Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)
Lage, auf einem festlich gedeckten Tisch herumzu laufen, ohne etwas umzustoßen. Auch vermag er ein halbes Pfund entwendeter Markenbutter auf einen Sitz zu verzehren, ohne Schaden an seiner Gesundheit zu nehmen.«
Der Mops und sein Mensch
Möpse haben immer Hunger. Selten habe ich mehr Erregung bei einem Lebewesen gesehen als bei einem Mops kurz vor der Fütterung. Bülows frühere Haushälterin fasste diese außergewöhnliche Eigenschaft der Möpse in dem bemerkenswerten bayerischen Satz zusammen: »Geh, Mime, du bist scho a rechter Hungerkünstler …«
Mime war einer der beiden Möpse der zweiten Generation. Nachdem Henry (1966–1981) und Gilbert (1967–1980) das Zeitliche gesegnet hatten, wurde nach angemessener Trauerzeit Ersatz angeschafft. Die Namenssuche für die zwei Mopswelpen gestaltete sich kompliziert. Englische Hundenamen waren nicht mehr zeitgemäß, und die Anschaffung der beiden Tiere fiel in die Wochen um die Bayreuther Festspiele. Schnell kamman überein, dass die Möpse nach Figuren aus Wagner-Opern getauft werden sollten. Bei einer abendfüllenden, von gut gekühltem Weißwein begleiteten Diskussion im sommerlichen Gartenpavillon wurden alle Wagner-Figuren durchgegangen. Als Favoriten der albernen Familienrunde kristallisierten sich zunächst »Pogner« und »Kothner« heraus, zwei Meister aus den »Meistersingern von Nürnberg«, der reiche Goldschmied und Vater der jugendlichen Heldin Eva sowie der Bäckermeister, der durch seinen Satz »Der Sänger sitzt« für den sichersten Lacher in jeder »Meistersinger«-Aufführung sorgt.
Die Namen erschienen uns passend für Hunde, die ihr Hinterteil so demonstrativ zur Schau stellen, wie Möpse dies gerne tun. Einzig die Tatsache, dass, wenn man einen der beiden rufen würde, immer beide erscheinen würden, ließ den Pogner-Kothner-Plan scheitern.
Schließlich wurden es zwei Protagonisten aus dem »Ring«. Die Entscheidung war auf »Wotan« und »Mime« gefallen, den Göttervater und den Nibelungen-Zwerg und Bruder von Wotans Gegenspieler Alberich. War es Wotans Wut darüber, dass ein so niederes Tier wie ein Mops seinen heiligen Namen tragen sollte – Mops Wotan bekam kurz nach seiner göttlich-germanischen Taufe ein so heftiges Augenleiden, dass er auf einem Auge zu erblinden drohte. Dazu muss man wissen, dass Wotan einäugig ist. Loriot verstand den Wink des Gottes. »Wotan« wurde flugs in »Wutz« umgetauft und gesundete postwendend. »Wutz« und »Mime« ist, wie allen Hunden im Hause Bülow, ein langes Leben beschieden gewesen.
Als meine Töchter klein waren, waren sie Hunden gegenüber sehr ängstlich. Um ihnen die Scheu vor den Tieren abzugewöhnen, erwiesen sich Wutz und Mime als die perfekten Lehrmeister. Möglicherweise hatten die Kinder das Gefühl, ein Hund mit einer so kurzen Schnauze könne nicht zubeißen, jedenfalls nahm die Begegnung mit den Bülow’schen Möpsen meinen Töchtern endgültig jegliche Angst vor Hunden.
Die dritte Mops-Generation spiegelt wieder, dass inzwischen einfache deutsche Vornamen in Mode gekommen waren. Die Möpse wurden »Paul« und »Emil« getauft. Paul ist inzwischen von uns gegangen, Emil erfreut sich zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Buches als älterer Herr einer stabilen Gesundheit.
Als Loriot’scher Mops genoss man gewisse Privilegien. Wenn Bülows von München nach Berlin flogen, wurde Emil, der sie regelmäßig in die Hauptstadt begleitete, nicht auf die Goldwaage gelegt. Auch wenn er das Höchstgewicht eines kabinentauglichen Schoßhundes manchmal leicht überschritt, durfte er doch in einer Tasche als Handgepäck mitgenommen werden. Emil ist meines Wissens auch der einzige Hund, dem es je erlaubt war, das Cockpit eines Flugzeugs zu betreten. Als Loriot und seine Frau bei einem ihrer Flüge vom Piloten nach vorn gebeten wurden, nahmen sie den Mops mit, ein auch für ihn vermutlich unvergessliches Erlebnis.
Am 26. Oktober 2007 gelang Emil dann der Sprung ins Fernsehen, obwohl die Frage »Sollen Hunde fernsehen?« schon im Mai 1967 in Loriots zweiter »Cartoon«-Sendung durchaus kritisch beantwortet wurde: »Es häufen sich die Fälle, in denen Hunde nach mehrstündigem abendlichen Fernsehen schlecht einschlafen, schwer träumen oder tagelang stottern.«
Es war einer der letzten Fernsehauftritte von Emils Herrchen in der Talkshow von Reinhold Beckmann. Den Nachmittag vor der Aufzeichnung verbrachten Bülows in einem Hamburger Luxushotel, zu dem Hunde unverständlicherweise keinen
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