Der globale Eingriff
eigentlich gar nicht mit Hesketh, sondern beschwerte sich vielmehr lautstark bei sich selbst.
„… Dreiundvierzig Krankenbesuche muß ich heute morgen machen“, sagte er in einer für einen so jungen Mann erstaunlich tiefen Stimme, „und ich kann noch nicht einmal diesen einen hier finden, ohne an ungefähr fünfzig Türen zu klopfen. Ihr Mann schrieb, daß es ‚wechtig’ sei. Sonst nichts, nur, daß es ‚wechtig’ sei, mit einem ‚e’geschrieben …“
„Entschuldigen Sie, Herr Doktor“, sagte Hesketh schüchtern, „aber ist es eine schwangere Dame?“
„… Auf der anderen Seite muß ich eigentlich doch nicht an fünfzig Türen klopfen“, brummte der Doktor weiter, „sondern nur an einige, die Mieter nach ihren Zimmernummern fragen, dann zurückzählen und … Ja, Alter, sie könnte gut schwanger sein. Ihr Mann hat es nicht hingeschrieben, aber wenn er noch nicht einmal wichtig richtig buchstabieren konnte, dann konnte er vielleicht schwanger überhaupt nicht buchstabieren. Warum fragen Sie?“
Hesketh erklärte, er mache jede Nacht vor der Stromsperre einen Spaziergang und die Wände seien so dünn, daß er praktisch alles mithören konnte, was in den Zimmern, an denen er vorbeiging, gesagt wurde. Er sagte, er fühle sich weniger einsam, wenn er anderer Leute Unterhaltung belauschen konnte, weil tagsüber niemand mit ihm rede oder ihn nahe genug zum Mithören heranlasse. Er hatte durch dieses Zuhören bei ihren Gesprächen und Streitereien einige der Mieter ziemlich gut kennengelernt, wenn er auch ihre Namen nicht wußte und ihre Gesichter nicht kannte.
Er hatte der schwangeren Dame und ihrem Mann in den letzten drei Wochen jeden Tag für ein paar Minuten zugehört – er konnte aus offensichtlichen Gründen nicht riskieren, länger als ein paar Minuten vor ihrer Tür stehenzubleiben. Der Mann war ein Arbeiter in einer Abfallverwertungseinheit, die sich in zu Fuß erreichbarer Entfernung vom Block befand, wenngleich seine Arbeit wichtig genug für die Zuweisung eines Fahrrads war, falls er eines haben wollte. Sie war seit zwei Monaten von ihrer Arbeit suspendiert, da sie das Baby erwartete, und die Einsamkeit während des Tages hatte ihr zuviel Zeit gegeben, um sich Sorgen zu machen. Hesketh hatte sie Dispute führen und sich unterhalten hören, sagte er, aber gestritten hatten sie sich nicht, da es nette junge Leute waren, die sich jetzt schon Gedanken über die hohe Zahl von Todesfällen in einigen der Schulen machten.
Als Hesketh seine Erklärungen beendet hatte, standen sie vor dem in Frage kommenden Zimmer.
„Mrs. Harvey, sind Sie Gelb Elf Fünfundfünfzig?“ rief der Arzt laut, indem er mit seinen mit Metallkappen versehenen Verteidigungsstiefeln gegen die Tür trat. Es war wahrscheinlich, daß der Insasse des Zimmers in einem durch Betäubungsmittel verursachten Schlaf liegen würde, und seine Hände waren ihm zu wichtig, um sie durch wuchtige Schläge gegen die Tür in Gefahr zu bringen. Er fügte hinzu: „Hier ist Doktor Menzies. Hat Ihr Ehemann mir eine Nachricht hinterlassen?“
Aus dem Zimmer kam ein Geräusch, das wie ein Mittelding zwischen einem Keuchen und einem Grunzen klang, dann ging die Tür auf. Aus der Reaktion des Doktors wurde sofort klar, daß Mrs. Harveys Fall wichtig war.
„Helfen Sie mir, sie aufs Bett zu heben“, sagte er schnell, „und dann versuchen Sie, eine Frau aus der Nachbarschaft herbeizuholen, wenn sie eine finden können.“
„Früher“, sagte Hesketh schüchtern, „wurde es den Ehemännern erlaubt, in dem Raum zu bleiben, in dem die Babys geboren wurden, und ich erinnere mich sehr gut daran, wie …“
„Dann waschen Sie Ihre Hände“, sagte der Doktor kurz angebunden. „Bis zu den Ellenbogen.“
Anders als beim erstenmal, als er Zeuge dieses Vorgangs gewesen war, durfte Hesketh dieses Mal ein wenig helfen. Er hielt Mrs. Harvey fest, während der Doktor ihr eine Spritze gab. Als sie in den späteren Phasen Angst bekam und nach ihrem Gatten rief, bekam Hesketh gesagt, daß er eine Ükass aus der Medizintasche bringen solle. In seiner Hast stellte er sie zu nahe ans Radio, und die Aufnahme begann mit der rauhen Erklärung Doc Menzies, dies sei die einzig mögliche Art, etwas zu ihrem Gatten zu sagen, und was sie denn zu sagen habe? Bei dem Vorschlag, auf eine Ükass zu sprechen, wurde sie völlig schweigsam und sagte bis wenige Minuten nach der Geburt überhaupt nichts mehr. Die Ükass hatte also außer ein paar Instruktionen des Doktors
Weitere Kostenlose Bücher