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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
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Beutel versiegeln; morgen wollten wir sie zusammen in Gegenwart eines Wechslers untersuchen. Er tat's, und er ist gefangen! Sobald dieser (auf den Jüngling zeigend) vor Gericht gefordert wurde, schickte ich gleich in aller Geschwindigkeit jemand von meinen Leuten nach diesem Gelde. Hier ist's, ich zeige es öffentlich vor! Lassen Sie's ihn besichtigen, meine Herren, ob er es nicht am Siegel für das seinige erkennen wird? Und dann frage ich: Hat dieser Kerl das Gift von mir gekauft, wie kann dann der Jüngling des Brudermords bezichtigt werden?«
    Damit ergriff den Bösewicht ein mächtiges Zittern und Beben; an die Stelle seiner lebhaften Gesichtsfarbe trat schreckliche Totenblässe, und ein kalter Schweiß floß ihm über alle Glieder. Nicht einen Augenblick stand er stille vor Unruhe; bald kratzte er sich hier, bald da am Kopfe. Er murmelte unverständliche Worte zwischen den Zähnen daher oder schwatzte lauter dummes Zeug.
    Alle Welt erkannte ihn stracks für schuldig.
    Indessen, es währte nicht lange, so hatte sich der Ruchlose wieder ermannt; er leugnete alles und hieß den Arzt mit der größten Hartnäckigkeit lügen.
    Der alte, ehrliche Arzt, den Eid und Pflicht zur Gerechtigkeit verbanden und der so öffentlich seine Rechtschaffenheit in Zweifel ziehen sah, wendete alle ersinnliche Mühe an, den verstockten Bösewicht zu widerlegen. Umsonst!
    Endlich bemächtigten sich auf des Rats Befehl die Gerichtsdiener des Schelmes Hände und fanden ein eisernes Petschier, das mit dem Siegel des Beutels zusammengehalten wurde. Beider vollkommene Übereinkunft bestärkte den vorgefaßten Verdacht.
    Nun ließ man, wie es der Gebrauch bei den Griechen ist, Folterrad und Folterbank herbeibringen und tat, als solle der Missetäter hierauf gespannt werden; doch es rührte ihn nicht! er blieb standhaft. Ja, mit Feuer und Geißel setzte man ihm zu: aber auch das vergebens! er gestand kein Wort.
    »Ich werde nimmermehr dulden,« sprach darauf der Arzt, »wahrlich! ich werde nicht dulden, daß die Unschuld wider Recht und Gerechtigkeit den Tod leide, während dieser Bösewicht, unseres Urteils spottend, seiner wohlverdienten Strafe entrinne! Sehen Sie hier, meine Herren, ein neues, untrügliches Kennzeichen der Wahrheit meiner Aussage!
    Als der gottlose Schurke da zu mir kam, das heftigste Gift zu kaufen, so glaubt' ich, es gezieme sich nicht für mich und meinesgleichen, irgend jemand etwas zu geben, das ihn töten könne, da die Medizin dem Menschen das Leben zu erhalten erfunden ist, nicht aber, es ihm zu rauben. Ich fürchtete indessen auch, wenn ich ihm sein Begehren geradezu abschlüge, so möcht' ich durch diese unzeitige Weigerung nur desto mehr zur Vollbringung seiner vorhabenden Schandtat beitragen, indem er unfehlbar entweder anderwärts tödliches Gift kaufen oder auch wohl mit einem Dolche oder anderen Gewehr seinen bösen Anschlag ausführen würde. Also gab ich ihm nicht Gift, sondern nur Alraun, das, wie bekannt, einen plötzlichen, todähnlichen Schlaf bewirkt. Er weiß das nicht, der Bösewicht. Im Wahne nun, daß er sich wirklich des Todes schuldig gemacht, nimmt er lieber mit der Folter fürlieb, als daß er bekennen sollte. Indessen, hat das Kind den von meinen Händen zubereiteten Trank bekommen, so ist es nicht tot! es ruht nur, es schläft! Rüttelt es; der schwere Schlummer wird sogleich verfliegen, und es wird wieder zum Tageslichte hervorgehen. Falls es aber nicht wieder erwacht, falls es jenen ewigen Totenschlaf schläft, so hat es mit der Ursache seines Todes eine andere Bewandtnis. Untersuchen Sie!«
    Die Rede des alten Graukopfs erhielt Beifall. Man ging stracks in großer Eile zum Grabmale, wo der Körper des Kindes war beigesetzt worden. Kein einziger von den Ratsherren, kein Vornehmer, kein Geringer blieb zurück. Die Neugier trieb sie alle dahin.
    Mit eigenen Händen hob der Rittmeister selbst die Decke des Sarges ab. Sowie er das Kind rüttelte, siehe, so ermunterte es sich aus dem Schlafe und stand vom vermeinten Tode wieder auf. Entzückt fiel ihm der Vater um den Hals, zeigte seinen wiedererhaltenen Sohn mit lallender Freude dem Volke und trug ihn, eingehüllt in Leichentücher, wie er war, auf seinen Armen vor Gericht.
    Die Schandtat des ruchlosen Sklaven und der noch ruchloseren Stiefmutter wurde nunmehr entdeckt, und die nackte Wahrheit kam an den Tag. Das Weibsbild wurde auf ewig ins Elend verwiesen, der Sklave aufgehängt; dem biedern Arzt aber wurde mit allgemeiner Übereinstimmung

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