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Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest

Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest

Titel: Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anatoli Boukreev , G. Weston Dewalt
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Adams auffiel. »Er bat mich, ihm seine Sauerstoffflasche aufzudrehen, und das tat ich. Dann gingen wir weiter zum Gipfel. Als wir fast da waren, bat er mich wieder, das Ding noch weiter aufzudrehen, und so drehte ich es ganz auf.«
    Um dreizehn Uhr fünfundzwanzig erreichten Beidleman und Adams den Gipfel, nachdem sie Krakauer und Harris, die bereits abstiegen, passiert hatten. Krakauer, dem sein Sauerstoffvorrat Sorgen machte, hatte sich zu einem raschen Abstieg entschlossen. Anders als Beidleman war er erst bei seiner zweiten Flasche angelangt und wollte seinen Vorrat und sein Glück nicht über Gebühr beanspruchen.
    Um dreizehn Uhr fünfundvierzig überwand Klev Schoening die letzte Steigung vor dem Gipfel, und Boukreev machte ein Foto. Die Hände in Siegerpose erhoben, näherte er sich dem Dreifuß aus Aluminium, der den eigentlichen Gipfel markiert, und brach in Tränen aus.
    Nach Schoenings Gipfelsieg trat Stillstand ein. Um vierzehn Uhr tauchten keine Köpfe mehr über dem letzten Grat zum Gipfelanstieg auf, und Boukreev wurde zunehmend besorgt.
     
    Alle aus unserem Team, die ich auf dem Gipfel sah, machten einen guten Eindruck und schienen in keiner Weise gefährdet. Ihretwegen machte ich mir also keine Sorgen, aber allmählich drängte sich mir die Frage auf: »Wo sind die anderen?« Seit Klevs Ankunft war über eine Viertelstunde vergangen, und es sah aus, als würde niemand mehr kommen.
    Aber sie kamen, und unten in Lager II, wo sich verschiedene andere Expeditionen auf ihren Gipfelvorstoß in den nächsten Tagen vorbereiteten, wuchs die Sorge. Ed Viesturs von der IMAX/IWERKS-Expedition und einige andere, die die Kletterer durch ein Teleobjektiv verfolgten und die Aufstiegsroute vom Südgipfel zum Hillary Step im Blick hatten, sahen, daß noch um vierzehn Uhr Leute aufstiegen. »Wir sahen, wie sie dastanden und sich nur ganz langsam weiterbewegten. Und wir sahen auch die Wolkenstreifen über dem Gipfel, und ich sagte noch: ›O Gott, es ist viel zu spät, die lassen es wirklich drauf ankommen. ‹ Nicht nur die Zeit wurde knapp, sondern auch der Sauerstoff – der Vorrat reichte nur für achtzehn Stunden. Wenn man davon ausgeht, daß man zwölf Stunden zum Gipfel braucht, bleiben einem sechs Stunden für den Abstieg. Ich dachte mir: ›Denen wird der Sauerstoff ausgehen, nicht nur das Tageslicht, sondern auch der Sauerstoff. ‹«
    In Lager II beobachteten auch Henry Todd von Himalayan Guides, einige seiner Mitarbeiter, Mal Duff und ein paar andere, insgesamt über zwanzig Personen, die Kletterer oberhalb des Südgipfels. Und noch während sie deren Aufstieg verfolgten und wie Ed Viesturs die Verspätung diskutierten, gerieten die Sherpas in helle Aufregung »und spielten verrückt wegen des Sterns«, wie Todd sagte. Er selbst sah zuerst gar nicht, wovon die Rede war. Dann zeigte man ihm den Stern, mitten am hellichten Tag über dem Südgipfel. »Keine Rede davon, daß ich gesponnen hätte. Ich habe ihn gesehen.« 25
    »Das ist nicht gut, das ist nicht gut«, riefen die Sherpas immer wieder, und Todd mußte ihnen rechtgeben. Er schnappte sich ein Funkgerät und nahm Kontakt mit Rob Halls Basislager auf. »Wann ist eure Umkehrzeit?« fragte er. »Vierzehn Uhr«, lautete die Antwort.
    Todd, der über einige Expeditionserfahrung verfügte, konnte sich vorstellen, welche Stimmung dort oben herrschte. »Man ist absolut bescheuert. Man kann nicht mehr logisch denken. Man glaubt, daß man es schafft.«
     
    Adams war wie Krakauer klar, daß er an geborgter Luft hing, und blieb deshalb nicht lange auf dem Gipfel. »Wenn ich mich recht erinnere, saß ich zehn, fünfzehn Minuten da, schoß mit Tolis Kamera ein paar Fotos, und Neal fotografierte uns beide mit der kasachischen Flagge zwischen uns. Dann sagte ich: ›He, Jungs, ich mache mich auf den Weg.‹ Dann stand ich auf und ging los.« Kurz nach Adams folgten auch Boukreev und dann Schoening.
     
    Ich blieb etwa eine Stunde auf dem Gipfel. Weder Neal noch ich hatten ein Funkgerät dabei, so daß wir keine Ahnung hatten, was weiter unten los war. Ich vermutete, daß es am Hillary Step Probleme gab, und wollte hinunter. Um vierzehn Uhr, vielleicht auch ein wenig später, verließ ich den Gipfel und hob als Andenken ein paar Steinbrocken auf. Dabei fiel mein Blick auf eine indische Fünf-Rupien-Münze. »Ein Glücksbringer«, dachte ich, und steckte sie in die Tasche.

16. Kapitel Entscheidung und Abstieg
     
    Während Adams sich beim Abstieg dem oberen Ende des

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