Der Gipfel
Trainingsstab mit großer Erfahrung bei Rettungseinsätzen in extremer Höhe, und ich benötigte medizinische Versorgung. Ich mußte mich auf Mitarbeiter verlassen können, die meine Ansichten teilten und in kritischen Situationen meine Anweisungen respektierten. Sie sollten mir mit ihrer Sachkenntnis zur Seite stehen und für meine etwas schwierige Persönlichkeit einen Ausgleich schaffen. Ich suchte Männer mit dem nötigen Erfahrungspotential, die auf dem Berg mit oder ohne Sauerstoff arbeiten konnten; Männer, auf deren Kraft und Flexibilität ich mich verlassen konnte.
Es gelang mir, zwei anerkannte russische Alpinisten für das Unternehmen zu gewinnen: Vladimir Bashkirov und Dr. Evgeni Vinogradski. Der fünfundvierzigjährige Bashkirov verfügte über fünfzehn Jahre Organisationserfahrung bei Expeditionen in entlegenen Gebieten, kannte die großen Routen im Pamir und Kaukasus, und seine sechs erfolgreichen Achttausendertouren, zwei davon auf den Eve rest, würden uns von großem Nutzen sein. Anders als ich ist er diskret und diplomatisch und beherrscht die englische Sprache perfekt. Sein persönliches Kommunikationstalent und ein gutes Urteilsvermögen würden mir während der Expedition eine Stütze sein. In Rußland als Abenteuer-Kameramann und Filmemacher bekannt, würde er die Expedition für die Indonesier auf Film festhal ten. Der fünfzigjährige Dr. Evgeni Vinogradski, siebenfacher Kletterchampion in der Sowjetunion mit über fünfundzwanzigjähriger Erfahrung als Ausbilder im Höhenbergsteigen und Sportarzt, vervollständigte den Beraterstab. Evgeni und ich hatten 1989 gemeinsam eine Querung des Kanchenjunga unternommen, und ich zähle ihn zu meinen persönlichen Freunden. Seine langjährige Erfahrung als Lehrer und Sportarzt, nicht zuletzt aber sein gutmütiger Humor und seine unerschütterliche Ruhe, auf die auch in Krisensituationen Verlaß ist, machten ihn für uns unentbehrlich. Für mich ist er der »Alte Adler«, der über zwanzig Siebentausender und acht Achttausender auf seinem Erfolgskonto verbuchen kann. Von seinen zwei Everest-Besteigungen hat er eine als Bergführer unternommen.
Ang Tshering von Asian Trekking in Kathmandu sorgte für die Logistik, unter anderem auch für die Anwerbung der Sherpas. Wir konnten uns glücklich schätzen, den siebenunddreißigjährigen Apa von Thami, einen siebenfachen Everest-Bezwinger, als Sirdar und ersten Kletter-Sherpa für uns zu gewinnen. Die Sherpas würden Ang Tshering und dem indonesischen Stab unterstehen. Sie waren für die üblichen Tätigkeiten im Basislager zuständig und sollten auf der Route oberhalb des Eisbruchs die Fixseile anbringen, die Höhenlager errichten und versorgen und am Gipfeltag die Sauerstoffflaschen für die Teammitglieder transportieren. Diese Arbeitsteilung würde den Beraterstab theoretisch völlig entlasten, so daß wir uns ganz dem Kletterteam widmen konnten und den Kopf für eventuell auftauchende Probleme auf der Route frei hatten.
Am 6. Dezember flog ich von Djakarta in die Vereinigten Staaten zu einem Termin mit Ärzten, die den Schaden an Gesicht und Auge abschätzen sollten, den ich bei einem Busunfall im Oktober davonge tragen hatte. 41
Bashkirov und Vinogradski überwachten das Training am Paldor Peak, Ganesh Himal, das am 15. Dezember begann. Vierunddreißig Bergsteiger, die Hälfte von ihnen ohne hochalpine Erfahrung, versuchten sich am Paldor (5900 Meter). Siebzehn erreichten den Gipfel. Sie hielten einundzwanzig Tage allmählicher Akklimatisation unter winterlichen Bedingungen durch.
Am 10. Januar trafen Ang Tshering, Bashkirov, Vinogradski und ich uns in Kathmandu, um die Pläne zu koordinieren und mit der Auswahl des Teams zu beginnen. Laut Bashkirovs und Vinogradskis nicht allzu optimistischer Schätzung hatten sich im günstigsten Fall die siebzehn Paldor-Bezwinger für das Gipfelteam qualifiziert.
Die Frage der Ausrüstung drängte. Keiner der Teilnehmer war ausreichend ausgestattet, und alles mußte nun möglichst rasch beschafft werden. Monty Sorongan und Captain Rochadi, der Mili tärattachè, sollten in Salt Lake City, Utah, auf einer Sportartikelmesse Lieferanten kontaktieren und unsere Bestellungen weiterleiten. Amerikanische Firmen wie Sierra Designs und Mountain Hardware zeigten sich sehr hilfsbereit, so daß alles rechtzeitig bereit war. Simone Moro aus Italien half uns beim Kauf der Stiefel. Bei dieser Expedition wollte ich nicht nur den Verlust von Menschenleben unbedingt vermeiden,
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