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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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arme Bill Hawkens war jedenfalls unterwegs abgefaßt und »ausgelöscht« worden.
    »Heigh-ho, das kommt zu schnell!« rief der überraschte Trapper und riß das Punk-Feuerzeug vom Brette. Im Nu glimmte die Lunte am Boden. Dann stieß er die hintere Thür auf »Schnell, Sir, helft mir die Waffen retten!« Während draußen auf der Blöße die Jäger hinter wirr durcheinander liegenden Stämmen Deckung suchten und den Feind mit wohlgezielten Salven im Zaume hielten, griffen wir in höchster Eile die Waffen von den Wänden herab und trugen sie hinaus in den Wald unter ein dort angebrachtes Roof (Schutzdach).
    Die eingetretene kurze Dämmerung ging schnell in den dunklen Abend über. Das Feuer, welches erst nach Gewohnheit der Weißen von großen Scheiten genährt und darum »weißes« Feuer genannt, hochauf gelodert hatte, war jetzt niedergesunken, weil man es nach Art der Rothhäute geschürt hatte, welche die Aeste stets nach und nach in den Brand schieben, um sich durch Rauch und Flamme nicht zu verrathen. Die Wilden konnten daher die versteckten Weißen nicht erkennen, und empfingen deren Kugeln, ohne selbst einen sichern Schuß zu haben. Da klang die tiefe Stimme ihres Häuptlings über die Lichtung, und auf seinen Befehl rissen sie die Tomahawks heraus und stürzten sich auf die Stämme, hinter denen die Trapper lagen.
    »Away, Boys, herbei zu mir!« rief da Josias Shatter. Die Jäger sprangen auf und eilten herbei, auf den Fersen gefolgt von den Indianern, welche hinter ihnen in das Blockhaus drangen.
    »Fort, fort, hinaus in den Wald!« gebot Josias, indem er mit mächtigen Beilhieben die Rothen abhielt, den Seinen zu folgen.
    Ich sah jetzt zum ersten Male, weshalb er »Shatter,« der Zertrümmerer, genannt wurde. Er schlug nicht mit der Schneide, sondern mit dem Kopfe seiner fürchterlichen Waffe, und jeder Hieb zerschmetterte den Schädel des Getroffenen unfehlbar in knirschende Stücke. Die Weißen eilten alle an ihm vorüber und durch die hintere Thür; sein Sohn folgte und ich diesem; dann sprang auch er hinaus, schlug die Thür zu und schob zwei mächtige Riegel vor. Nachdem er einige Sekunden lang durch ein Loch in den Raum, welchen die Wilden mit betäubendem Wuthgeschrei erfüllten, zurückgeblickt hatte, zog er die Schnur und der vordere Eingang war geschlossen.
    »Die Hütte ist voll; vorwärts, Boys, um das Hide-spot herum und in den Bach!«
    Er stürmte voran und wir folgten. Wer seine Waffe abgeschossen hatte, nahm aus dem geborgenen Vorrathe eine oder mehrere frisch geladene auf. Ein schmaler Pfad war von Außen um den Saum der Lichtung ausgehauen. Seine Mündung wurde am Bache durch einige Büsche verdeckt. Wir drangen hindurch, stiegen in das Wasser und standen einige Augenblicke später an dem unbewachten Eingange zum
storm-gap.
    Da ertönte eine Detonation, welche die Erde unter uns erzittern machte; eine riesige Feuersäule stieg trichterförmig da auf, wo die Blockhütte gestanden hatte, und riß die Trümmer derselben mit sich in die Höhe. Sämmtliche Indianer hatten sich dort gesammelt, um ihre eingeschlossenen Gefährten zu befreien; die Explosion erfaßte auch die Meisten von ihnen, und kaum waren die Trümmer ringsum wieder auf der Erde aufgeschlagen, so rief Josias:
    »Drauf auf die Uebrigen! Gebt erst Feuer und greift dann zu Messer und Beil!«
    Die Salve wirkte furchtbar, und dann fielen die vor Schreck besinnungslosen Wilden fast widerstandslos unter den wuchtigen Streichen der Trapper.
    »Schürt das Feuer wieder hoch, Boys; wir müssen sehen!« befahl der Kolonel. Die langen grauen Haare wehten ihm mähnenartig um den Kopf; seine Augen sprühten vor Kampfeslust, und wen sein Beil erreichte, der war verloren. Der Sohn stand ihm zur Seite und zeigte sich seines Namens würdig; sein Tomahawk fand nicht weniger Opfer als der des Vaters.
    »Ho – ho – hi!« erklang da der aufmunternde Schlachtruf des feindlichen Anführers, den das Hinschlachten der Seinen ergrimmte. Er wollte sich auf Josias stürzen und mußte an mir vorüber. Ich faßte ihn an dem hoch aufgethürmten und mit Federn verzierten Haarschopfe, riß ihn zurück und holte zum Schlage aus.
    »Halt, Sir; es ist Scha-tunga, der gehört mir!« rief mir der Kolonel zu und umfaßte den Indianer mit beiden Armen. Es entstand ein fürchterliches Ringen. Die beiden Männer standen fest, als seien ihre Beine in die Erde gewurzelt; kein Hieb, kein Schlag fiel, kein Stich oder Stoß wurde geführt, aber ihre Muskeln arbeiteten

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