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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
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wie Milch, hinab auf Brust und Rücken irrend. Umher Glanz verbreitet, daß selbst der Lampe Licht davor erbleichte. Blendendpurpurne Fittiche an den Schultern des kleinen Fliegers, die Schwingen zwar ruhig, aber die zarten Busen der Federn in zitternder Wallung und mutwilliger Unruhe. Überhaupt ein Leib so glatt, so glanzvoll, so ganz schön, so ganz seiner Mutter, der göttlichen Venus würdig!
    Am Fuße des Bettes lagen Bogen, Köcher und Pfeile, des mächtigen Gottes seliges Geschoß. Unstillbares Verlangen ergreift jetzt Psychen; neugierig beschaut sie die Waffen ihres Gemahls, befaßt sie, bewundert sie. Sie zieht einen Pfeil aus dem Köcher und versucht mit zartem Finger dessen Spitze. Noch hatte sich das Zittern der Glieder nicht gelegt, stärker als sie will, berührt sie das Eisen und verletzt sich, daß gleich Tröpfchen rosigen Blutes ihre Hand betauen. Von nun an liebt sie Amor. Ihre eigene Schuld, doch ohne ihr Wissen.
    Mit jeglichem Augenblicke wird diese Liebe brünstiger; schmachtend hängt sie eine Weile über ihn hin und verliert sich im Genusse des Anschauens. Endlich sinkt sie sanft auf ihn nieder, heftet ihre Lippen an ihn und berauscht sich in Wollust: ›Ach, daß er noch nicht erwache, daß er noch nicht erwache,‹ lallt ihr Herz in unnennbarem Taumel.
    Allein indem sie so trunken von Entzücken sich und alles außer ihr vergißt, so weiß ich nicht, war es Meineid oder Mißgunst, was die unglückliche Lampe anwandelte, oder fühlte auch sie sich hingerissen, solch einen Leib zu. berühren und gleichsam zu küssen, genug, sie sprühet einen Tropfen glühenden Öls auf die rechte Schulter des Gottes.
    Weh und Fluch Dir, verwegene Lampe! Du erfrechst Dich, selbst den Urheber alles Feuers zu brennen? Ist das der Dank, womit Du der Liebe lohnst? ihr, die Dich schuf, ihren Genuß die Nacht hindurch zu verlängern!
    Vor Schmerz springt der Gott aus dem Schlafe auf. Er sieht, wie Psyche schändlich wider ihr Versprechen gehandelt hat, und gleich, ohne ein Wort zu sagen, entflieht er aus ihren Armen. Zwar erhascht ihn das unglückselige Weib noch mit beiden Händen beim Fuß und bestrebt sich, ihn zurückzuhalten. Aber jämmerlich reißt er sie also mit sich empor, bis ihr die Kräfte entgehen und sie dann zur Erde zurückstürzt.
    Der Gott liebte sie. So an der Erde, vermochte er nicht, sie zu verlassen.
    Er flog auf die nächste Zypresse, und aus dem luftigen Wipfel derselben sprach er in heftiger Bewegung also zu ihr hernieder:
    ›Sieh, was Du nun angerichtet hast, Du leichtgläubige Psyche! Ich habe den Befehl meiner Mutter hintangesetzt, und statt Dich, nach ihrem Willen, durch Liebe und Ehe dem allernichtswürdigsten der Menschen zu verbinden, bin ich selbst Dein Liebhaber geworden. Ja, ich war noch leichtsinniger, ich herrlicher Bogenschütze, habe mich selbst mit meinen eigenen Pfeilen verwundet und Dich zu meiner Gattin gemacht, und das alles, damit Du mich für ein Ungeheuer hieltest, mit einem Messer mir den Kopf abschnittest, aus dem diese Augen Dich so liebevoll anblickten? Ich hatte Dich deswegen so oft auf Deiner Hut sein geheißen, hatte Dich immer so wohlmeinend gewarnt. Allein Deine trefflichen Ratgeberinnen sollen mir auch auf der Stelle ihren schändlichen Unterricht büßen. Dich aber strafe allein meine Flucht.‹
    Mit den letzten Worten erhob er sich auf seinen Fittichen in die Luft.
    Psyche, am Boden liegend, sah, so weit ihre Augen reichten, unter entsetzlichem Jammer und Händeringen dem Fluge ihres Gemahls nach. Als ihn aber endlich das Ruder der Flügel in unermeßlicher Höhe ihrem Gesichte entführte, riß sie sich auf und stürzte sich in Verzweiflung von dem jähen Ufer in den nahen Fluß.
    Es scheute der milde Fluß den Gott, dessen Flamme auch selbst dem Gewässer furchtbar ist, und schonte der Unglücklichen. Sorgfältig trug er sie auf unschädlichen Wellen an das blumenreiche Gestade.
    Dort saß eben der Gott Pan. Er hielt seine geliebte Syrinx in dem Rohre umfaßt, worin sie war verwandelt worden, und lehrte sie allerlei liebliche Töne angeben. Seine Ziegen schweiften um ihn her und hüpften und weideten und kletterten am Rande des Ufers.
    Der geißfüßige Gott, von Psychens Unfall unterrichtet, ruft mitleidig sie zu sich und spricht ihrem herben Schmerz sanften Trost ein.
    ›Artiges Kind,‹ redete er sie an, ›ich bin zwar nur ein schlechter Hirt, doch hat mich eine lange Reihe wohltätiger Jahre mit vieler Erfahrung ausgerüstet. Wenn ich denn Deinen

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