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Der glücklose Therapeut - Roman

Der glücklose Therapeut - Roman

Titel: Der glücklose Therapeut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Shpancer
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… «
    » Barry? «
    » Blut … Da ist Blut. Ich habe etwas Dummes angestellt … helfen Sie mir … «
    » Ist jemand bei Ihnen? Mimi? «
    » Mimi hat mich verlassen … Sie ist gegangen. «
    » Wie lautet Ihre Adresse? «
    » 32 Fern… Fernleaf. «
    » Ich komme. «
    Ich stand auf und verließ eilig das Haus. Unterwegs rief ich 911 an und bat um einen Krankenwagen. Die Dame am Telefon wollte weitere Einzelheiten wissen. Ich erklärte ihr hastig, dass ich Psychologe sei und ihr keine Details nennen könne, ohne zu erwähnen, dass ich die Details überhaupt nicht kannte. Daraus entstand eine gewisse Verzögerung, und so kam der Krankenwagen gleichzeitig mit mir an. Barry Longs Wohnung lag im Süden der Stadt, am Ende einer schmalen Einbahnstraße. Der Gehweg, der zu seinem Haus führte, stand nach dem Regen teilweise unter Wasser. Eine halb verwelkte Pflanze hing vom Verandadach herab. Ich rannte die Treppe hinauf zu seiner Wohnungstür und hämmerte dagegen. Die Sanitäter schoben mich zur Seite, und einer von ihnen trat die Tür ein. Wir betraten die dunkle Wohnung. Die Luft war abgestanden und roch nach Schimmel. Die Vorhänge waren zugezogen. Eine kleine Tischlampe warf in einer Zimmerecke ihren Schatten. Ich schaute mich um, sah aber niemanden.
    » Barry « , brüllte ich. » Barry. Wo sind Sie? «
    Wir fanden ihn in der Küche, wo er blutend und nur halb bei Bewusstsein auf dem Fußboden lag. Die Sanitäter machten sich an die Arbeit. Ich beugte mich zu ihm und redete ihm gut zu: » Ich bin da; es ist in Ordnung. Wir bringen Sie ins Krankenhaus. Sie sind bald wieder ok. «
    » Tut mir leid « , murmelte er benommen. Die Sanitäter machten ihre Bahre bereit.
    » Entspannen Sie sich und atmen Sie « , sagte ich zu ihm. Was hätte ich sonst sagen können? Mir selbst sagte ich dasselbe. Die Sanitäter, die sich über meine Anwesenheit zu ärgern schienen, hoben ihn auf die Bahre und trugen ihn zum Krankenwagen. » Ich fahre Ihnen nach « , sagte ich.
    Nachdem sie gegangen waren, blieb ich noch in der Wohnung. Warum ich blieb? Ich weiß es nicht. Vielleicht wollte ich mehr über ihn erfahren, sein Leben außerhalb der Therapiesitzung erkunden. In all meinen Berufsjahren erfuhr ich nicht ein einziges Mal etwas über das Leben eines Klienten außerhalb der Therapie, über sein »richtiges« Leben.
    Lediglich zwei Begebenheiten kommen dem nahe. Vor Jahren hatte ich mit einer Patientin gearbeitet, die sich sicher war, dass jemand sie in den Geschäften im Einkaufszentrum verfolgte. Aus diesem Grund gingen wir zusammen einkaufen. Sie lief in den Gängen auf und ab, und ich behielt sie aus der Ferne im Auge. Schließlich sagte sie: » Heute ist mir niemand gefolgt. Vielleicht weil ihnen aufgefallen ist, dass Sie mich begleiten. Vielleicht ist das der Grund. «
    Vor langer Zeit hatte es bereits einen anderen Klienten gegeben, einen gläubigen Christen, der obsessiv über Sex mit Jesus nachdachte. Um sich von seinen schmutzigen Gedanken zu reinigen, hatte er begonnen, sich stündlich, pünktlich zur vollen Stunde, zu duschen und seine Haut mit einer harten Bürste zu bearbeiten. Um ihn zu behandeln, ging ich zu ihm nach Hause, ließ ihn ein Bild von Jesus ansehen und laut: »Sex mit Jesus« wiederholen. Dann verbat ich ihm zu duschen. Das wiederholten wir tage- und wochenlang, immer und immer wieder. Doch in beiden Fällen galt meine Aufmerksamkeit meiner Arbeit: Für das Leben dieser beiden Klienten außerhalb der Therapie hatte ich mich eigentlich nicht allzu sehr interessiert. Doch aus unerfindlichen Gründen interessierte ich mich für Barry Longs Leben, obwohl er selbst es überhaupt nicht für ein Leben hielt.
    Ich ging durch die Wohnung und sah mich um. Die Wände waren kahl. Der Teppich im Wohnzimmer war grau und zerschlissen. Auf dem Schreibtisch in der Ecke stand eine alte Schreibmaschine, eine zweite stand auf dem Küchentisch. Daneben lag ein leerer Zigarettenkarton. Der fleckenübersäte Kühlschrank stand ein wenig schief, und in seinem Innern ging das Licht nicht an, als ich ihn öffnete. Ein Glas Instantkaffee stand in einem Fach neben einer Getränkeflasche, und in einer Plastikdose welkten ein paar Salatblätter. Auf der durchgesessenen Couch im Wohnzimmer war zwischen etlichen Zierkissen ein weißes Laken ausgebreitet, als hätte jemand dort die Nacht verbracht. Der Gestank nach Blut und schmutzigen Socken erfüllte den Raum. Aus dem Schlafzimmer drang zuckend der grelle Lichtschein eines Fernsehers.

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