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Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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ihren silbernen Ring im intimsten Modus verbunden, erkannten sich als Ehemann und Ehefrau. Eine solche Verbindung, hatte Creyn gewarnt, war Frauen mit Silberringen bei Gefahr der Todesstrafe verboten, aber die Liebenden hüteten ihr Geheimnis gut. Niemand außer Elizabeth erfuhr die Wahrheit.
    Der Tunichtgut Aiken Drum reagierte völlig anders auf seine neuen Geisteskräfte und den verwirrenden Glanz des Vielfarbenen Landes. Er genoß beides in vollen Zügen. In Roniah wurde er zum Star eines ausschweifenden Festes und zum Liebling der unersättlichen Tanu-Frauen. Doch im weiteren Verlauf der Reise wurde offenbar, daß Aiken - allgemein anerkannt als Connecticut-Yankee an König Artus Hof, genialer Techniker, rückfälliger Verbrecher, Charmeur und Träger eines goldenen Anzugs mit hundert Taschen - völlig aus dem Rahmen üblicher latenter Metafunktionen fiel. Die mentalen Kräfte, die einundzwanzig Jahre lang während einer mit schlimmen Taten zugebrachten Jugendzeit in seinem Schädel eingekerkert gewesen waren, besaßen ein unglaubliches Potential. Elizabeth erkannte das deutlich - und Creyn, wenn auch in beschränkterem Umfang, ebenfalls.
    Das Boot mit den Reisenden erreichte nach einem fürchterlichen Rutsch über den >la Glissade Formidable< genannten Wasserfall das prähistorische Mittelmeerbecken. Über seichte Lagunen ging es weiter zu der Tanu-Hauptstadt Muriah, die an der Spitze der Balearischen Halbinsel lag. Die meisten menschlichen Passagiere wurden immer furchtsamer, als sich die Reise ihrem Ende näherte. Nicht so Aiken Drum. Sein silberner Halsreif hatte nicht nur seine Metafunktionen freigesetzt, sondern auch eine psychische Lawine ausgelöst. Kontrollschaltungen, die normale menschliche Gehirne mühelos in Banden hielten, brannten unter Aikens mentalem Flammenstoß aus, und seine Kräfte, ungleich denen der sanften Elizabeth, waren völlig auf Aggression ausgerichtet. Hinter dem lächelnden Gesicht des jungen Mannes in seinem glänzenden goldenen Anzug versteckte sich eine Persönlichkeit, die zu gegebener Zeit versuchen mochte, sich zum Herrn nicht nur der fremden Rassen im Pliozän der Erde, sondern auch der Menschheit aufzuwerfen.
    Hier beginnt der zweite Band, der Aiken, Elizabeth, Stein und Bryan am sechsten Tag nach dem Durchschreiten des Zeitportals in die Welt des Pliozäns begleitet.

Erster Teil
    Die Mesalliance

1
    Die Libelle, nichts als ein goldener Funke, schwebte genau Über dem nackten Mast des bewegungslosen Bootes.
    Nun kräuselte die erste Brise das Wasser mit Katzenpfötchen, und der Libellenmann schoß davon. Er stieg kraftvoll in den Himmel und hielt von neuem an. Das Boot unter ihm war zu einem einsamen Fleck inmitten einer pastellfarbenen Weite von seichten Lagunen und Salzebenen geworden, alles von perlfarbenem Nebel verschleiert.
    Höher! Seine umgewandelten Schwingen hoben ihn dem Sonnenaufgang entgegen. Scharfe Facettenaugen, die den größten Teil seines Kopfes einnahmen, zeigten ihm entlang dem nördlichen Horizont den dunklen Wall des Kontinentalsockels. Der Rand Europas wurde nur von einer einzigen hochaufragenden Wolke unterbrochen. Sie gab die Stelle an, wo die Rhône sich Über einen hohen Hang aus Sedimentgestein in das nahezu leere Mittelmeerbecken der Pliozän-Erde, das >Leere Meer< genannt, stürzte.
    Sollte er zum Festland hinÜberfliegen? Seine Flügel hatten die Kraft, ihn in kurzen Sprints schneller als mit hundert Stundenkilometern zu tragen. Er wußte, es würde ihm leichtfallen, der Spur zu folgen, die das Boot am Vortag Über das Wasser gezogen hatte. Aber er konnte auch ostwärts zu der aufgefalteten Masse Korsika-Sardinien fliegen, wo, wie Creyn gesagt hatte, keine Tanu lebten.
    Er konnte jeden Ort aufsuchen, der ihm beliebte. Er war jetzt frei.
    Verschwunden waren die mentalen Hemmungen, die der fremde Sklavenherr in seinen Halsring einprogrammiert hatte. Als er am Morgen erwachte, war dieser silberne Reif eher kalt als warm gewesen. Seine neuen geistigen Kräfte hatten die neuralen Schaltungen des psychokoerziblen Geräts Überladen und nutzlos gemacht. Die latenten Fähigkeiten, die der Reif freigesetzt hatte, blieben operant. Und verstärkten sich noch.
    Er ließ seinen Fernwahrnehmungssinn wandern, lauschte. Er empfing die langsamen Rhythmen der in dem Boot unter ihm schlafenden sieben Personen und weiter entfernt ein telepathisches Gemurmel von anderen Booten, die sich Über die Große Lagune verteilten. Fern im Süden - er konzentrierte sich,

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