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Der globale Eingriff

Der globale Eingriff

Titel: Der globale Eingriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
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und Atomsprengköpfen nicht allzuviel Energie verbrauchen. Für Anlagen wie diese werden außerdem immer genug Treibstoff und Unterstützung zur Verfügung gestellt. Solche Anlagen wird es so lange geben, solange sich die Menschen gegenseitig nicht trauen.“
    „Nehmen wir doch mal RW5“, sagte der andere Mann, indem er seinen Gedankengang fortführte. „Das ist im Ural, da ist genauso eine Anlage wie diese hier. Die verdient es, zerstört zu werden, genauso, wie wir es verdienen. Aber das ist jetzt kein Zielpunkt mehr. Statt dessen werden ein Erdbebenherd oder dichtbevölkerte Gebiete von zweifelhaftem strategischem Wert angepeilt.“
    „Es ist ein einsames Leben“, fuhr sein Gesprächspartner fort. „Aber es ist weitaus bequemer als das der notleidenden und hart arbeitenden Bevölkerung draußen. Ich bin froh, daß sich meine Eltern damals entschlossen haben, hierzubleiben.“
    „Früher“, sagte der andere Offizier, „war das Ziel, den Gegner zu lähmen, so daß er keinen Gegenschlag mehr führen konnte, um dann Häfen und Fabriken zu bombardieren und… Das ist eine völlige Umkehr der Strategie. Ich kann keinen vernünftigen Grund dafür erkennen. Es sei denn, wir wollten Druck auf die andere Seite ausüben, indem wir mit einem Schlag gegen die Bevölkerung drohen. In diesem Fall würde es so viele Tote geben, daß die betreffenden Länder nachgeben und…“
    „Wem nachgeben?“ fragte der andere alte Mann. Das war das erstemal, daß er auf die Worte des anderen reagierte.
    „So viel ich weiß, werden keinerlei Forderungen gestellt. Und wenn man sich auf die Zivilbevölkerung einschießt und militärische Ziele außer acht läßt, dann ist das nichts als ganz gewöhnlicher Terrorismus auf weltweiter Ebene. Politische Aktivisten legen sich nie gegenseitig um, sondern immer unschuldige Unbeteiligte. Willst du andeuten, daß beide Seiten sich geeinigt haben, die Stützpunkte nicht zu beschießen?“
    „Ich weiß es nicht“, sagte der andere Mann.
    Für einen Moment schwieg sein Kollege, dann sagte er: „Um das Ding scharf zu machen, braucht man uns beide. Ursprünglich wurden wir wegen unserer stabilen, ausgeglichenen Charakterzüge und der Reinheit unserer ideologischen Beweggründe ausgewählt. Wirst du deine Hälfte entsichern, wenn das rote Licht angeht?“
    Bevor der andere Mann antworten konnte, wurden sie von dem Lautsprecher unterbrochen.
    „Abschußraum, hier ist Kontrolle. Ihre Ablösung ist unterwegs, meine Herren. Die Losung für heute ist: ,Lukas braucht Johannes’.“
    „Abschußraum, wir notieren“, sagte der erste alte Mann und fügte hinzu: „Vielleicht haben wir keinen Dienst, wenn es geschieht.“
     
     
    Der pulverartige Boden wurde vom Wind aufgewirbelt. Er setzte sich als dünner grauer Staubfilm auf den Zweigen der toten Bäume und auf den zerrissenen Kleidern und den unglaublich abgemagerten menschlichen Wracks ab, die das Gebiet der medizinischen Missionsstation pflasterten. Wenn der Staub sich auf den Augen absetzte, dann konnte man die Toten von den Lebenden unterscheiden. Die Toten blinzelten nicht. Der Staub wurde durch die Fenster geweht, die die Eingeborenen auf ihrer vergeblichen Suche nach Nahrung zerbrochen hatten, und dann auf die stillen, mit weißen Laken bedeckten Gestalten auf und neben den Betten. Er drang sogar durch bis in die Räume des Pflegepersonals. Dieses setzte sich nur noch aus einem kaukasischen Arzt und fünf Schwestern verschiedener Nationalität zusammen. Sie saßen oder standen dort in ihren weißen Uniformen, die ihnen viel zu groß geworden waren.
    „Es gibt nichts mehr, was wir hier tun könnten“, sagte der Doktor bestimmt. „Ein Hubschrauber wird herübergeschickt, um das Pflegepersonal zu evakuieren. Dann wird er nicht mehr herkommen.“
    „Aber er wird Nahrung bringen“, sagte eine asiatische Schwester. „Die können wir verteilen, bevor…“
    „Nein, Schwester“, sagte der Arzt. „Er wird landen, ohne die Maschinen abzustellen. Wir werden schnell einsteigen und abfliegen.“
    Die Schwester starrte durch das zerbrochene Fenster auf die bewegungslosen Menschen, bis aufs Skelett abgemagert, in Decken gehüllt, die auf dem Hof der Station lagen. Wütend sagte sie: „Warum sind die hierhergekommen? Wer hat ihnen erzählt, daß es hier in diesem Gebiet, sonst nirgends in diesem ausgehungerten und verseuchten Land, nur hier Nahrung gäbe? Warum hat ihnen niemand gesagt, daß die neuen Bewässerungsanlagen nicht funktionieren,

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