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Der Gluecksmacher

Der Gluecksmacher

Titel: Der Gluecksmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Sautner
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Platz.
    Zähe Sekunden lang beherrschte Stille das Zimmer. Nach einer Weile blickte Großburg auf die Uhr und fauchte: »Wo bleiben die denn?« In diesem Augenblick öffnete sich die Türim benachbarten Besprechungsraum, und Eva Fischer trat mit dem ersten Testkunden ein.
    »Bitte nehmen Sie Platz.« Sie wies ihm einen der drei Sessel zu, die um den runden Tisch platziert waren. »Mein Kollege wird jeden Moment da sein, dann können wir sofort beginnen.«
    Der Mann war um die fünfzig, wohlbeleibt, rothaarig und trug einen Schnauzbart im runden Gesicht. Etwas unbeholfen nahm er Platz, blickte mit kleinen, flinken Augen in den großen Spiegel, zog sich daraufhin die Krawatte zurecht und bemerkte wenig später die Kameras in den oberen Ecken des Raums.
    »Entschuldigen Sie die karge Ausstattung, aber Sie haben sich als Testkunde ja freundlicherweise damit einverstanden erklärt, dass unser Gespräch von Versicherungsmitarbeitern beobachtet«, sie wies auf den Spiegel, »und auch aufgezeichnet wird. So ist es uns möglich, unser Procedere zu verbessern.«
    Der Mann nickte, lächelte. »Dafür ist es ja auch gratis, nicht wahr?«
    »Natürlich, Sie bekommen die Glücksversicherung für ein Jahr völlig kostenlos.«
    Erneut nickte der Mann, lächelte höflich, strich über seine Krawatte.
    »Bitte bedienen Sie sich doch.« Eva machte eine einladende Geste, wies auf die kleinen Getränkeflaschen in der Mitte des Tisches.
    Sofort griff der Kunde zum Erdbeernektar. Er hatte seine Wahl wohl schon vorhin, beim Platznehmen getroffen. »Danke«, sagte er leise, nicht ohne abermals sanft zu nicken, und schenkte sich ein. Eva Fischer wunderte sich über die spielerische Eleganz, mit der er die Bewegungen ausführte. Seine dicken Fingerschienen federleicht, und auch das Fläschchen und das Glas verloren scheinbar an Gewicht, sobald er mit ihnen hantierte. Eva schenkte sich Mineralwasser ein und nahm sich vor, künftig wieder mehr Sport zu treiben.
    »Mein Kollege wird umgehend kommen«, sagte sie, blickte gleich darauf fragend in die Richtung des Spiegels.
    »Wo bleibt Dimsch?« Großburg stemmte die Hände gegen ihre Oberschenkel. »Rainer«, befahl sie, »geh und hol ihn. Und wenn er sich ziert, tritt ihn mit Gewalt ins Zimmer, er soll das, verdammt noch einmal, jetzt durchziehen.«
    »Ich habe vorhin mit ihm telefoniert«, sagte Lara Lichtenfels, ohne den Blick vom falschen Spiegel zu lösen. »Ich könnte mir vorstellen, dass er gar nicht in seinem Zimmer ist.«
    »Was heißt
nicht in seinem Zimmer
!«, rief Großburg. »Ist er davongelaufen, oder was?«
    Lara stützte die Ellenbogen auf die Knie, ließ das Gesicht in ihre Hände sinken.
    »Rainer!« Ein Nerv zuckte an Irene Großburgs Schläfe. »Tu doch etwas!«
    Torberg lehnte sich zurück, blies erleichtert Luft aus und wies mit dem Zeigefinger in die Richtung des Besprechungsraums. Dort kam eben Dimsch zur Tür herein.
    Alle hatten ihn bekniet, diesmal ausnahmsweise Anzug und Krawatte zu tragen, der Kunden wegen, ihrem gemeinsamen Projekt, der Glücksversicherung, zuliebe.
    Dimsch trug ausgebeulten Pullover und alte Jeans – wie immer. Sein Haar stand zu Berge wie selten zuvor.
    Großburg, Lichtenfels und Torberg waren nicht nur, was die Optik anbelangte, auf das Schlimmste gefasst gewesen. In Gedanken hatten sie sich die peinlichsten, verrücktesten, dilettantischsten Szenen vorweg ausgemalt und glaubten, nunkönne sie nichts mehr sonderlich überraschen, als Dimsch sie überraschte.
    Er trat mit einem Lächeln ein, das so befreit und sympathisch wirkte und dabei so selbstsicher, dass sich Eva Fischer und der Kunde unwillkürlich erhoben, um ihm die Hand zu reichen.
    »Harald Käfer, nicht wahr?« Dimsch fragte es mit klarer Stimme und schüttelte dem Kunden nicht nur die Hand, sondern berührte mit der anderen auch freundschaftlich dessen Oberarm.
    »Ja«, brachte der Mann heraus, und seine kleinen Augen glitzerten vor aufgeregter Freude.
    »Mein Name ist Dimsch. Sebastian Dimsch.« Er nahm die Hand vom Oberarm des Kunden, legte sie nun behütend auf jene, die er mit der Rechten nach wie vor umschloss. »Ich bin der Erfinder der Glücksversicherung. Schön, dass Sie gekommen sind.«
    »Was!« Großburg fuhr hoch. »Der Erfinder der Glücksversicherung? Was bildet der Kerl sich ein? Es war meine Idee!«
    »Ist doch jetzt egal, Irene.« Lara zögerte, sie zu berühren. »Wir wissen ja alle, dass es deine Idee war.«
    »Arschloch!«, fauchte Großburg.
    Eigentlich war es

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