das Radio bitte leiser«, sagte sie gereizt.
    »Ich möchte Nachrichten hören.«
    »Das geht auch leiser.«
    »Wenn es leiser ist, höre ich nichts, weil das Fleisch auf dem Herd brutzelt. Ich bereite gerade das Mittagessen zu, falls du es noch nicht bemerkt haben solltest.«
    Er legte die Patience »Napoleons Grab«, wobei er die Karten systematisch von einem Stapel auf den anderen beförderte.
    »Aber du weißt doch, wie lärmempfindlich ich bin. Ich kann nicht nachdenken, wenn nebenan das Radio läuft.«
    In ihrer Gereiztheit bemerkte Nastja nicht, wie sich der Gesichtsausdruck ihres Freundes veränderte, sie nahm gar nicht wahr, dass die Atmosphäre in der Wohnung sich stetig aufheizte und jetzt ein Punkt erreicht war, an dem ihre ständigen Forderungen und Launen nicht nur lächerlich und peinlich, sondern gefährlich wurden.
    »Ach so ist das, die Dame kann nicht nachdenken«, sagte Ljoscha höhnisch, während er die auf dem Tisch ausgelegten Karten einsammelte. »Das alles ist sehr praktisch für Sie, Majestät. Sie haben sich eine Kinderfrau vom Land kommen lassen, die gleichzeitig Köchin, Zimmermädchen, Wachhund und Krankenschwester für Sie ist. Natürlich gibt es dafür kein Geld, Sie bezahlen in Naturalien. Ich arbeite bei Ihnen für Kost und Logis. Man braucht tagelang nicht mit mir zu sprechen, man braucht mich gar nicht zu bemerken, da ich ja nur ein Dienstmädchen bin, man kann mich nach Lust und Laune herumkommandieren und sogar der Revolvermündung eines Verrückten aussetzen, der mitten in der Nacht in die Wohnung einbricht. Auf mich selbst kommt es überhaupt nicht an, weder auf meine eigene Arbeit noch auf meine Verpflichtungen gegenüber meinen Freunden und Kollegen, man kann mich einfach hier einsperren, ohne mir etwas zu erklären, und mir dann das Radiohören verbieten. Mein Aspirant muss in einer Woche seine Dissertation verteidigen, und anstatt etwas zu tun für mein Professorengehalt und ihm bei der

Weitere Kostenlose Bücher