Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)
Zutritt hatten. Nun sind Möpse, wenn man Loriot glauben darf, keine Hunde im engeren Sinne, sondern Lebewesen höherer Ordnung. Ob das Hotel das aber auch so sah? Was tun?
Ich kam erst abends nach Hamburg, Bülows wollten sich nach der anstrengenden Autofahrt von Berlin ausruhen und den Mops niemandem sonst anvertrauen. Das Hotel andererseits wollte seine prominenten Stammgäste nicht vor den Kopf stoßen. Also nahm ein Angestellter des Hauses, während Frauchen und Herrchen durch die Lobby das Hotel betraten, Emil an die Leine und schmuggelte ihn mit Wissen der Direktion durch den rückwärtig gelegenen Wäschetrakt ins Haus, ohne dass ein anderer Gast sich durch die Anwesenheit des Mopses hätte gestört fühlen können. Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen wurde Emil auf der Etage in Loriots Zimmer geleitet. Als es abends zur Sendung ins Studio ging, musste Emil die clandestine Prozedur ein weiteres Mal über sich ergehen lassen, diesmal in umgekehrter Richtung.
Nach so vielen Jahren und so vielen Begegnungen mit Möpsen lag es nahe, sie auch im Film mit größeren Aufgaben zu betrauen. 2000 bekam ich die Anfrage, aus dem DDR-Kinderbuch-Klassiker »Detektiv Pinky« einen Kinofilm zu machen. In dem Film »Pinky und der Millionenmops« spielt der Mops eines Millionärs eine, ja die entscheidende Rolle. Der Mops wird vom Millionär zum Alleinerben seines Vermögens bestimmt und kurze Zeit später entführt. Ich zögerte keine Sekunde, nahm den Auftrag an und freute mich, endlich einmal einen Mops als Hauptdarsteller zu haben. Der trainierte Film-Mops hieß Oscar und machte seine Sache sehr gut.
Bei der Premiere des Films in Leipzig wurden das Team und die Hauptdarsteller auf die Bühne gebeten, darunter auch der von den Zuschauern frenetisch bejubelte Mops. Was keiner wusste, gestand mir anschließend die Hundetrainerin: Oscar war leider verhindert, er drehte gerade einen anderen Film und konnte nicht zur Premiere kommen. Deshalb hatte man kurzerhand entschieden, einen anderen Mops auf die Bühne zu bringen. Aufmerksame Zuschauer hätten es merken können, denn es handelte sich um eine Mops-Dame. Der Zufall wollte es, dass die junge Dame die leibliche Schwester von Loriots Emil war. Als ich Emil später davon erzählte, grunzte er zufrieden und bettelte weiter nach etwas Essbarem.
Der Verleih des Films plante, als Werbeaktion für »Pinky und der Millionenmops« eine Reihe von Mops-Karikaturenfür einen karitativen Zweck zu versteigern. Die Auktion kam leider nie zustande, aber Loriot hatte schon, mit preußischer Disziplin, eine außergewöhnlich schöne Mopszeichnung angefertigt, die nun an ihn zurückging. Nachdem sie mehrere Jahre wohlverwahrt in einer Schublade geschlummert hatte, schenkte Loriot mir die Zeichnung 2007 zum Abschluss der Arbeit an unserer ersten DVD-Box.
In Loriots Familie spielten aber nicht nur Hunde eine Rolle. Es gab in Ammerland früher sogar zwei Esel, und von seinen Eltern erzählte Vicco gern eine Geschichte um deren Kater »Herrn Schulze«. Ausgefallene Namen für Haustiere hatten offenbar bei Bülows Tradition.
Loriots Mutter hatte seinen Vater nach einer Dienstreise vom Bahnhof abgeholt und fuhr mit ihm in der vollbesetzten Straßenbahn nachhause. Da der Vater etwas schwerhörig war, hatte die Mutter die Angewohnheit, sehr laut mit ihm zu sprechen, so dass alle Fahrgäste den Dialog mithören konnten. Der Vater fragte die Mutter: »Sag mal, was hast’n du gestern Abend noch so gemacht?« – »Och, ich hab erst noch ein bisschen gelesen und dann bin ich mit Herrn Schulze ins Bett gegangen.«
Loriot 5
Im Frühjahr 1978 wurde die fünfte Bremer Sendung produziert. Diesmal lagen Planung und Dreh dicht beieinander. Während der Vorbereitungszeit fand in Ammerland noch die Hochzeit von Tochter Susanne statt.
Soweit es die Hochzeitsvorbereitungen zuließen, zogen wir uns in Loriots Arbeitszimmer zurück. In den Flugzeug-Sketchen spielten Loriot und Evelyn Hamann zwei Rilke-Verehrer, die während des missglückten Flugzeugessens versuchten, sich gegenseitig im Deklamieren betont lyrischer Zeilen des Dichters zu überbieten. Dafür mussten passende Zitate gefunden werden. Loriot griff zu einem Rilke-Band, und die Reise begann.
Auch wenn am Ende die Komik im Kontrast von Essensgepansche und Lyrikexzessen liegen sollte, so waren wir doch an diesem Ammerländer Nachmittag Rilke sehr nahe. Wir lasen die großen Klassiker wieder, den »Panther«, den »Herbsttag«, und waren tief
Weitere Kostenlose Bücher