Der goldene Thron
aufbrechen, um den Sarazenen Jerusalem zu entreißen! Jeder Mann, der sich ihnen anschließt, ob Geistlicher, Adeliger, Kaufmann, Handwerker, Bauer oder Tagelöhner, wird Vergebung für seine Sünden erfahren und ins Paradies einkehren!« Der Bischof taumelte, trunken vor Glück, und die Menschen in der Menge tobten.
Der Hass auf die Ungläubigen hatte schon seit Wochen überzukochen gedroht. Nun aber schien ein Ausweg in Sicht, und Zufriedenheit und unbändiger Stolz lagen in der Luft.
Richard hatte das Kreuz im November des vergangenen Jahres als Erster genommen. Kurz nachdem die schreckliche Nachricht Frankreich erreicht hatte, war er vor den Erzbischof von Tours getreten und hatte verkündet zu tun, was in seiner Macht stand, um die Heilige Stadt zurückzuerobern.
Prinz John dagegen hatte deutlich gemacht, dass er auf keinen Fall gedachte, ins Heilige Land zu ziehen, und behauptet, sein Vater brauche ihn zur Vertretung seiner Interessen im Reich.
Der Gedanke, dass John als einziger Plantagenêt in England verbleiben würde, während Richard und sein Vater nach Outremer zogen, sorgte bei Guillaume für ein gewisses Unbehagen, auch wenn es angesichts der Gefährlichkeit eines solchen Unterfangens sehr wohl vernünftig war, dass zumindest einer der beiden Prinzen in der Heimat zurückblieb. Immerhin konnte es durchaus geschehen, dass weder der König noch Richard lebend zurückkehrte.
Nach der Verkündigung seiner Teilnahme am Kreuzzug segelte Henry II. zurück nach England, erhob neue Steuern, um sein kostspieliges Vorhaben bezahlen zu können, und begann mit den ersten Reisevorbereitungen. Nur ein gutes Jahr blieb ihm dafür. Zeit, die dringend erforderlich war, um sowohl die enormen Geldmittel aufzubringen, die für einen Kreuzzug benötigt wurden, als auch Hunderte von Schiffen zu bauen, Tausende von Männern auszurüsten und Vorräte für Mensch und Tier anzukaufen und einzulagern. Ein so großes Heer zu verschiffen und unterwegs zu verpflegen, bedurfte genauester Planung undBerechnung. Jeder Tag bis zum Aufbruch würde benötigt werden, damit aus dem schwierigen Unterfangen dieses Kreuzzugs ein Erfolg werden konnte.
Guillaume rechnete damit, seinen Herrn begleiten zu müssen. Der Gedanke an einen erneuten Aufenthalt in Outremer jedoch ließ ihn mit zwiespältigen Gefühlen kämpfen. Einerseits versetzte ihn die Aussicht, sich erneut beweisen zu können und womöglich an einem Sieg beteiligt zu sein, der Jerusalem der Christenheit zurückgab, in Hochstimmung. Andererseits erinnerte er sich noch gut daran, wie niedergeschlagen ihn die Wüste, die sengende Sonne, der Durst und die Trugbilder gemacht hatten. Nicht allein die Angst vor dem Tod war es gewesen, die ihn damals hatte bangen und zweifeln lassen, sondern auch die Furcht davor, Schwäche zu zeigen und in der Fremde, ohne christliche Beerdigung, ohne Grabinschrift und, schlimmer noch, ohne Kopf, irgendwo in der Wüste verscharrt zu werden.
Im Frühjahr schließlich war die Situation so ruhig, dass der König Guillaume für eine Weile entließ und ihm gestattete, sich nach Cartmel zurückzuziehen, um dort nach dem Rechten zu sehen. Auf dem königlichen Gut empfing man Guillaume nicht gerade mit überschwänglicher Freude. Nur der Geistliche schien von ihm angetan und gewillt, ihn in allen Aufgaben zu unterstützen. Er half ihm bei der Durchsicht der Bücher, nahm ihm die Beichte ab und hörte ihm zu, als Guillaume von Outremer erzählte. Das Wetter wurde von Tag zu Tag milder, der Regen seltener, und nach einigen Wochen begann Guillaume, sich nach seinen Männern und dem rastlosen Leben an der Seite des Königs zu sehnen.
»Eine Nachricht für Euch, Mylord! Ein Bote brachte sie, als Ihr auf der Jagd wart. Er musste umgehend weiter, darum bat er mich, sie Euch vorzulesen«, erklärte der Priester und rieb sich über die Nase.
»Jean, lass mir etwas frisches Wasser bringen, ich bin durstig! Und einen Krug Wein brauchen wir auch. Ihr nehmt doch einen Schluck, Vater?« Guillaume sah den Geistlichen fragend an.
»Gewiss doch, gern!«, beeilte sich der zu antworten.
Ein Lächeln huschte über Guillaumes Gesicht. Es war ihm nicht verborgen geblieben, dass der Gottesmann einen guten Tropfen wohl zu schätzen wusste. Seine rote Nase und die blutunterlaufenen Augen deuteten gar darauf hin, dass er dem Wein wohl häufiger und in größeren Mengen zusprach. Als Wasser und Wein aufgetragen waren, mischte Guillaume beides in einem Becher und löschte
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