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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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mit einem verlegenen Seitenblick auf Estella. «Überall hört man das Gleiche. Alle wollen im Winter nach Aachen ziehen. Zur Einweihung der neuen Chorhalle soll eine kleine Winterkirmes stattfinden, und ganz sicher wird die Stadt von Pilgern nur so wimmeln.»
    Gizella nickte. «Aachen wäre auch für uns kein schlechter Ort zum Überwintern. Was meinst du, Winand?» Sie schaute ihren Gefährten fragend an.
    Winand hob die Schultern. «Meinetwegen gerne. Aber wir sollten nicht zu spät dorthin aufbrechen, sonst müssen wir wieder vor den Stadttoren nächtigen, weil uns die anderen Schausteller die besten Plätze schon weggeschnappt haben.»
    «Du hast recht», stimmte Gizella zu. «Aber vor dem Spätherbst wird trotzdem nichts daraus. Wir haben noch einige Jahrmärkte vor uns. Den Lukasmarkt in Mayen will ich auf keinen Fall verpassen.» Aufmerksam blickte sie in die Runde. «Was sagt ihr dazu?»
    Die anderen nickten zustimmend. Gizella nahm einen hölzernen Spatel und wendete die Eier in der Pfanne. «Also gut, dann wäre das abgemacht. Nach dem Lukasmarkt ziehen wir in Richtung Aachen.»
    Rasch verteilte sie die Eier auf die Holzschalen, dann wandte sie sich an Christophorus: «Kommst du mit uns?»
    Christophorus antwortete nicht sofort, sondern stocherte mit dem Messer in seinem Essen herum. Er dachte an Marysa Markwardt, die Schwester seines Freundes Aldo, die in Aachen lebte und vielleicht nicht eben erfreut sein würde, ihn wiederzusehen. Unwillkürlich wanderte seine linke Hand zu dem silbernen Kreuzanhänger, den er an einer Kette um den Hals trug. Schließlich hob er den Kopf und nickte. «Ja, Gizella, ich denke, ich werde euch nach Aachen begleiten.»

1. KAPITEL
    Aachen
    2. November Anno Domini 1413
    Marysa hielt der pausbäckigen Amme Geli die Tür auf und betrat nach ihr das Haus ihrer Mutter in der Kockerellstraße. Dem Knecht Tibor, der ihnen geöffnet hatte, drückte sie einen Korb voller rotwangiger Äpfel in die Hände. «Hier, bring die zu Orsolya in die Küche. Sie wird gewiss ihren guten Apfelwein daraus machen wollen», sagte sie mit einem Lächeln. «Wenn sie noch mehr Äpfel benötigt, soll sie es mir ausrichten lassen. Unsere beiden Bäume tragen dieses Jahr besonders reichlich.»
    Tibor strahlte sie an. «Danke, Frau Marysa, das ist sehr aufmerksam von Euch. Ich sollte …» Als aus den Wohnräumen eine zornige weibliche Stimme erklang, verstummte er augenblicklich und zog den Kopf zwischen die Schultern. «Verzeiht», murmelte er verlegen. «Frau Jolánda ist verärgert.»
    «Verärgert?» Marysa schmunzelte. Es hörte sich eher nach einem der berüchtigten Wutanfälle ihrer Mutter an. Sie wandte sich an die Amme. «Leg Éliás in seine Wiege. Nach dem langen Spaziergang dürfte er ruhig schlafen.» Dann ging sie ein paar Schritte auf die Tür zur Wohnstube zu, zögerte jedoch, sie zu öffnen, als ihr erneut ein Wortschwall entgegenkam.
    «Wirf ihn hinaus, hab ich gesagt. Hab ich das nicht gesagt? Dieser Barom hat doch nichts Besseres zu tun, als sich in unsere Angelegenheiten einzumischen. Warum hast du ihm nicht gesagt, dass er uns ein für alle Mal in Ruhe lassen soll?»
    Eine leise und beherrschte Stimme antwortete etwas, und Marysa lächelte amüsiert. Im nächsten Moment zeterte Jolánda weiter: «Sein Recht? Das darf doch wohl nicht wahr sein. Gazember! Átkozott! » , fluchte sie. «Ich will ihn hier nicht mehr sehen! Ich wünsche ihm die Rüh an den Leib!» Etwas klirrte, dann war wieder die ruhige Stimme zu vernehmen. Wenige Augenblicke später öffnete sich die Stubentür, und Bardolf Goldschläger, Marysas Stiefvater, trat in den kleinen Flur. Als er Marysa erblickte, lächelte er herzlich und zog die Tür zu, hinter der Jolánda noch immer Gift und Galle spuckte.
    «Marysa, meine Liebe, du bist schon wieder zurück? Wolltest du nicht mit Éliás spazieren gehen?»
    Marysa schaute ihn fröhlich an. «Das war ich auch, aber der Regen hat uns zurückgetrieben. Immerhin haben wir es bis zum Büchel geschafft. Ich habe Orsolya einen Korb mit unseren guten Äpfeln mitgebracht.»
    «Wunderbar!» Bardolfs Miene hellte sich noch weiter auf. «Dann gibt es bald ihren guten Apfelwein, will ich meinen.» Er seufzte. «Vielleicht beruhigt die Aussicht darauf deine Mutter ja ein bisschen.»
    Marysa legte ihm mit einem mitfühlenden Blick eine Hand auf den Arm. «Warst mit dem Schweinehund, der die Krätze verdient hat, eben du gemeint?»
    Bardolf wirkte einen Moment lang irritiert, doch

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