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Der Gluecksmacher

Der Gluecksmacher

Titel: Der Gluecksmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Sautner
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Harry, machst du es wie alle anderen, baust mit hohen Ansprüchen Scheiße.« Dimsch legte eine kurze Pause ein, meinte dann bestens gelaunt: »Ich denke, gescheit wäre es, deine Ansprüche auf ein realistisches, menschliches Minimum zurückzuschrauben und dich dann hin und wieder positiv zu überraschen. Na, was meinst du?«
    »Jetzt steht er auf und geht«, sagte Torberg.
    »Oder«, Großburg starrte durch die Scheibe, »er renkt Dimsch den Kiefer aus.«
    »Du bist ein arger Typ, Sebastian«, sagte der Kunde.
    »Ich bin genau so einer wie du, Harry, fast alle sind wir so. Und das, was ich dir gerade gesagt habe, habe ich in Wirklichkeit mir gesagt.«
    »Manchmal tue ich Gutes«, begann der Kunde auf einmal, »nur damit andere sehen, dass ich Gutes tue. Du weißt schon, eine Spende da, eine Freundlichkeit dort. Ich mache das nicht wegen der Sache selbst, sondern weil das Bild von mir mich befriedigt und es mir gefällt, wenn andere mich so sehen.«
    »Ist doch wunderbar.« Dimsch zuckte mit den Schultern. »Den Menschen, denen du Gutes tust, ist doch völlig egal, warum du es tust. Und was soll schlecht dran sein, wenn du deine Freude dabei hast? Du könntest den Menschen das ohne weiteres offen sagen.«
    Harry Käfer blinzelte.
    »Quäl dich nicht damit, dass du ein Heiliger sein willst. Du bist ein stinknormaler Mensch. Heilige gibt es nicht. Was es gibt, sind durch und durch egoistische Menschen. Und wenn deren Egoismus Gutes bewirkt, ist das besser als jeder Heiligenschein. Scheinheilige Heilige scheinen eilig heilig. Ich frage dich, scheinen Heilige heilig wegen des Heils oder des Scheins?«
    »Ist er jetzt völlig durchgeknallt?« Großburg blickte fassungslos zu den beiden anderen.
    Dimsch überlegte, ob das Gesagte irgendeinen Sinn ergeben hatte.
    Doch Harry Käfer war ohnehin mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt gewesen.
    »Unglaublich«, sagte er, »eigentlich unglaublich, welch intime Dinge ich dir erzähle. Zum Beispiel, dass ich Gutes tue, um mir selbst zu gefallen.«
    »Manchmal verraten wir ein Geheimnis jahrelang nicht unseren engsten Freunden«, antwortete Dimsch, nun wieder halbwegs konzentriert, »aber irgendwann, ganz unvermutet, ist der richtige Zeitpunkt da, und es bricht wie selbstverständlich aus uns heraus. Dann erzählen wir es mehr uns selbst als dem Typen, der gerade dabei ist.«
    Harry Käfer nickte. Diesmal hatte er aufgepasst.
    »Eigentlich sollte ich dir jetzt erklären«, fuhr Dimsch nach kurzem Innehalten fort, »dass Experten der Secur AG aufgrund des Fragebogens und unseres Gesprächs ein individuelles Programm für dich zusammenstellen werden. Aber ichdenke, das lassen wir. Wir beide wissen, dass du keine Glücksversicherung brauchst.« Er zog das Wort Glücksversicherung in die Länge, um dessen Absurdität zu unterstreichen.
    »Nein, nein!« Käfers Reaktion war heftig. »Ich will deine Versicherung unbedingt, ehrlich.«
    Dimsch konnte keinerlei Ironie in der Miene des Kunden erkennen. Er blickte einem Mann ins Gesicht, der ihm mit einem Mal fremd schien. Wo war der Mensch hingekommen, mit dem er sich eben noch wie blind verstanden hatte? So herrlich hatten sie miteinander gelacht. So selten schön war das stille Einverständnis gewesen, ihr gemeinsames Geheimnis, dass die Sache mit der Glücksversicherung völliger Unsinn war. Und nun? Herrgott Sakrament noch einmal, dieser Mann blickte ihn an, als sei er der Messias höchstpersönlich!
    »Meinst du das ernst, Harry, du willst die Versicherung wirklich haben?«
    Käfer nickte eifrig. »Ja, natürlich. Sie ist doch von dir, oder? Du hast sie doch gemacht, nicht wahr?«
    Dimsch blies Luft aus, hob die Schultern. »Ja, stimmt schon.«
    »Ich will sie unbedingt.« Der Kunde hatte die Fäuste auf den Tisch gelegt. Entschlossen sah er drein, und Dimsch hatte den Eindruck, Harry Käfer war bereit, sich die Glücksversicherung, wenn nötig, mit roher Gewalt anzueignen. Der Mann tat ihm leid.
    »Na schön«, sagte Dimsch und versuchte ein Lächeln, »sie ist ja gratis. Wenn du die Versicherung unbedingt willst, bekommst du sie.«
    »Danke«, sagte Käfer. Sein Körper verlor wieder an Spannung. »Ich danke dir, Sebastian.«
    »Schon gut, Harry. Du sollst glücklich werden damit«, versuchte er einen Scherz, aber der Funke sprang nicht mehr über.
    »Er hat doch tatsächlich versucht, dem Kunden das Produkt auszureden.« Großburg wandte sich mit offenem Mund den anderen zu.
    »Der Kunde aber«, ergänzte Rainer Torberg perplex,

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