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Der Glaspavillon

Titel: Der Glaspavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Party gebaut hat.«
    »Und?«
    »Aber dort hat man Natalie gefunden. Kim. Unter dem Grill.«
    Ich beobachtete, wie Kims verständnisloser Gesichtsausdruck sich veränderte. Nachdenklich sah sie mich an:
    »Das ist unmöglich. Das würde bedeuten …«
    »Das würde bedeuten, daß die Backsteine, unter denen man Natalie gefunden hat, gemauert wurden, bevor sie starb.«
    »Aber …«

    Ich zählte die verschiedenen Argumente an meinen Fingern ab: »Also, erstens: Wir wissen, daß Natalie am Tag nach der Party starb. Jemand hat sie gesehen, ein vertrauenswürdiger Zeuge, der nicht in irgendwelche Familienstreitigkeiten verwickelt war. Zweitens: Wir wissen, daß Alan sie umgebracht hat – ich erinnere mich daran, und er hat es gestanden. Aber Alan traf erst auf Stead ein, als der Grill schon fertig war. Drittens: Natalies Leiche ist unter dem Grill vergraben worden.« Wütend und frustriert steigerte ich das Marschtempo, und Kim mußte fast rennen, um mit mir Schritt zu halten.
    »Wenn das stimmt, solltest du zur Polizei gehen, Jane.«
    Ich blieb wie angewurzelt stehen. »Was soll ich der Polizei denn sagen? Keiner würde diese neue Laune meiner Erinnerung akzeptieren. Und es ändert sowieso nichts daran, daß Alan Natalie getötet hat. Ich will bloß wissen, wie er das fertiggebracht hat.«
    Ich versetzte einer Brombeerranke, die mir im Weg lag, einen Tritt und kramte in meiner Jackentasche nach einer weiteren Zigarette.
    »Verdammt, Jane, kannst du nicht endlich damit aufhören«, meinte Kim. »Warum ist das so wichtig für dich? Denk doch mal darüber nach. Du weißt die Haupt-sache über Natalies Tod – du weißt, wer sie umgebracht hat. Jetzt willst du auch noch alle Einzelheiten raus-kriegen. Und wenn du das alles rausgefunden hast, dann wirst du durch die Gegend rennen und rauchen wie eine Blöde. Aber du wirst nie alles herausbekommen, Jane.
    Soll ich dir sagen, was ich denke?«
    »Na, mach schon. Du gibst ja sowieso nicht eher Ruhe.«
    Ich war durchnäßt und wütend. Ein Steinchen drückte gegen meinen Fußballen, mein Kopf juckte unter der Wollmütze, der Wollschal kratzte am Hals, meine Hände schwitzten in den Wollhandschuhen, und meine Nase war eiskalt. Warum konnte Kim nicht einfach nur zuhören, nicken und mir die Hand halten?
    »Ich glaube, das Ganze ist für dich zu einer fixen Idee geworden. Wenn du ein Rätsel gelöst hast, taucht garantiert gleich das nächste auf. Du suchst nach dem ultimativen Sinn dieser gräßlichen Tragödie. Du hast den Verstand verloren.«
    »O danke.«
    »Doch, du gehst mir wirklich langsam auf die Nerven.
    Kannst du nicht endlich Ruhe geben?«
    Ich kletterte über einen Zaun und faßte dabei mitten in eine schleimige, grüne Flechte.
    »Ich möchte ja gern. Und ich dachte auch, alles wäre überstanden. Ich wollte noch einmal hierherkommen, um die ganze Sache zu Ende zu bringen und – das hört sich sicher dumm an – um Natalie wiederzufinden. Sie war für mich eine Art Puzzle geworden, und die einzigen Charakterzüge, über die ich nachdachte, waren jene, die ihren Tod erklärten. Aber neulich hab ich sie plötzlich ganz deutlich vor mir gesehen; es war, als könnte ich die Hand ausstrecken und sie berühren. Ich habe sie wirklich geliebt, sie war meine beste Freundin. Deshalb mußte ich herkommen und Natalies wahrem Ich Lebewohl sagen, dort, wo sie zuletzt gewesen ist. Aber jetzt fühle ich mich so … ach, Mist, ich brauche einen neuen Ansatzpunkt. Ich hab das Gefühl, ich werde noch verrückt.«
    Kim sagte nichts. Wir gingen den Hügel hinunter zum Auto.
    »Du willst das restliche Wochenende hierbleiben, oder?«
    fragte Kim, als wir zum Gasthof zurückfuhren, »Ja, natürlich.« Aber dann sagte ich: »Weißt du, Kim, ich fürchte, ich kann nicht bleiben. Ich bin furchtbar unruhig.

    Tut mir wirklich leid, aber können wir nicht heute abend zurückfahren?«
    Kim machte ein grimmiges Gesicht.
    »Eine ziemlich lange Fahrt, um hier eine Nacht zu verbringen und einen Spaziergang im Regen zu machen, findest du nicht auch?«
    »Ich weiß, aber ich wäre bestimmt keine angenehme Gesellschaft.« Ich kurbelte das Fenster herunter und zündete mir eine Zigarette an. »Du weißt schon, unerledigte Dinge … Wie die Frau zu mir gesagt hat: ›Es ist noch nicht überstanden‹.«
    »Und wie heute schon die ganze Zeit habe ich nicht die geringste Ahnung, was du meinst. Na ja«, Kim streckte die Hand aus und berührte sanft meine Schulter, »laß uns nicht streiten.
    Ich wollte

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