Der Gitano. Abenteuererzählungen
Baches durchbrach, saßen sie schon im Sattel. Wir waren zum Widerstande viel zu schwach, denn ich schätzte die Zahl der Feinde auf gegen hundert, und durften uns unmöglich auf der offenen Prairie sehen lassen. So schnell wie möglich ging es an dem vielfach ausgebuchteten Waldesrande dahin, indem wir bald quer über die offenen Stellen jagten und bald zwischen den Büschen, Sträuchern und Bäumen hindurch die schmalen Waldesspitzen durchschnitten. Die Pferde der »two Sams« erwiesen sich als vortrefflich, obgleich Swallow seine ganze Schnelligkeit nicht entwickeln durfte wenn ich ihnen nicht vorankommen wollte, und so ging der rasche Ritt eine ziemliche Weile lang, bis wir einen zweiten Wasserlauf erreichten, an welchem Sam Thick sein Thier parirte.
»Wollt Ihr noch zu den Euren, Sir?«
»Versteht sich, Master Sam! Ich habe nur wenig über zwei Meilen noch zu ihnen und darf sie nicht in Sorge über mich lassen. Ihr macht doch mit?«
»Nein. Wir sind hier auf dem Wege zu den ›both Shatters‹ und in einer Viertelstunde in Sicherheit. Reitet Ihr weiter, so bringt Ihr Euch und Eure Gesellschaft in Gefahr, schätze ich. Unsere Spuren verschwinden hier, die Eurigen aber bleiben und werden von den Indsmen entdeckt. Kommt mit! Es ist uns zwar verboten, Fremde nach dem Hide-spot zu bringen, Ihr aber habt eine Ausnahme verdient. Entscheidet rasch, Sir!«
»Rasch, Sir!« bat auch Sam der Dünne.
»So gehe ich mit Euch!«
Dieser Entschluß war etwas rasch gefaßt, doch ließ er sich entschuldigen. Sollte ich die prächtige Gelegenheit, die »both Shatters« kennen zu lernen, ungenützt vorübergehen lassen? Ich brachte wirklich die Meinen in Gefahr, wenn ich durch meine Spur die Wilden zu ihnen führte, und wenn, was mit Hilfe des Baches allerdings recht gut möglich war, unsere Spuren wirklich hier verschwanden, so ließ sich vom Hide-spot aus doch vielleicht ein Weg finden, auf welchem ich ohne Bedrohung ihrer Sicherheit zu ihnen gelangen konnte.
Wir lenkten unsere Pferde in das Wasser, um den Lauf desselben aufwärts zu verfolgen. Mich noch einmal umschauend, sah ich einige Zweige am Buschrande, durch den wir gekommen waren, sich bewegen und glaubte das dunkle Gesicht eines Wilden zwischen ihnen zu erblicken.
»Master Sam, schlagt einen andern Weg ein und verrathet Euern Hide-spot nicht, die Indsmen sind schon da!«
»Egad, Sir? Das ist nicht möglich, denn unser Vorsprung war zu groß. Folgt schnell, Ihr habt Euch getäuscht!«
Ich ritt hinter ihnen her, machte mich aber schußfertig und blickte fleißig zurück. Da sich jedoch nicht das geringste Verdächtige bemerken ließ, so beruhigte ich mich in dem Gedanken, daß mir nur meine aufgeregte Phantasie jenes Gesicht vorgemalt habe. –
II.
Das Bett des Baches war hart und felsig, so daß nicht der mindeste Eindruck eines Pferdehufes zurückblieb. Der Wald wurde dichter und immer dichter, trat vollständig bis an das Wasser heran und war so mit Unterholz bestanden, daß sich kein offenes Plätzchen finden ließ, an welchem wir hätten landen können. So ritten wir wohl eine Viertelstunde lang gegen den Wellenlauf, bis die ringsum herrschende Stille plötzlich unterbrochen wurde:
»
Who is there?
« rief uns eine Stimme an, ohne daß ich den Frager bemerken konnte.
»The two Sams, altes Coon!« antwortete Sam Thick, indem er mit dem Laufe seiner Büchse in das Buschwerk stach. »Mach’ auf, Jim Polter!«
Das, wie ich jetzt bemerkte, nur zum Maskiren des Einganges vorgesteckte Gesträuch verschwand von einer Stelle zur Rechten, und wir ließen unsere Pferde an das Ufer steigen.
»
Welcome,
Sam,
welcome!
Zurück aus dem Cannon, Alle oder nur Ihr? Was, ein Fremder!«
»Wirsts nachher hören, Jim, nachher; aber mach’ das Loch zu; es sind Yankatous unten in der ›Bucht;‹ wollen uns ihre Felle bringen, wie ich schätze!«
Sofort brachte der Mann die Büsche wieder in ihre vorige Lage zurück; wir aber ritten weiter. Vor uns lag eine jener kleinen Lichtungen, welche man mit dem Namen
storm-gap
zu bezeichnen pflegt, und die dadurch entstehen, daß eine vom Winde gefaßte Riesenbauminsel ihre weniger hohe Umgebung mit niederreißt und so mitten im Urwalde einen Platz bildet, der mit Hilfe von Axt und Feuer in eines jener
hiding-holes
oder
hide-spots
umgewandelt werden kann, welche von den Jägern so gern als perennirender Lagerort und Versteck vor den Nachspürungen der Indianer benutzt werden.
Inmitten des freien Platzes brannte ein »weißes« Feuer,
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