Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)
wie Loriot angepasst bekam. Der schlüpfte im Gegenzug in ein Kleid, soweit ich weiß, die einzige Travestie meines Freundes.
Männer …
Loriot wohnte gerne in Hotels. Dennoch vermisste er nach einiger Zeit auch sein Zuhause in Ammerland. Die sich täglich wiederholenden Routinen und die Hotelzimmer, deren Einrichtungen sich auf jedem Stockwerk wiederholten, fand er in gewisser Weise trostlos, sie inspirierten ihn aber immerhin zu dem legendären Zeichentrickfilm »Herren im Bad«, der in drei Portionen auf die Sendung verteilt wurde. Für viele ist dies der Höhepunkt seines Trickfilmschaffens.
Als 2008 Gunnar Möller und Christiane Hammacher die »Herren im Bad« im Berliner Schillertheater live in ihrem Loriot-Programm zeigten, fragten wir uns, wie sie wohl mit dem Problem der Nacktheit von Herrn Dr. Klöbner und Herrn Müller-Lüdenscheidt umgehen würden. Sie hatten eine sehr überzeugende Lösung parat. Der Sketch wurde als Schattenspiel aufgeführt und funktionierte so auch auf der Bühne perfekt.
Einer meiner persönlichen Lieblingssätze aus allen Loriot-Sketchen stammt aus »Mutters Klavier«. Es ist die aufmunternde Mitteilung des Vaters an die schwitzenden Klaviertransporteure, die immer wieder mit dem schweren Instrument die Wohnung betreten sollen: »Entschuldigen Sie, dass wir Sie noch mal bemühen müssen, aber für Sie ist es doch auch mal was anderes, gell …« Die Schauspieler mussten während des Drehs freilich nicht wirklich schuften, das schöne alte Klavier war für die Aufnahmen ausgehöhlt und von seinem schweren gusseisernen Rahmen und den Saiten befreit worden.
und Frauen
In »Mutters Klavier« spielte auch ein junger Mann mit, der in den beiden letzten Bremer Sendungen häufiger zu sehen war – Rudolf Kowalski. Rudolf, damals ein unbekannter Schauspieler, war zusammen mit Evelyn am Bremer Theater engagiert und trat mit ihr im kleinen Haus in der Böttcherstraße in der ersten Inszenierung der später so berühmten Regisseurin Andrea Breth auf – »Die Kleinbürgerhochzeit« von Bertolt Brecht. Als wir auf der Suche nach einem jungen Darsteller für den Klavier-Sketch waren, schlug Evelyn uns vor, die Vorstellung zu besuchen.
Der komödiantische Einakter spielt an einer langen Tafel, an der eine Hochzeitsgesellschaft immer betrunkener wird. Eine der kleinsten Rollen im Stück ist der »junge Mann«, der bis aufeine peinliche kurze Rede nur gefühlte fünf Sätze zu sagen hat. Evelyn spielte die Mutter, den jungen Mann gab Rudolf Kowalski. Die Inszenierung war stark auf die Mitte der die ganze Bühne füllenden Tafel ausgerichtet, wo Evelyn thronte.
Ganz links, am Fuß der Tafel, saß Kowalski und spielte einen verklemmten, unsicheren Jüngling, wie er sich komischer kaum denken lässt. Seine Versuche, mit den anderen ins Gespräch zu kommen, sich bemerkbar zu machen, waren von so virtuoser Kläglichkeit, dass Loriot und ich das Stück bald gar nicht mehr wahrnahmen, sondern nur noch auf Rudolf schauten. Die schauspielerische Phantasie, mit der er die langen Pausen zwischen seinen wenigen Dialogsätzen füllte, war auffällig. Er fing an, mit einer kugelrunden geschälten Kartoffel zu spielen, die ihm scheinbar versehentlich vom Tisch fiel und die er vom Boden wieder aufhob, peinlich darauf achtend, dass ihn niemand bei seiner Ungeschicklichkeit beobachtete. Das Requisitenspiel war organisch und natürlich, dabei aber so komisch, dass der junge Kollege in »Loriot 5« gleich zwei Rollen bekam. Den Autobesitzer in »Parkgebühren« und den Sohn in »Mutters Klavier«, dem die unglückliche Aufgabe zukommt, die Videokamera zu bedienen, wenn seine Familie gelangweilt »Ein Klavier, ein Klavier!« skandiert. Was Rudolf mit der Kartoffel bei der »Kleinbürgerhochzeit« veranstaltet hatte, machte er bei uns mit der auf dem Stativ zu locker aufgeschraubten Kamera. Er gefiel Loriot so gut, dass er auch in der sechsten Bremer Sendung wieder mit von der Partie war.
☞ GEGENSCHUSS RUDOLF KOWALSKI ☜
»Das ist der Kabeljau!« – So beginnt das Stück. Und schon damals habe ich es gehasst, auf der Bühne zu essen; Bühnenmahlzeiten sind lauwarm, niemand weiß, wer in der Gasse schon barhändig daran genascht hat, es schmeckt abscheulich und stört beim Sprechen, und Fisch mochte ich schon gar nicht.
Also gab ich meiner Figur einen beflissenen Appetit, einen verkrampfenden Ehrgeiz, gute Manieren zu zeigen, und die Unfähigkeit, mit Messer und Gabel umzugehen: immer vor seinem ersten
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