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Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
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berührt von der Sprachkraft Rilkes. Ich glaube, an diesem Tag haben wir nicht einmal Musik gehört. Entschädigt wurden wir mit einem wunderbaren Frühlingstag im Lichte von Rilkes bewegenden Gedichten.
    Auf der Suche waren wir aber nach etwas anderem. Wir wollten ja nicht Rilke der Lächerlichkeit preisgeben, sondern die Lyrikbesessenen, die nicht einmal beim Essen im Flugzeug von ihrem Idol lassen können und versuchen, die Schweinereien auf ihrem Schoß dadurch zu ignorieren, dass sie sichunbeirrt in dichterische Höhen träumen. Zugegebenermaßen gibt es eben auch bei Rilke Stellen, die, aus dem Zusammenhang gerissen und mit zerplatzenden Saftbechern garniert, der unfreiwilligen Komik nicht entbehren. Auf diese Stellen hatten wir es abgesehen. Und wir fanden sie: »Einsam steigt er dahin, in die Berge des Urleids, und nicht einmal sein Schritt klingt aus dem tonlosen Los.«
    In einem echten Flugzeug zu drehen ist schwierig, in einem echten Flugzeug eine Essensorgie zu veranstalten unmöglich. Da wir in der Sendung drei Sketche von insgesamt knapp acht Minuten hatten, gestattete der Sender zähneknirschend den Bau einer Flugzeugattrappe im Studio.
    So waren die Dreharbeiten die reine Freude. Die Essensschweinereien glückten vorzüglich, wir kamen gut voran. Schwierig wurde es nur, als Heinz Meier (»Kalle und Bolzmeier«, der Sitznachbar aus Kassel) eine Bierdose öffnete und das Bier aus der Öffnung herausspritzen sollte. Wir starteten die Kamera, Heinz Meier riss die Dose auf, aber außer einem leisen Zischen passierte nichts. Der klassische Vorführeffekt, Murphy’s Law. Wenn man nicht will, dass es schäumt, explodieren die Dosen förmlich, wenn man den Schaum einmal braucht, verhalten sie sich übertrieben wohlerzogen. Das Problem war, dass die Requisite mit Rücksicht auf das Wohl unseres Schauspielers das Bier vorher im Eisschrank gekühlt hatte: »Warmes Bier schmeckt doch nicht.« Kaltes Bier sprudelt aber nicht. Was tun? In der Hoffnung, dass sie sich schnell erwärmen würden, legten wir die eisgekühlten Dosen auf unsere heißen Scheinwerfer. Fehlanzeige. Schließlich nahm ich zwei schon leicht erwärmte Dosen und knallte sie kurz vor der Aufnahme mehrfach heftig aneinander. Als Heinz Meier dann bei laufender Kamera seine Dose aufriss, schoss aus ihr ein fingerdicker schnurgerader Strahl heraus, der etwa zwei Meter hoch durch die offene Decke der Flugzeugatrappe ins Studio spritzte. Glücklicherweise behielten alle die Nerven, niemand lachte los, nicht einmal Heinz Meier. Ich bewundere ihn noch heute für seine Disziplin. Er rettete den Take, der so im Schnitt verwendet werden konnte.
    Probe in unserem Flugzeugmodell
    In »Loriot 5« gab es wieder Außenaufnahmen, und es gab wieder die geliebte »Karl-Malden-Nase« – im Sketch »Feuergeben«. Loriot spielt darin einen Mann, der auf der Suche nach seinen Streichhölzern dem ungeduldig wartenden Raucher Heinz Meier seine komplette Lebensgeschichte erzählt. Wir drehten Anfang April, der Tag war ungewöhnlich kalt. Je länger wir an der frischen Luft waren, desto röter wurde Loriots Gesicht. Die angeklebte Nase hingegen behielt mangels Durchblutung eine normale Gesichtsfarbe. Sie musste mehrfach rötlich nachgeschminkt werden, damit sie noch zu ihrem Träger passte.
    Loriot spielte in diesem Sketch für einen kurzen Moment eine Doppelrolle, also brauchten wir ein Double. Das »Feuergeben« fand vor dem Eingang eines Restaurants statt, in dessen Innerem ein Gast (ebenfalls Loriot) währenddessen mit den Tücken einer zu heftig umwickelten Fleischroulade kämpft.Am Ende des ersten Teils des Doppelsketches betritt der Gast das Restaurant, und die beiden Herren auf der Straße schauen ihm hinterher.
    Für den kurzen Moment, in dem der Gast an den beiden vorbeigeht, in dem Loriot also doppelt im Bild sein musste, hatten wir uns ausgedacht, dass der Feuergeber, Loriot, sich von der Kamera wegdreht und seinem Gegenüber Meier mit der linken Hand auf der Schulter andeutet, wo ihn diese schmerze.
    Wir filmten Loriot von vorn, er drehte sich weg und legte seine Hand auf die Schulter. Als die Aufnahme im Kasten war, ging er in Maske und Kostüm, um sich als Rouladengast umzuziehen. Ich wollte inzwischen das Double, das ja nur von hinten zu sehen war, in seine Bewegung einweisen. Der Komparse im Kostüm des Feuergebers wurde ans Set gebracht. Die Größe stimmte, die grauen Haare waren ähnlich, mit Mantel und Hut sah er von hinten aus wie Loriot. Ich bat ihn,

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