Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
Vom Netzwerk:
einen großen Lärm des Beifalls.
    „Was soll das? Die Esmeralda?“ sagte Gringoire, verzweifelnd die Hände faltend.
    „Oh mein Gott! Es scheint, jetzt ist die Reihe an den Fenstern.“ Er wandte sich zu der Marmortafel und sah, daß die Vorstellung unterbrochen war. Dies war gerade der Augenblick, wo Jupiter mit seinem Blitze erscheinen sollte. Nun aber stand Jupiter unbeweglich unten am Theater.
    „Michel Gibourne“, rief der gereizte Dichter, „steige hinauf! Was machst du da? Ist das deine Rolle?“ – „Ach“, sagte Jupiter, „ein Student hat die Leiter fortgenommen.“ Gringoire blickte hin; die Sache war nur zu wahr. Alle Verbindung zwischen dem Knoten und seiner Entwicklung war abgeschnitten. „Der Schuft“, murmelte er, „warum nahm er die Leiter?“ – „Um die Esmeralda zu sehen“, erwiderte Jupiter niedergeschlagen. „Er sagte: ‚Sieh da, eine Leiter, die zu nichts dient, und nahm sie fort.‘ “
    Das war der letzte Schlag. Gringoire empfing ihn mit Ergebung. „Mag euch der Teufel holen“, sagte er zu den Schauspielern, „seid ihr bezahlt, bin ich’s auch!“ Dann trat er gesenkten Hauptes seinen Rückzug an; allein, wie ein General, der tapfer gekämpft hat, war er der letzte. Und als er dann die gewundene Treppe des Palais hinabstieg, murmelt er vor sich hin: „Ein Pöbel von Eseln und Schweinen sind diese Pariser!“ Sie kommen, ein Mysterium zu hören, und hören nichts! Sie bekümmern sich um alles, um Clopin Trouillefou; aber nicht um die Jungfrau Maria. Hätte ich das gewußt, ich hätte euch Jungfrau’n Marien gegeben! Und ich komme, Gesichter zu sehen, und sehe nur Rücken! Es ist wahr, Homerus hat einst in den griechischen Weilern gebettelt, und Naso starb in der Verbannung bei Moskowitern. Aber der Teufel soll mich schinden, wenn ich verstehe, was sie mit ihrer Esmeralda wollen. Was heißt das Wort? Es ist zigeunerisch.”

7. Von der Szylla in die Charybdis
    Die Nacht pflegt im Januar früh zu beginnen. – Die Straßen waren schon dunkel, als Gringoire das Palais verließ. Dies Dunkel gefiel ihm; schon dauerte es ihm zu lange, eine kleine und einsame Gasse zu erreichen, um dort gemächlich nachzusinnen, damit der Philosoph den ersten Verband auf die Wunde des Dichters legte. Die Philosophie war außerdem sein einziger Zufluchtsort; denn er hatte keine Wohnung. Nach dem verunglückten Theaterstreich wagte er in seine Wohnung, in der Straße Grenier sur l’Eau, dem Tor au Foin gegenüber, nicht wieder heimzukehren; denn er hatte darauf gerechnet, daß der Herr Prévot ihm für sein Hochzeitsgedicht genug Geld geben würde, um die sechs Monate Miete, die er schuldig war, d. h. zwölf Sous, zu zahlen. Wie er sich eben anschickte, den Platz des Palais zu überschreiten, um das gewundene Labyrinth der Altstadt zu erreichen, sah er, wie die Prozession des Narrenpapstes ebenfalls das Palais verließ und mit großem Lärm, mit Fackeln und Musik quer über den Hof auf ihn zustürzte. Dieser Anblick reizte aufs neue die wunden Stellen seiner Eigenliebe: Er floh. Bei der Bitterkeit seines dramatischen Mißgeschicks erregte ihn jegliche Erinnerung an das Fest des Tages und brachte seine Wunde zum Bluten. Er wollte die Brücke Saint-Michel erreichen, dort liefen Kinder mit Feuerlanzen und Raketen hin und her.
    „Der Teufel hole das Feuerwerk“, sagte Gringoire und wandte sich zum Pont-au-Change. Man hatte an den Häusern des Brückenkopfes drei Lappen befestigt, die den König, den Dauphin und Margarete von Flandern darstellten. Das Ganze ward von Fackeln erleuchtet. Das Volk staunte.
    „Glücklicher Maler Jehan Fourbault“, sagte Gringoire mit schwerem Seufzer und wandte den Gemälden den Rücken, denn nun wollte er keck mitten in das Herz des Festes dringen und zum Grèveplatz gehen. Wenigstens, dachte er, finde ich dort wohl ein Freudenfeuer, mich daran zu wärmen, und kann dort zu Abend essen von einigen Krümchen der drei großen Wappen von Zucker, die man auf dem Büfett der Stadt errichtet hat.

8. Der Grèveplatz
    Der Grèveplatz bot damals einen unheilvollen Anblick. Ein Galgen und ein Schandpfahl, die immer stehen blieben, oder, wie man damals sagte, eine Gerechtigkeit und eine Leiter, waren in der Mitte des Pflasters aufgeschlagen und trugen nicht wenig dazu bei, daß die Vorübergehenden den Blick von jenem unheilvollen Platze abwandten, wo so viele Menschen, blühend von Gesundheit und Leben, mit dem Tode rangen; wo fünfzig Jahre später jenes Fieber des S.

Weitere Kostenlose Bücher