Der goldene Esel
Heldenmut erfochten und, weit gefehlt, dabei auch nur einen einzigen von unsrer Anzahl einzubüßen, sind wir noch mit acht Füßen mehr in unser Standquartier wieder zurückgekehrt. Aber Euch da, die Ihr nach den böotischen Städten ausgegangen seid, Euch nenne ich alte Memmen! Seht nur, zu welch einem geringen Häuflein Ihr zusammengeschmolzen seid! und dann Euren tapfern Anführer, unsern Lamachus, so im Stiche zu lassen! Nein, all der Plunder, den Ihr da mitgebracht, ist wahrlich nicht das Leben dieses einzigen Mannes wert! Doch getrost! Er ist als Held gestorben, seine eigene übergroße Herzhaftigkeit hat ihn zugrundegerichtet, und ewig wird sein Andenken samt dem Andenken der besten Heerführer und größten Feldherren mit Ruhm gepriesen werden! Anstatt Ihr elendes Diebesgesindel nun und immerdar wie Schurken zitternd und zagend in Bädern und alter Weiber Buden umherschleichen werdet, um durch kleine, nichtswürdige Spitzbübereien Euer verächtliches Leben zu fristen.«
Ihm erwiderte einer von diesen letzteren:
»Tust Du doch, als ob Du allein nicht wüßtest, daß große Häuser am allerleichtesten zu bestehlen sind! Denn wohnt gleich ein zahlreiches Gesinde darinnen, so ist doch jedweder weit mehr um sein Leben als um des Herrn Gut besorgt. Schlechte und gerechte Leute aber, die so ganz in der Stille leben und von ihrem bißchen Gelde kein Wesen machen, die verteidigen ihre Habe aufs hartnäckigste und selbst mit Gefahr ihres Leibes und Lebens.
Was ich hier sage, kann ich durch dasjenige erweisen, was uns begegnet ist.
Kaum daß wir nach Theben, mit den sieben Toren, gekommen und uns, nach unseres löblichen Handwerks Sitte und Brauch, unter der Hand nach den wohlhabendsten Einwohnern umzusehen angefangen hatten, als wir von einem gewissen Chryseros, einem steinreichen Wechsler, Kundschaft einzogen. Aus Furcht vor öffentlichen Bedienungen, wobei etwas zuzusetzen ist, tut dieser, als ob er noch so arm sei, wohnt in einem ganz kleinen, aber wohlverwahrten Häuschen mutterseelenallein, geht schmutzig und zerlumpt wie ein Bettler einher und kommt weder Tag noch Nacht von seinen Geldsäcken hinweg.
Auf den münzten wir es nun sogleich. Da wird's nicht einmal was zu streiten geben mit einem so einzelnen Menschen, dachten wir; im Spielengehen nehmen wir dem all seine Habseligkeiten ab!
Aber warte ein wenig! Er beluchste uns garstig.
Mit einbrechender Nacht waren wir vor seiner Tür. Wir hielten insgesamt nicht für ratsam, sie auszuheben, aufzusprengen oder durchzubrechen, damit wir kein Geräusch machten, wovon die Nachbarn aufwachen könnten; denn das dürft' uns übel bekommen. Was hat da mein Lamachus, unser kreuzbraver Anführer, zu tun?
In einem edeln Vertrauen auf seine bewährte Tapferkeit greift er leise mit der Hand durch das Schlüsselloch und sucht inwendig das Schloß abzureißen.
Aber Chryseros, das allerärgste, das abscheulichste von allen Geschöpfen, die auf zwei Beinen herumlaufen, immer wach, immer die Ohren gespitzt, hatte uns lange schon gemerkt und war auf den Zehen stockmäuschenstill herbeigeschlichen. Sobald nun Lamachus Hand zum Schlüsselloche hereinkommt, stößt er plötzlich mit aller seiner Macht einen großen Nagel durch dieselbe und heftet sie, so fest er nur kann, an das Tor.
In diesem Zustande läßt er ihn wie am Galgen zappeln, und somit im Hui auf den Boden seiner Hütte hinauf, und von da aus vollem Halse, als ob er am Spieße stecke, in die Gasse hinuntergeschrien: ›Feuer! Diebe! Diebe! Feuer!‹ Einen jeden seiner Nachbarn bei Namen gerufen und nicht anders getan, als brennte sein Haus schon heller lichter Lohe, und als würden den Augenblick auch die ihrigen von der Flamme ergriffen werden, wenn sie nicht flugs zur Hilfe kämen.
Erschrocken über die nahe Gefahr, eilten alle ängstlich herbei.
Wir sahen uns unterdessen in der jämmerlichsten Verlegenheit, entweder selber allesamt draufzugehen oder unsern Hauptmann im Stiche zu lassen. Zur rechten Zeit aber noch schlugen wir mit seiner Bewilligung einen glücklichen Mittelweg ein. Wir hieben unserm Anführer im Ellbogen den Arm ab, ließen den zurück, wickelten was um den Stummel, damit von dem herausfließenden Blut unsere Spur nicht verraten würde, und nun Reißaus genommen mit unserm Lamachus!
Indessen, da uns tapfer nachgesetzt wurde und wir beständig über Hals und über Kopf fliehen mußten, Lamachus aber ebensowenig schnell uns folgen als sicher zurückbleiben konnte, so bat dieser großmütige,
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