Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
Vom Netzwerk:
Augenzwinkern. »Soll ich Führer sein, mes Sires?«, fragte er, als Jacques ihm eine Münze in die schmutzig verkrustete Hand drückte. »Ich wissen auch, wo Mädchen finden!« Als er sie anstrahlte, sah Guillaume, dass ihm sowohl die oberen als auch die unteren mittleren Milchzähne fehlten. Er konnte kaum älter als sieben oder acht Jahre sein!
    »Nicht nötig, danke!«, murmelte er und steckte dem Jungen noch eine zweite Münze zu. »Ich werde gleich zum Dom gehen.«
    »Dom bald zumachen«, sagte der Junge. »Viel Menschen warten. Müssen Schlange machen morgen früh, mes Sires.«
    Guillaume schüttelte ärgerlich den Kopf. Er wollte sich vor seinem Gott in den Staub werfen und ihn um Vergebung bitten, jetzt gleich!
    »Wir werden den Weg zum Gasthof schon finden«, knurrte er Jacques an und zog ihn in Richtung Dom, der restlichen Pilgerschar folgend.
    Schwarz vor Menschen waren die Gassen rund um das Gotteshaus. Überall lungerten Bettler herum, denn Pilger gaben großzügig.
    Auch Jacques fiel auf, wie freigiebig die Menschen hier waren. »Die Bettler in dieser Stadt sind gewiss wohlhabender als so mancher Bauer!«, staunte er und legte eine Münze in die ausgestreckte Hand eines blinden Mädchens. Hübsch anzusehen war sie und so leicht bekleidet, dass ihre Brüste zu sehen waren, was Jacques offenbar nicht entgangen war, denn er hob die Augenbrauen und grinste.
    Der Junge am Stadttor aber hatte recht gehabt. Die Schlange vor dem Dom war schier unendlich, und ein Mönch schickteweitere Gläubige davon. »Kommt morgen wieder, gute Leut«, sagte er. »Der Dom wird bald schließen.«
    So irrten Guillaume und Jacques also durch die verwinkelten Gassen Kölns, bis sie endlich vor einem Gasthof standen, dessen Hauswand das Bild eines schwarzgesichtigen Mannes schmückte, wie weder Guillaume noch Jacques je einen erblickt hatten.
    Nachdem sie im »Mohren« untergekommen waren, wollte Jacques noch ein wenig die Stadt erkunden und durch die Wirtshäuser ziehen. »Heut genieß ich, morgen reu ich«, sagte er lachend und forderte Guillaume auf, ihn zu begleiten.
    »Nein, ich werde noch ein wenig in mich gehen und mich dann zur Ruhe legen. Sobald es hell wird, will ich zum Dom gehen«, lehnte Guillaume entschlossen ab.
    »Wie du meinst!« Jacques zuckte mit den Schultern. »Ich jedenfalls bin durstig, und mein Magen knurrt.«
    Hunger verspürte Guillaume ebenfalls, doch er zog es vor, sich ein wenig zu kasteien, um seinen Gebeten Nachdruck zu verleihen.
     
    Am nächsten Tag kurz nach Sonnenaufgang drängte Guillaume in die bereits übervolle Gasse und ließ sich von der Menge in Richtung Dom schieben. Jacques war in der Nacht nicht zurückgekehrt. Vermutlich schlief er unter irgendeinem Tisch seinen Rausch aus. Guillaume schnaubte entrüstet. Der gute Jacques schien eine Wallfahrt mit einem Ausflug zum Jahrmarkt zu verwechseln! Guillaume drängte durch die mit Fachwerkhäusern gesäumten Gassen. Überall roch es nach Urin und Unrat, so wie in allen großen Städten.
    »Guillaume!«, hörte er plötzlich jemanden rufen und blieb stehen. Die Menschen hinter ihm schoben und schimpften. »Hier bin ich!«
    »Jacques!« Guillaume sah ihn aus einer Gasse linker Hand auf sich zukommen.
    »Hier entlang!«, rief er und winkte ihn herbei. »Beim Schwert des Herrn! Riechst du das?«, fragte er, als Guillaume sich zuihm durchgekämpft hatte, reckte den Kopf und schnupperte. »Komm!« Er wandte sich um und pflügte sich so rasch durch die Menge, dass Guillaume Mühe hatte, ihm zu folgen. Bei einem Bäcker machte Jacques plötzlich halt. »Sieh nur!«, rief er und deutete auf die hellen Weidenkörbe, in denen frische Brote lagen, die einladend dufteten. Die Bäckerin, ein dralles junges Weib in einem hellen Leinenkleid, mit Kopftuch und Schürze, roten Wangen und einer Spur Mehl auf der Nase, pries ihre Waren mit lauter Stimme an.
    Sie rief etwas, das Guillaume nicht verstand, und zeigte auf die Körbe um sich herum. Große grobe Laibe mit herzhafter dunkler Kruste lagen darin, hellere, feinere Brote und kleine, feine, fast weiße Brötchen.
    Plötzlich verzog sich das Gesicht der Matrone zu einer ärgerlichen Fratze. Laut schimpfend kam sie aus ihrem Laden und stürzte auf einen sehnigen Jungen zu, der Säcke mit Mehl von einem kleinen Handkarren hievte. Einer der Säcke war aufgegangen, und ein Teil des kostbaren Mehls hatte sich auf den Boden ergossen. Noch bevor die Bäckerin hinzugestürzt war, hatten sich zwei Bettler in den

Weitere Kostenlose Bücher