Der goldene Thron
vom Schmerz, gelang es ihm nur mühsam, sich im Sattel zu halten.
So gemächlich, dass ein Trupp Fußsoldaten ohne Eile vorausmarschieren konnte, ritten sie zu dem Treffpunkt, wo er ein weiteres Mal auf Richard und den König von Frankreich treffen sollte. Der König hatte ausrichten lassen, dass er zu schwach sei, um an den Verhandlungen teilzunehmen, doch sein Sohn hatte dies als schnöde Ausrede abgetan und auf der Anwesenheit seines Vaters bestanden.
Einem Trauerzug gleich zog der Tross des Königs voran. Nicht einmal die königlichen Fahnen wollten wehen. Kein Lufthauch rührte sich, so als hielte das ganze Land in Erwartung dessen, was nun kommen mochte, den Atem an.
Der König war zu geschwächt, um länger Widerstand zu leisten. In den vergangenen Wochen hatten Richard und Philippe eine Burg nach der anderen eingenommen und den schwer kranken Henry II. in die Isolation getrieben. Der Krieg war vorbei.
»All meinen Vasallen … befehle ich … Richard zu huldigen«, erklärte Henry II. stockend, bevor er seinen eigenen Lehnseid an den französischen König erneuerte.
Als seine Beine nachzugeben drohten, ließ Guillaume ihm einen Sessel bringen. Der König sank darin zusammen, stimmte der Zahlung einer Kriegsentschädigung zu und erhob sich mit letzter Kraft. Kaum schwankend diesmal und ohne Stütze, ging er zu seinem Sohn, um ihm den traditionellen Friedenskuss zu geben.
»Ich bete, dass mich der Herr nicht sterben lässt, bevor ich Rache geübt habe!«, flüsterte er Richard hasserfüllt ins Ohr. Nur Guillaume und einige der dicht bei ihm stehenden Lords hatten es hören können. Dann gaben seine Knie nach. Zwei Ritter sprangen ihm bei und fingen ihn auf.
»Lasst uns gehen, Mylord. Ihr müsst Euch schonen!«, wandte sich Guillaume an seinen König und führte ihn hinaus. Der Krieg war vorüber und ein Frieden vereinbart. Ob sich Henry II. je erholen würde? Das Geschwür an seiner Ferse plagte ihn schonso lange, hatte Schmerz und Fieber in seinem ganzen Körper verursacht und ihn so sehr geschwächt, dass Guillaume fürchtete, sein Herr werde die kommende Nacht nicht überstehen.
Zurück in Chinon, verlangte Henry II. nach der Liste des französischen Königs, auf der all jene Barone verzeichnet waren, die ihn verraten hatten und zu Richard übergelaufen waren.
»Nicht doch, Herr! Wartet damit, bis Ihr wieder bei Kräften seid!«, bat Guillaume aus Angst, die Enttäuschung könne den König umbringen.
»Ich will sie sehen!«, beharrte der jedoch und erhob die Hand mit zittriger Drohgebärde. »Oder finde ich Euren Namen etwa ebenfalls darauf?«
»Nein, Mylord, gewiss nicht.« Demütig verneigte sich Guillaume. Die Worte seines Herrn verletzten ihn, und doch konnte er verstehen, dass der König nicht mehr wusste, wem er vertrauen konnte. Guillaume verbarg seine Enttäuschung darum, so gut er konnte, und ließ den Halter des königlichen Siegels kommen, damit er Henry II. die Liste vorlese.
»Möge mir der Christ zu Hilfe eilen, Mylord! Der erste Name auf der Liste ist der von Graf John, Eurem Sohn!«, rief der Mann flehentlich, nachdem er einen Blick auf die Namen geworfen hatte.
Einen Moment lang schien es, als wäre jeder im Raum vor Schreck erstarrt. Der Liebling des Königs, der Grund für alle Streitigkeiten, war ein Verräter! Henrys Augen waren ungläubig aufgerissen. »Genug!«, rief er, »Ihr habt genug gesagt!« Er ließ sich zurück auf sein Lager fallen und schloss die Lider. Tränen rannen ihm über die Wangen, und ein Schluchzen entfuhr ihm.
Zwei Tage später, am sechsten Tag des siebten Monats, erlosch sein Lebenslicht nach einer qualvollen Nacht für immer. Keiner seiner Männer war in seiner letzten Stunde bei ihm gewesen. Nur ein paar Diener hatten sich in den dunklen Zimmerecken verborgen gehalten, als er sein Leben ausgehaucht hatte. Wie Ungeziefer waren sie hervorgekrochen, hatten dem Toten die Kleidervom Leib geschält und sogar das Leinen seines Krankenlagers gestohlen, bevor sie sich davongemacht hatten. Als Guillaume und die anderen Getreuen vom Ableben ihres Königs erfuhren, eilten sie zu seiner Kammer und fanden ihn auf dem kalten Boden ausgestreckt, nackt bis auf Bruche und Hemd, die Augen starr und weit geöffnet. Blut war ihm vor seinem Ende aus Mund und Nase gelaufen.
Steinschwer war Guillaumes Herz bei diesem erschütternden Anblick. Es ist nicht recht, dachte er, dass dieser große König so jämmerlich sterben musste! Tränen liefen ihm über die Wangen,
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