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Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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bemühte sich ungeschickt um enge Bündelung -ballte sich ein mentaler Schimmer. Faszinierend! Konnte das die Tanu-Hauptstadt Muriah sein, das Ziel, auf das sie in den letzten fünf Tagen zugesteuert waren?
    Wenn er rief, würde dann irgend jemand da unten antworten? Versuch es!
    Die harte, helle Erwiderung war erschreckend in ihrem Eifer.
    O glänzender Jungengeist wer?
    Nun ... Das ist Aiken Drum.
    Halt still, kleiner Geist, so fern und doch so glühend. Ah!
    Nein. Laß das! -
    Entzieh dich mir nicht, Leuchtender! Was kannst du sein?
    Laß das, verdammt nochmal!
    Geh nicht weg, ich glaube, ich kenne dich ...
    Plötzlich erfaßte ihn eine noch nie erlebte Angst. Das ferne Unbekannte hielt ihn fest, kam irgendwie Über seinen eigenen Gedankenstrahl zu ihm. Er riß sich aus dem Griff los und entdeckte zu spät, daß er fast seine gesamte Kraft brauchte, um die Verbindung zu trennen. Es gelang ihm, doch nun fiel er durch die Luft, und sein Libellenkörper verwandelte sich zurück in verwundbare Menschlichkeit. Wind pfiff in seinen Ohren. Er stürzte auf das Boot zu, schreiend mit Gedanken und Stimme, und erst einen knappen Augenblick vor Eintritt der Katastrophe konnte er die Kontrolle und die Insektengestalt zurückgewinnen. Zitternd vor Angst ließ er sich auf der Mastspitze nieder.
    Die ausgestrahlte Panik hatte die anderen geweckt. Das Boot begann zu schaukeln und erzeugte konzentrische Wellen auf der blassen Lagune. Elizabeth und Creyn tauchten aus dem gedeckten Passagierabteil auf und starrten ihn an. Dann erschienen Raimo, einen Ausdruck von Begriffsstutzigkeit in dem nach oben gewandten Gesicht, der finsterblickende Stein mit der besorgten kleinen Sukey, und Highjohn, der Skipper. Dieser brüllte: »Ich weiß, daß du das da oben bist, Aiken Drum! Gott helfe dir, wenn du mit deinen Streichen mein Boot beschädigt hast!«
    Das Schimpfen des Bootsmannes brachte den letzten Passagier zum Vorschein, den reiflosen Anthropologen Bryan Grenfell, der in gereizter Stimmung war und nichts von den telepathischen Fragen mitbekam, die die anderen zu der Libelle hinaufschleuderten. »Muß das sein, daß das Boot so schaukelt?«
    »Aiken, komm herunter!« sagte Creyn laut.
    »Nicht ums Verrecken«, antwortete die Libelle. Mit summenden Flügeln bereitete sich das Insekt zur Flucht vor.
    Der Tanu hob die schlanke Hand in einer ironischen Geste. »Dann flieg, du Narr! Aber mach dir vorher klar, was du wegwirfst. Es bedeutet keinen Unterschied, daß du dem Ring entronnen bist. Damit haben wir gerechnet. Zugeständnisse sind gemacht worden. Besondere Privilegien erwarten dich in Muriah.«
    Ein zweifelndes Lachen. »Davon habe ich schon eine kleine Andeutung bekommen.«
    »So?« meinte Creyn gleichmütig. »Wenn du deinen Verstand benutzt hättest, dann wäre dir bewußt, daß du von Mayvar nichts zu fürchten hast. Ganz im Gegenteil! Aber täusche dich nicht - auch ohne deinen silbernen Ring ist sie fähig, dich zu entdecken, du magst dich verbergen, wo du willst. Weglaufen wäre der größte Fehler, den du Überhaupt begehen könntest. Da draußen gibt es nichts für dich, ganz allein. Deine Erfüllung findest du bei uns, in Muriah. Jetzt komm herunter! Es ist Zeit, daß wir unsere Reise fortsetzen. Wir müßten heute abend die Hauptstadt erreichen, und dann kannst du selbst beurteilen, ob ich die Wahrheit gesagt habe oder nicht.«
    Der hochgewachsene Fremde kehrte abrupt in das Passagierabteil zurück. Die kleine Gruppe von Menschen blieb gaffend auf Deck.
    »Oh - zum Teufel, was soll's?« sagte die Libelle.
    Sie spiralte nach unten, landete vor den Füßen des Skippers und wurde zu einem kleinen Mann in einem Kostüm aus Goldstoff, das ganz mit Taschen besetzt war. Aiken Drum, der sein Selbstbewußtsein völlig zurückgewonnen hatte, zeigte sein Kaspergrinsen.
    »Vielleicht will ich noch eine Weile bleiben. So lange, wie es mir gefällt.«
    An diesem Abend, als die Menge der Tanu-Reiter an die Küste von Aven kam, um das Boot zu empfangen, konnte Bryan nur den einzigen Gedanken fassen, daß Mercy hier irgendwo unter der exotischen Kavalkade stecken mochte. Und so rannte er von einer Seite des Boots zur anderen, während ein Zug von zwanzig kräftigen Helladotherien, die riesigen Okapis ähnelten, vor das Fahrzeug gespannt wurde, um es die lange Rollenstraße nach Muriah entlangzuziehen. Der Halbmond schien hell. Etwa einen Kilometer oberhalb der Landestelle, die auf einer von verwitterten Massen gestreifter Evaporiten

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