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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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Nacht brach bereits herein, als er endlich vollkommen entkräftet in seinem bequemen Armstuhl saß, die Beine in eine wollene Decke gehüllt, obwohl die Luft doch von sommerlicher Milde war.
    »Maréchal, mein Freund«, flüsterte er in das Halbdunkel der Dämmerung, und sogleich stand Guillaume vor ihm.
    »Mylord?«
    Der König schwieg.
    »Soll ich Euch etwas zur Stärkung bringen lassen? Ein wenig Fleischbrühe vielleicht?«, fragte Guillaume besorgt. Er bangte schon seit Tagen um seinen Herrn. Schlecht sah er aus, und mager war er geworden. Seit einer guten Woche hatte der König, der früher üppige Mengen hatte vertilgen können, kaum noch etwas zu sich genommen. »Bitte, Mylord!«
    Henry II. sah zu ihm auf und lächelte ihn flüchtig an. Bitterkeit und Trauer standen in seinen Augen. »Etwas Brühe«, murmelte er ungewöhnlich mild.
    Nachdem Guillaume einen Diener losgeschickt hatte, wandte sich der König erneut an ihn. »Bei Sonnenaufgang geht und seht nach meinen Verfolgern. Ich vertraue Euch wie keinem anderen, mein Freund. Nie habt Ihr Eure Interessen über die meinen gestellt. Enttäuscht Ihr mich nicht auch noch, ich flehe Euch an!« Tränen der Erschöpfung standen in den Augen des Königs.
    »Niemals, Mylord. Ich werde stets an Eurer Seite sein. Ihr habt mein Wort!«
    »Gut.« Henry II. nickte ermattet.
    »Heute Nacht seid Ihr in Sicherheit«, sagte Guillaume nach einigen Augenblicken des Schweigens. »Ruht Euch aus, Mylord, Ihr werdet schon bald all Eure Kraft brauchen.«
     
    Im Morgengrauen, als die ersten Sonnenstrahlen Le Mans in weiches, rosiges Licht tauchten und die Steine, aus denen der Palast gebaut war, zum Glitzern brachten, ritt Guillaume mit einer Handvoll königstreuer Soldaten durch das rückwärtige Tor gen Süden. Die gut befestigte Straße, auf der man nach Tours gelangte, führte sie zu einer Brücke über die Huisne, an deren Ufern feiner Nebel emporstieg. Auf der anderen Seite des Flusses entdeckten sie Späher im Dunst. Richard musste sie vorausgeschickt haben.
    Guillaume überlegte kurz, ob es Sinn machte, die Männer anzugreifen, entschloss sich aber, lieber umzukehren und den König darauf vorzubereiten, dass man schon bald mit einem Angriff auf Le Mans rechnen musste.
    Henry II. ließ es sich nicht nehmen, selbst zur Huisne hinunterzureiten. Der Schlaf musste ihn ein wenig gestärkt und seine Schmerzen gemildert haben, denn er schien voller Zuversicht. »Reißt die Brücke ein!«, befahl er entschlossen. »Und lasst Speere in die Uferböschung stecken, damit sie nicht an Land können, falls sie versuchen, den Fluss auf dem Rücken ihrer Pferde zuüberqueren!«, fügte er hinzu und zog sich wieder auf die Burg zurück.
    Am frühen Nachmittag – der letzte Speer war kaum platziert – bebte die Erde. Es waren die Truppen Richards und Philippes, die an der zerstörten Brücke eintrafen. Sichtlich enttäuscht, weil sie den Fluss nicht überqueren konnten, schlugen sie ihr Lager am anderen Ufer auf.
    So verbrachte der König noch eine weitere ruhige Nacht und ließ am nächsten Morgen in aller Frühe eine Messe lesen. Die Schmerzen, die seinen ganzen Körper so häufig plagten, schienen wie fortgeblasen, und er befahl Guillaume, ihn mit einigen Soldaten zur Brücke zu begleiten.
    »Jean, sag den Männern, sie sollen sich bewaffnen«, rief Guillaume seinem Knappen zu.
    »Nicht doch, Maréchal!«, lachte der König. »Wir werden keine Kettenhemden oder Waffen benötigen. Die Brücke ist zerstört, weder die Poiteviner noch die Franzosen werden so schnell über die Huisne gelangen«, erklärte er selbstzufrieden.
    »Aber, Mylord …«
    »Kein Aber, Maréchal. Haltet Euch nur bereit. Wir brechen in Kürze auf.«
    Guillaume schnaubte leise, verneigte sich und verließ die Halle mit langen Schritten.
    »Ich werde nicht ohne Rüstung und Waffen vor den Feind treten. Der König unterschätzt seinen Sohn und den König von Frankreich nicht zum ersten Mal!«, knurrte er. Seit Henry II. krank war, hatte sein Urteilsvermögen immer stärker nachgelassen, nun aber schien er es vollkommen verloren zu haben. Dieser Tag, das fühlte Guillaume ganz deutlich, würde nicht so friedlich vorübergehen, wie es der König zu glauben schien. Entgegen seinen Anweisungen ließ er sich darum von Jean d’Erlée helfen, sein wattiertes Wams, Kettenhemd und Waffenrock, Handschuhe, Helm und Schwertgurt anzulegen. Er legte die Hand auf Athanors Knauf. Gemeinsam würden sie auch diesmal siegen. »Es wird dem

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