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Der gestohlene Traum

Der gestohlene Traum

Titel: Der gestohlene Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Popow, der zwei durchaus gut versorgte Kinder und sogar drei schon fast erwachsene Enkel hatte, fristete den Rest seines Daseins in einem Altenheim. Man hörte, dass er keine allzu gute Ehe geführt hatte, seinerzeit hätte er sich fast scheiden lassen, um eine andere Frau zu heiraten, die einen Sohn von ihm geboren hatte. Seine Ehefrau griff aber zu der damals üblichen Methode, der abtrünnige Ehemann bekam die eiserne Hand der Partei zu spüren und wurde wieder dem häuslichen Herd zugeführt. Der Skandal wurde sorgsam vertuscht. Dennoch unterstützte der edle Popow, so gut er konnte, seinen unehelichen Sohn. Vor dem Armeedienst konnte er ihn zwar nicht retten, aber danach sicherte er ihm einen Studienplatz an einem angesehenen Institut.
    »Interessant«, sagte Nastja versonnen. »Ob er vielleicht sein eigenes Söhnchen retten wollte, als er damals die Strafakte fälschen ließ?«
    »Richtig gedacht«, bestätigte Gordejew. »Wenn deinen Smeljakow die Erinnerung nicht trügt, hießen die beiden Zeugen Gradow und Nikifortschuk. Leider ist der Gutachter Radisch Batyrjow längst gestorben, sodass wir das nicht mehr überprüfen können. Aber gehen wir von der Hypothese aus, dass einer der beiden Zeugen tatsächlich Popows unehelicher Sohn war. Und jetzt hör weiter zu, Kindchen, jetzt wird es noch interessanter.«
    Gordejew holte zwei Observationsberichte hervor. Bei dem einen Beobachtungsobjekt handelte es sich um den jungen Mann, der in Kartaschows Wohnung eingebrochen war, bei dem anderen um den Unbekannten, der sich in der Poliklinik nach Nastja erkundigt hatte.
    Nachdem Alexander Djakow, genannt Sascha, Kartaschows Wohnung verlassen hatte, machte er sich unverzüglich auf den Weg zu einer Schule, einer ganz gewöhnlichen Mittelschule, die ihre Turnhalle abends an den Waräger-Club vermietete. Was Sascha an diesem Ort gemacht hatte, konnte nicht ermittelt werden, aber nachdem er das Schulgebäude wieder verlassen hatte, trat, etwa eine Viertelstunde später, ein zweiter Mann heraus. Man konnte seine Identität nicht sofort feststellen, aber schließlich gelang es doch. Es handelte sich um Nikolaj Fistin, genannt Onkel Kolja, den Leiter des Waräger-Clubs. Er war zwei Mal vorbestraft, einmal wegen Rowdytums und einmal wegen Körperverletzung. Da das Schulgebäude bis zum nächsten Morgen von niemandem mehr verlassen wurde, konnte man mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass Sascha genau diesen Mann aufgesucht hatte.
    Mit dem Mann, der sich in der Poliklinik nach Nastja erkundigt hatte, war die Sache nicht ganz so einfach. Er schien sehr erfahren und vorsichtig zu sein, denn er hatte sich leicht und elegant der Beobachtung entzogen, ohne identifiziert worden zu sein. Das bedeutete, dass er sich immer so verhielt, unabhängig davon, ob er sich beobachtet fühlte oder nicht. Im Moment mussten Gordejew und Nastja sich mit der Beschreibung seines ungewöhnlichen Verhältnisses zu öffentlichen Telefonzellen begnügen.
    Im Laufe der Nacht hatte Viktor Alexejewitsch aus der Adressenzentrale eine Liste aller in Moskau gemeldeten Nikifortschuks und Gradows erhalten.
    »Nikifortschuks gibt es weniger, die nehme ich«, sagte der Oberst. »Ich bin ein alter Mann, ich darf mich nicht mehr überanstrengen. Du nimmst die Gradows, und wir beginnen auszusieben.«
    Er reichte Nastja einen Stapel Blätter mit Computerausdrucken.
    »Gehen wir davon aus, dass Popows Sohn nicht nach neunzehnhundertfünfzig geboren wurde, da er neunzehnhundertsiebzig bereits den Armeedienst abgeleistet hatte und studierte, und nicht vor neunzehnhundertfünfundvierzig, weil Popow erst nach dem Krieg nach Moskau kam, vorher lebte er in Smolensk. Die Geschichte mit dem unehelichen Sohn gehört in seine Moskauer Zeit, das habe ich recherchiert. Der Freund seines Sohnes muss etwa im gleichen Alter sein, plus/minus drei Jahre.«
    Nastja nahm die Blätter an sich und ging in ihr Büro. Sie überhäufte ihren Schreibtisch mit einem Berg Statistiken und Auswertungsmaterialien, öffnete die mittlere Schublade ihres Schreibtisches und verstaute die paar hundert Gradows darin. Sie wollte, wie sie es gewohnt war, die Tür abschließen, um in Ruhe arbeiten zu können, aber sie begriff, dass sie das heute nicht tun durfte. Sollten ruhig alle, die es wollten, ihr Büro betreten und sehen, dass sie an dem monatlichen Auswertungsbericht über die in der Stadt verübten Morde für Gordejew arbeitete.
    Ständig ging die Tür auf, nicht alle kamen, aber viele. Im Lauf

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