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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
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überall.
    Also schwatzt der schmähsüchtige Vogel und verleumdet Amor bei seiner Mutter.
    ›Wie?‹ ruft Venus voll jähen Zornes, mit lauter Stimme aus, ›also hätte mein allerliebstes Söhnchen sich schon ein Mädchen zugelegt! Geschwind sage mir ihren Namen, o Du, die Du mir allein noch mit Liebe zugetan bist! Nenne mir die, welche den unschuldigen Knaben verführt hat! Ist's eine Nymphe, Hore oder Muse, oder eine von meinen Grazien?«
    ›Das weiß ich nicht,‹ erwidert die plauderhafte Möve. ›Ich glaube aber, es ist nur eine Sterbliche, in die er verliebt ist; wenn ich mich recht auf ihren Namen besinne, so heißt sie Psyche.‹
    ›Psyche?‹ versetzt Venus mit zunehmendem Grimme. ›Entsetzlich! In Psyche hätt' er sich verliebt, in Psyche, meine Nebenbuhlerin in der Schönheit, die sich meinen Namen angemaßt hat, die ich selbst, sie zu strafen, ihm gewiesen habe! Und verliebt hat er sich in die? So hält er mich wohl gar für seine Kupplerin? Empfindlicher konnte er mich nicht kränken!‹
    Und hiermit erhebt sie sich aus dem Meere und begibt sich sogleich nach ihrer goldenen Wohnung, wo sie ihren Sohn in dem ihr beschriebenen Zustande antrifft.
    Sie rief ihm gleich aus der Türe im bittersten Grimme ihres Herzens mit dem größten Ungestüme zu:
    ›O, brav, herrlich, ganz wieder Deiner würdig! Recht so, unter die Füße mit den Befehlen der Mutter, der Gebieterin! Was da lange ihre Nebenbuhlerin mit schmählicher Liebe quälen! Lieber aus ihr einen Zeitvertreib gemacht, die Mutter muß es sich wohl gefallen lassen! Aber warte, Du mutwilliger Bube, es soll Dir übel bekommen! Trotze nur darauf, daß Du der einzige Sohn bist, Dein Dünkel soll Dir bald benommen werden, ich bin noch gar nicht zu alt, noch einen weit besseren Sohn zu haben als Du sauberes Früchtchen bist! Allein Dich desto empfindlicher zu beschimpfen, will ich lieber einen von meinen Leibeigenen an Kindesstatt annehmen. Er soll diese Flügel, die Fackel, den Bogen und die Pfeile, die ganze Rüstung haben. Sie kommt von mir her, und zu solchem Gebrauche war sie Dir nicht verliehen. Du Bösewicht hast schon von Klein auf nichts getaugt, hast Dich beständig an allen vergriffen, denen Du Ehrerbietung schuldig bist! Wie hast Du nicht Deiner Mutter selbst stets frevelhaft mitgespielt, wie oft mich nicht bis ans Leben verwundet, welche Schmach tust Du mir nicht noch täglich an. Verächtlicher kann wohl niemand einer armen hilflosen Witwe begegnen! Und vor Deinem Stiefvater, dem großen Kriegsgott, hast Du wohl [keine] Furcht und Achtung mehr? Deine kindliche Pflicht müßte denn darin bestehen, daß Du ihm immer Mädchen zuführst – o und Du weißt, in welche Verzweiflung ich dadurch gesetzt werde. Aber ich will Dir das Spiel nun für immer legen und lange, lange sollst Du an diese Deine feine Buhlschaft denken!‹
    ›Aber wie räche ich nun meine Schmach?‹ fährt sie darauf bei sich selbst fort. ›An wen wende ich mich? Wie züchtige ich den Taugenichts nach Verdiensten? Ob ich mir von meiner Feindin
Mäßigkeit
Hilfe ausbitte? Von ihr, die ich eben dieses übermütigen Knaben wegen so vielfach beleidigt habe, und nun sollte ich mich dieses garstigen groben Weibes Spott aussetzen und mich vor ihr erniedrigen? Hart, hart! – Doch, süße Rache, Dich erkauft man nicht zu teuer; ja, ich will zur Mäßigkeit gehen! Ihr will ich den Buben zur Züchtigung überliefern. Sie soll ihm den Köcher leeren, die Pfeile stumpfen, die Bogensehne zerschneiden und ihn ohne Barmherzigkeit kasteien! Eher, eher will ich mich nicht befriedigen, als bis ich seine Haare, die ich so oft mit eigenen Händen mit Gold durchflochten habe, kahl abgeschoren, bis ich seine Flügel, die ich so manchmal, wenn er auf meinem Schoße saß, in Nektar gebadet, kurz abgestutzt sehe.‹
    Also eifert sie und verläßt, das Herz voll bitterer Galle, ihren Palast.
    Doch bald begegnen ihr Ceres und Juno. Sie lesen ihr den Zorn gleich in den Augen und fragen, warum sie so finster aussehe, warum sie die Holdseligkeit ihrer Blicke in Unmut einhülle?
    ›Wie gelegen,‹ antwortet sie ihnen, ›kommt Ihr für mein brennendes Herz. Helft mir Gewalt und Rache ausüben, helft mir, ich bitte Euch, die landstreicherische, flüchtige Psyche aufsuchen. Denn gewiß wißt Ihr schon meines unwürdigen Sohnes schändliche Aufführung, das Gerücht davon ist zu kundbar!‹
    Die Göttinnen wußten in der Tat schon um alles. Nun suchen sie durch Zureden der Venus überwallenden Zorn in

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