Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest
gefährdetsten ist.
Am Fuß des Hillary Step setzte Adams seinen Abstieg entlang des Südostgrats fort und sah kurz vor dem Südgipfel jemanden im Schnee liegen. »Ich bin auf der Traverse, und da liegt Krakauer und hängt an einem Pickel in einer Art Selbstsicherung. Er hatte den Griff in den Schnee gerammt und hielt sich an der Haue fest. Ich fragte mich, was ich tun solle, da keiner von uns an einem Fixseil gesichert war. 27 Wie bei Sandy Pittman ein Stück weiter oben, war auch Krakauers Sauerstoffflasche leer.
Direkt hinter Adams kam Boukreev, der Adams mit den Worten antrieb: »Geh schon, geh, geh.« Boukreev wollte nicht, daß Adams stehen blieb. Klev Schoening, der wenig später kam, sagte: »Als ich vom (Hillary-) Step zum Südgipfel kam, steckte Jon Krakauer in der Klemme, und das hielt mich auf. Helfen konnte ich ihm nicht, dazu fehlte mir jede Voraussetzung. Aber ich wollte bleiben und warten, bis etwas unternommen wurde, weil sie (das Hall-Team) zwei Führer auf der Strecke hatten.«
Wie Sandy Pittman hatte auch Krakauer das Glück, daß ihm jemand aus seiner Expedition Hilfe leistete. Mike Groom, der ungefähr gleichzeitig mit den vier Mountain-Madness-Kletterern, die nach Adams, Beidleman und Klev Schoening gekommen waren, den Gipfel erreicht hatte, überließ seinen Sauerstoff selbstlos Krakauer. Dieser bemerkte, »es machte ihm (Groom) nicht allzuviel aus, den Abstieg ohne Sauerstoff fortzusetzen«, und nahm das Angebot an. Nach wenigen Minuten war Krakauer am Südgipfel, wo Halls und Fischers Sherpas einen Sauerstoffvorrat deponiert hatten. Dort »schnappte ich mir eine neue Flasche und setzte meinen Weg nach unten fort.«
Während Krakauer seine dritte Sauerstoffflasche in den Rucksack stopfte, hatten Beidleman und seine Schutzbefohlenen den Abstieg begonnen. Einer zeigte schon Anzeichen von Schwäche, erinnerte sich Beidleman. »Wir kamen zum Hillary Step, und ich war direkt hinter Sandy, die zu diesem Zeitpunkt am angeschlagensten wirkte. Hinter mir waren Charlotte, Tim und Lene. Am Hillary Step stießen wir auf ein Durcheinander von alten Seilen und zerschlissenen Stücken, und Sandy tat sich schwer, überhaupt herauszufinden, welches das richtige Seil war und wie sie die Schritte setzen sollte. Ich stieg zu ihr ab, und wir versuchten sie hinunterzubugsieren, aber die Seile waren vom Wind durcheinandergeraten, so daß wir sie entwirren mußten. Mit etwas Hilfe konnte sie dann allein abwärts steigen und landete auf dem letzten Gratstück. Als ich nach oben blickte, hatte ich den Eindruck, daß die anderen sehr gut vorankamen. Ich machte mir deshalb keine Sorgen um sie.« Als Beidleman, Fox, Madsen, Pittman und Gammelgaard sich dem Südgipfel näherten, trafen sie Klev Schoening dort »sitzend« an. Schoening, der weggeworfene Sauerstoffflaschen durchgecheckt hatte, um festzustellen, ob noch etwas drin war, weiß noch, daß Beidleman ihn angesehen und gesagt hatte: »Was zum Donnerwetter machst du da? Nichts wie weg.« »Das war der Zeitpunkt«, sagte Schoening, »als Neal erkannte, daß die Zeit drängte, und vielleicht auch, daß ein Unwetter aufzog, und plötzlich brannte auch mir der Hintern. Ich glaube, ich ging los, als Neal ankam.«
Die Sherpas hatten für Fischers Team zehn Sauerstoffflaschen zum Südgipfel gebracht. Für jeden der sechs Teilnehmer eine sowie je eine für Beidleman und Fischer, die sie sich beim Abstieg holen würden. Die übrigen zwei waren vermutlich die Reserve, die Boukreev verlangt hatte und die ihm von Fischer zugesichert worden war.
Wegen der allgemeinen Verspätung hatten sich bis auf Beidleman alle entschieden, ihre dritte Flasche schon beim Aufstieg anzufangen. Beidleman hatte seine dritte von Boukreev am Balkon bekommen, als dieser ihm jene überließ, die er vom Lager IV heraufgetragen hatte.
Als Beidleman und seine Gruppe am Südgipfel ankamen, hätten in ihrem Depot drei volle Flaschen 28 liegen müssen sowie zum Teil gefüllte, die die Kletterer weggeworfen oder hatten liegen lassen, als sie beim Aufstieg die Flaschen wechselten.
Aber Beidleman erinnerte sich: »Es waren nicht viele da. Eine volle oder fast volle und ein paar andere, die nur zum Teil gefüllt waren. Die volle Flasche ging an Lene, glaube ich.«
Beidleman nahm eine der teilweise gefüllten Flaschen, doch ist unklar, ob noch weitere genommen wurden. Zumindest haben zwei, nämlich Charlotte Fox und Martin Adams, erklärt, daß sie keinen zusätzlichen Sauerstoff
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