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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
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hinauswollte. Und dies merken und ihre abscheuliche Liebe in einen noch weit abscheulicheren Haß verwandeln, war eins.
    Sie macht einen Sklaven, der ihr von Hause war mitgegeben worden, einen erzverruchten Bösewicht, zu ihrem Vertrauten und geht mit demselben über ihre gottlosen Absichten zu Rate. Nichts schien ihnen besser, als den armen jungen Menschen aus dem Wege zu räumen. Also ging der Gaudieb gleich, holte das geschwindeste Gift, mischt' es mit Wein und hielt es zu dessen Hinrichtung bereit. Allein, während sie noch zusammen über die Art und Weise beratschlagen, wie es dem armen Unschuldigen beizubringen sei, kommt der jüngere Bruder desselben, der Dame leiblicher Sohn, nach den Frühstunden aus der Schule heim. Es dürstet ihn, weil er eben gegessen hatte. Er sieht den Wein, läßt sich ja nicht einfallen, daß Gift darin gemischt sei, und trinkt ihn rein aus.
    Kaum hatte er den, seinem Bruder bereiteten, Trank hinunter, so sank er bewußtlos zur Erde. Erschreckt durch einen so plötzlichen Tod, erhob der Hofmeister ein so jämmerlich Geschrei, daß Mutter und Gesinde hinzulief. Es war klar, daß der Wein vergiftet gewesen, doch niemand wußte, wem die Schuld davon beizumessen. Einer hatte den andern in Verdacht. Das grausame Weib verriet sich nicht. Ja, als ein echtes Muster stiefmütterlicher Bosheit ließ sie sich nicht vom herben Tode ihres rechten Sohnes, nicht vom Bewußtsein eines Meuchelmords, nicht vom Unglück ihres Hauses, nicht von dem Schmerze rühren, welchen der Verlust seines Kindes dem Vater verursachen mußte; sondern einzig darauf bedacht, aus diesem unglücklichen Zufall für ihre Rache Vorteil zu ziehen, schickte sie hurtig einen Läufer an ihren Gemahl ab, der ihm die Botschaft von der Ermordung seines Sohnes hinterbringen mußte. Und als der unglückliche Vater auf diese traurige Nachricht in aller Geschwindigkeit nach Hause zurückgekehrt, klagte sie mit teuflischer Ruchlosigkeit ihren Stiefsohn bei demselben an: Mit seinem Gifte sei ihr Sohn vergeben worden.
    In der Tat war dies keine Lüge, da der Knabe an dem Gifte gestorben, das eigentlich dem Bruder zugedacht gewesen; doch also wollte sie es nicht verstanden wissen. Ihr Stiefsohn hatte ihr in ihrer sträflichen Begierde nicht zu Willen sein, hatte an seinem Vater nicht zum Blutschänder werden wollen. Für einen Brudermörder sollte er also angesehen werden! Und hiermit noch nicht zufrieden, setzte sie hinzu: Sie selbst drohe er mit seinem Schwerte zu durchbohren, wo sie nicht verschwiege, was er ihr Schändliches zugemutet.
    Dem armen Rittmeister brach das Herz vor Gram über den Verlust seiner beiden Söhne; denn beider sah er sich schon im Geiste verlustig; der jüngste lag auf der Bahre, und der älteste, Brudermords und Blutschande schuldig, hatte nur allzu gewiß sein Leben verwirkt.
    Doch die verstellten Klagen seiner leider! zu zärtlich geliebten Gemahlin besiegten bald in ihm das Vaterherz und flammten ihn so sehr mit dem äußersten Haß gegen sein eigen Blut an, daß, sobald nur die Leichenbestattung seines Jüngsten vollbracht war, er, das Gesicht von noch frischen Tränen beströmt, das graue Haar von Asche beschmutzt, geraden Weges nach dem Gerichtsplatz hinlief und, unbewußt des entsetzlichen Betruges seiner Frau, mit Tränen, mit fußfälligen Bitten, kurz, mit dem heftigsten Affekt die Richter um Rache gegen seinen einzigen Sohn anflehte, indem er mit der innigsten Wehmut denselben öffentlich anklagte: Er habe das Bett seines Vaters mit Blutschande befleckt, Meuchelmord an seinem Bruder verübt und seiner Stiefmutter den Tod angedroht!
    Der Anblick des jammernden Greises erregte bei Rat und Volk so viel Mitleid, daß man aus Unwillen gegen den Angeklagten alle Form Rechtens als langweilig und überflüssig verwarf und, ohne die nötigen Beweise des Klägers noch die förmliche Verteidigung des Beklagten anzuhören, einhellig schrie: »Zu Tode gesteinigt das Unkind! Zu Tode gesteinigt den Auswurf der Natur!«
    Indessen der Oberrichter, der nicht ohne Grund befürchtete, es möchte endlich aus diesem in seinem Anfange unbedeutenden Unwillen ein Unfug entstehen, der sowohl für ihn selbst als für die bürgerliche Ordnung und für die ganze Stadt verderblich werden könnte, widersetzte sich laut diesem raschen Ausspruch. Er erhob sich und ersuchte höflichst seine Herren Kollegen, den Bürgern aber gebot er ernstlich, die Sache nach der Väter Weise zur gerichtlichen Erörterung gedeihen zu lassen. Es

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