Der goldene Ring
vierundzwanzig Stunden. Danach war die Barium-Mine zerstört, die Stadt lag in Trümmern, die Tanu-Bevölkerung war erschlagen oder geflohen, und die versklavten Menschen wurden vor eine Wahl gestellt, die einigen merkwürdig schwerfiel: Lebe frei oder stirb.
Richard erwachte im Dorf bei den Verborgenen Quellen und entdeckte Marthas in der Kapelle aufgebahrte Leiche. Im Gedanken an das Versprechen, das sie sich gegenseitig gegeben hatten, nahm er sie in seine Arme und stolperte zu dem immer noch funktionierenden Flieger. Madame und Claude würden sich wieder erholen, und zweifellos wollte die alte Frau ihren Feldzug zur Befreiung der Menschheit fortsetzen. Aber ohne Richard. Er hatte einen eigenen Plan. Er winkte Amerie einen Abschiedsgruß zu, brachte die gravomagnetische Maschine in einen Orbit Tausende von Kilometern über der Erde des Pliozän und begann sein langes Warten.
Tief unter ihm trabte Felice durch den Wald auf das rauchende Finiah zu. Sie kam zu spät für die Schlacht, aber auf irgendeine Weise würde sie in der zerstörten Stadt einen goldenen Ring finden und ihr Gelübde erfüllen, die Tenu zu erledigen.
Die restlichen vier Mitglieder der Gruppe Grün lernten einen völlig anderen Aspekt des Vielfarbenen Landes kennen.
Sechs Wochen zuvor hatte der Tanu-Oberherr Creyn sein Chaliko bestiegen und die Festung verlassen. Mit einer ganz kleinen Eskorte von drei Soldaten führte er Elizabeth, Bryan, Aiken Drum, Stein, Sukey Davies und Raimo Häkkinen einen Pfad die Rhône entlang. Unterwegs erzählte der Tanu diesen privilegierten Gefangenen von dem wundervollen Leben, das sie erwartete. In der am Fluß gelegenen Stadt Roniah würden sie ein Schiff besteigen und nach einer Reise von fünf oder sechs Tagen in der Tanu-Hauptstadt Muriah eintreffen. Dort konnte Stein von den Wunden genesen, die er bei seinem Fluchtversuch empfangen hatte. Aiken, Raimo und Sukey würden lernen, ihre Metafunktionen zu benutzen, die durch ihre silbernen Ringe operant gemacht worden waren. Bryan sollte bei einem Kultur-Analyse-Projekt helfen, das der Tanu-König selbst in Gang gebracht hatte.
Und Elizabeth ... - sie durfte von allen das herrlichste Schicksal erwarten. Nie zuvor war ein echt operanter menschlicher Metapsychiker durch das Zeitportal in das Vielfarbene Land gekommen. (Das verhinderte ein Gesetz des Galaktischen Milieus.) Noch war Elizabeth Rekonvaleszentin, aber wenn sie wieder bei vollen Kräften war, würden ihre Fähigkeiten in der Fernwahrnehmung und der Redigierung die jedes Tanu-Großen weit übertreffen. Creyn, selbst ein guter Redakteur, war sich demütig bewußt, daß Elizabeths sondierende und heilende Talente seine eigenen verschwinden ließen. Elizabeth würde nicht an der üblichen Initiierung teilnehmen. Nein, sie sollte zu der Schiffsgattin gebracht werden, zu Brede, die Führerin und Wächterin beider fremder Rassen war.
Die Versprechungen des fremden Heilers erfüllten Elizabeth nur mit Furcht und Bestürzung. Es gab einen guten Grund dafür, warum das Galaktische Milieu es operanten Metapsychikern verbot, das Zeitportal zu durchschreiten. Im Milieu waren alle Personen mit großer mentaler Kraft - Menschen und Nichtmenschen - in einer sie mit Glück erfüllenden Einheit verbunden und unfähig jeder selbstsüchtigen Handlung, die der Zivilisation Schaden zufügen mochte. Aber der Einheit beraubt ...
Elizabeth kam sich vor, als sei sie die einzige Erwachsene, die es in eine Welt der Kinder verschlagen hat - und dazu noch bösartiger Kinder, die versuchen würden, sie auszunutzen. Das durfte sie nicht zulassen.
Die Notwendigkeit, Sukey zu retten, riß Elizabeth aus ihrer Verzweiflung. Diese junge Frau, ebenfalls als Redakteurin begabt, hatte im Geist des bewußtlosen Stein herumgeschnüffelt. Als sie alte psychische Wunden entdeckte, versuchte die unerfahrene Sukey, sie zu heilen. Nur Elizabeths Eingreifen verhinderte, daß der schwer traumatisierte Wikinger den Verstand seiner Möchtegern-Heilerin bis zur Idiotie zermalmte. Elizabeth machte Sukey klar, daß sie sich vorerst nicht einmischen dürfe, und lehrte sie die richtigen Techniken, damit sie weder sich selbst noch den Mann, den sie zu lieben begann, Schaden zufügte. Noch ehe die Reise nach Süden beendet war, gelang es Sukey, Stein echte Erleichterung von mentalen Fehlleistungen zu bringen, die ihn seit seiner Kindheit gequält hatten. Stein wiederum gelobte sich ihr in telepathischem Kontakt an. Ihre Seelen, durch seinen grauen und
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