Der gestohlene Traum
ein anderer Kontaktmann, der ebenfalls in der Petrowka arbeitete, falsche Informationen über den Aufenthalt der Kamenskaja in der Poliklinik geliefert. Heute die völlig unerklärliche Geschichte mit dem Telefon. Drei Pleiten mit drei verschiedenen Leuten, und alle praktisch gleichzeitig. Einer von den dreien musste ein Verräter sein, daran bestand kein Zweifel. Nur wer?
Arsenn setzte sich umgehend mit Onkel Kolja in Verbindung. Er holte, wie immer, weit aus und kam dann unmerklich zum Punkt.
»Sicherst du dich ausreichend ab?«, fragte er.
»Ja.«
»Und kontrollierst du auch deine Leute?«
»Warum fragen Sie mich das?«, wollte Onkel Kolja mit aufsteigendem Unmut wissen. »Ich habe in zwei Jahren keinen einzigen Fehler gemacht.«
»Was nicht ist, kann noch werden«, erwiderte Arsenn giftig. »Du wirst schon seit zwei Tagen beschattet. Du und dieser Knabe, der den Zettel bei Kartaschow gesucht und nicht gefunden hat.«
»Sie meinen Sascha?«
»Du weißt besser als ich, wen du auf Kartaschow angesetzt hast. Wie konntest du so unvorsichtig sein, du Häuptling der Schafsköpfe . . . Wegen deiner Nachlässigkeit. . .«
»Ich verstehe nicht«, unterbrach ihn Onkel Kolja. »Wenn Sie gewusst haben, dass man uns beschattet, warum haben Sie es mir dann nicht gleich gesagt? Aber was wollen Sie überhaupt von mir? Soviel ich weiß, gibt es eine Abmachung darüber, wie die Aufgaben zwischen uns verteilt sind. Wir erfüllen Ihre Anweisungen, und Sie sorgen für unsere Sicherheit. Hören Sie gefälligst auf, mich anzuraunzen. Nach zwei Aufenthalten im Arbeitslager kann mich so etwas nicht beeindrucken.«
Im Innersten musste Arsenn zugeben, dass sein Gesprächspartner in gewisser Weise Recht hatte. Für die Sicherheit war Onkel Kolja tatsächlich nicht verantwortlich, das war Arsenns Sache. Aber Leichtsinn musste schließlich eine Grenze haben! Einer, der im Auftrag eines anderen Verbrechen beging, konnte sich nicht auf den guten Onkel verlassen, der ständig hinter ihm herlief und seine schmutzigen Spuren beseitigte.
»Es geht dich nichts an, was ich weiß und was ich zu tun habe«, sagte Arsenn trocken. »Du bist keinen Pfifferling wert, wenn du nicht bemerkt hast, dass man dieses Bürschlein abgeworben hat.«
»Wie kommen Sie denn auf so etwas?«, fragte Onkel Kolja mit ehrlichem Erstaunen.
»Weil er Kartaschow allzu leicht entkommen ist, mein Lieber. Er ist in eine fremde Wohnung eingebrochen, hat dem Bewohner das Blaue vom Himmel heruntergelogen und sich erfolgreich wieder aus dem Staub gemacht, ohne seinen Auftrag erfüllt zu haben. Und am nächsten Tag stellt sich heraus, dass Kartaschow plötzlich reges Interesse daran zeigt, was auf diesem Zettel gestanden haben mag. Macht dich das nicht stutzig?«
»Worauf spielen Sie eigentlich an?«
Onkel Kolja musste sich Mühe geben, seine Stimme nicht zu erheben.
»Darauf, dass dieser Bengel geredet hat. Entweder weißt du Bescheid und deckst ihn, betrügst mich und deinen Seelenfreund Sergej Alexandrowitsch, oder du bist ein kompletter Idiot und lässt dich von diesem Grünschnabel hinters Licht führen. Sowohl in dem einen als auch in dem anderen Fall musst du bestraft werden.«
»Interessant, was Sie da sagen. Und wie steht es mit dem Mann, der behauptet hat, dass Kartaschow weggefahren ist? Werden Sie den auch bestrafen? Oder möchten Sie mich allein zum Sündenbock machen?«
»Der andere geht dich nichts an. Du bist verantwortlich für dich und deinen Mitarbeiter. Von heute an werden wir beide uns nicht mehr treffen. Es wird nur noch telefonische Verbindung mit doppelter Kontrolle geben. Morgen werde ich versuchen herauszufinden, ob dein Telefon abgehört wird, bis dahin darfst du es nicht mehr benutzen.«
»Warum versuchen Sie, mich einzuschüchtern, Arsenn? Warum sollte mein Telefon abgehört werden?«
»Weil ich befürchte, dass diesem Burschen jemand folgt, seit er Kartaschows Wohnung verlassen hat, und damit bist auch du im Visier. Aber du spielst den Unschuldsengel und hältst es nicht einmal für nötig, dich zu vergewissern, ob du beschattet wirst oder nicht. Aber lassen wir das jetzt, du bist gewarnt, kommen wir zur Sache.«
Onkel Kolja hörte aufmerksam zu und stellte keine überflüssigen Fragen. Einerseits war Arsenn das sehr recht, er hasste es, Erklärungen abzugeben und Fragen zu beantworten, andererseits misstraute er Onkel Koljas Gefügigkeit. Er tat immer bereitwillig, was man ihm auftrug, ohne nach dem Sinn eines Befehls zu fragen. Und
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