Der goldene Thron
König nicht gefallen, dass ich sein Urteil für alle sichtbaranzweifle, doch das ist mir gleich«, erklärte er Jean und bestieg sein Pferd.
Als er mit seinen ebenfalls bewaffneten Männern zum König stieß, saß dieser bereits voller Ungeduld im Sattel, ließ seinen Blick mit stummer Verachtung an Guillaumes Rüstung und den Waffen herabgleiten und gab seinem Pferd die Sporen.
An der Brücke angekommen, wurde jedoch deutlich, wie recht Guillaume gehabt hatte, seinen König nicht unbewaffnet zu begleiten. Einigen der französischen Ritter war es gelungen, eine Furt zu finden. Sie stießen ihre Lanzen in den Fluss, um die Tiefe des Wassers zu prüfen, und überquerten ihn so zu Fuß.
Guillaumes Männer versuchten, die Angreifer in Schach zu halten, während er selbst lospreschte, um weitere Ritter zu Hilfe zu rufen. Als er mit Verstärkung zurückkehrte, waren die Gegner bereits bis zum Maison-Dieu, dem Hospital, vorgedrungen. Guillaume schwang seine Lanze und schwor, nicht eher zu ruhen, als bis der Feind besiegt war.
»Sie haben einen zusätzlichen Weg über das Wasser gefunden und greifen Le Mans von Westen her an!«, rief ihm am Nachmittag ein Ritter zu und zeigte in die Richtung, in die sich auch die Sonne begab. »Ihr müsst den König warnen, sie werden schon bald den Palast stürmen.« Dann deutete er auf die Vorstadt, aus der dicke Rauchschwaden aufstiegen. »Seht, dort hinten brennt es!«
Guillaume besprach sich mit Mandeville und des Roches, die ebenso erbittert gekämpft hatten wie er selbst, Baudouin de Béthune, der treue Dammartin, Maurice de Craon und all die anderen Ritter. Dann eilte er zu seinem König.
»Mylord, der Feind rückt näher. Ihr müsst Euch in Sicherheit bringen. Es bleibt kein anderer Ausweg! Ihr müsst die Straße nach Fresnay nehmen. Nur dort steht uns der Feind noch nicht gegenüber.« Guillaume rief die Männer des Königs zusammen und befahl den Rückzug. »Schnell, Mylord!«, drängte er. »Wir müssen aufbrechen.«Schon bald lag das brennende Le Mans hinter ihnen, doch der Feind war ihnen bereits auf den Fersen.
»Wir werden verfolgt, Mylord. Reitet Ihr voraus, ich werde mit meinen Männern zurückbleiben und Euch den Rücken freihalten«, rief Guillaume und forderte einige Soldaten auf, ihm zu folgen. Dann wendete er sein Pferd und sah sich um. »Wir werden sie mit einem Hinterhalt überraschen«, erklärte er. »Sucht Schutz in einem Gebüsch und wartet auf mein Zeichen!«
Es dauerte nicht lange, bis sich Reiter näherten.
Ohne Vorwarnung preschte Guillaume aus dem Gebüsch und ritt mit gesenkter Lanze auf einen von ihnen zu.
»Tötet mich nicht, Maréchal! Es würde Euch nicht zur Ehre gereichen, denn ich bin unbewaffnet!«, rief der Mann, der zwar einen Helm auf dem Kopf trug, aber weder Kettenhemd noch Lanze oder Schwert mit sich führte.
Guillaume erkannte gleich, dass es kein Geringerer war als Prinz Richard. »Sorgt Euch nicht, denn ich werde Euch nicht das Leben nehmen, das wird der Teufel tun!«, rief er dem untreuen Sohn seines Herrn zu, ohne jedoch sein Pferd zu zügeln, senkte seine Lanze und ritt auf ihn zu.
Südlich von Tours, 4. Juli 1189
Einen guten Ritter soll man wert halten
und lieben, wenn man ihn findet.
(Chrétien de Troyes – Yvain)
W arum hat er sich nicht in die Normandie zurückgezogen?«, war ein Flüstern in den Gemäuern von Chinon zu hören. »Dort wäre er sicher gewesen!«
Guillaume wusste nicht, wessen Stimme er da gehört hatte, doch sie sprach die Wahrheit. Mit Engelszungen hatte er versucht, seinen König davon zu überzeugen, sich in die Normandie zu begeben, als sie sich in Alençon getrennt hatten, doch nun war es zu spät. Henry II. lag erneut auf dem Krankenlager, schwitzte und stöhnte, litt und siechte dahin. Nicht nur das Geschwür an seinem Fuß schmerzte, sondern sein ganzer Körper. Der Medicus hatte ihn zur Ader gelassen, doch statt ihm die üblen Säfte zu entziehen, schien ihn der Blutverlust nur noch mehr geschwächt zu haben.
Er hatte Guillaume zu sich rufen lassen, nachdem man ihn davon unterrichtet hatte, dass der Franzose Tours eingenommen und sich dort niedergelassen hatte. Und wie immer, wenn er gebraucht wurde, war Guillaume sogleich herbeigeeilt, auch wenn er längst nichts mehr tun konnte, um den Krieg noch für seinen König zu entscheiden.
Zwei Männer waren nötig, um den entkräfteten König aufs Pferd zu heben. Zitternd umklammerte Henry II. die Zügel. Das Gesichtdunkelrot und verzerrt
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