Der goldene Thron
empfanden. Wie gut hatte es doch Ellen getroffen! Sie hatte in Isaac einen Menschen gefunden, mit dem sie mehr verband als eine schnöde Verpflichtung. Wenn er nun nach so vielen Jahren Isabelle ein wenig in sein Herz lassen wollte, dann war es nicht, als würde er Ellen betrügen oder ersetzen. Ihr gemeinsamer Weg war längst Vergangenheit, wenn auch nicht vergessen. Guillaume entkleidete sich im Dunkel der Kammer und schlüpfte unter die Decke. Er schloss die Augen und dachte an den Kuss. Ein warmes, prickelndes Gefühl ergriff ihn. An Schlaf war nicht zu denken, dazu war er zu aufgewühlt. Die Augen weit aufgerissen, starrte er in die Dunkelheit.
Mit einem kleinen Schnaufer, wie ihn Schlafende von sich gaben, drehte sich Isabelle zu ihm, legte ihre Wange an seine Schulter und ihre Hand auf seine unbedeckte Brust. Er spürte ihre Nacktheit an seinem Arm. Aus Furcht, sie könne sich abwenden, wenn er sich bewegte, blieb er eine ganze Weile ruhig liegenund genoss ihre Nähe. Vorsichtig drehte er den Kopf, um ein wenig von ihrem Duft einzufangen. Dann hielt er es nicht länger aus und küsste sie zaghaft auf die Stirn. Isabelle hob den Kopf ein wenig an, und Guillaume konnte ihren Atem riechen. Nach Kräutern duftete er und ein wenig süß, als hätte sie Honig gegessen. Ob sie zulassen würde, dass er sie noch einmal küsste? Er senkte den Kopf. Als seine Lippen ihre Wange ganz dicht an ihrem Mundwinkel berührten, drohte sein Herz zu zerspringen, so bang war ihm.
Isabelle drehte den Kopf ein wenig, und ihre Münder berührten sich wie zufällig. Guillaume küsste sie mit geschlossenen Lippen, sanft und zaghaft, bis sie den Mund leicht öffnete und zuließ, dass seine Zunge nach der ihren suchte. Immer heftiger ging ihr süßer Atem. Verlangen nach ihr brannte in ihm. Dichter an sich wollte er sie spüren, ihren schönen Körper liebkosen und ihre weiche Haut unter seinen Händen spüren. Als Isabelle sich an ihn drängte, erfüllten ihn Unglauben und Glück. Er legte die Hand in ihren Nacken und streichelte ihn, fuhr durch ihr Haar und küsste sie fordernder und leidenschaftlicher. Wie zufällig berührte er ihre Brust und hielt den Atem an. Einen Augenblick fürchtete er, sie würde ihn fortstoßen, ihn vielleicht gar beschimpfen, doch nichts dergleichen geschah. Nur ein kleiner Seufzer kam über ihre Lippen und ermutigte ihn, sie weiter zu erkunden.
Sie bebte unter jeder seiner vorsichtigen Berührungen und legte ihre Hand federleicht und warm auf seinen Bauch, in dem es nun summte, als hätte er ein Bienennest verschluckt. Die Sehnsucht nach ihrem Schoß brachte ihn beinahe um den Verstand. Und doch zügelte er seine Leidenschaft aus Furcht, ihre neu gewonnene Vertrautheit zu zerstören, falls er zu weit ging.
»Ich will einen Sohn von dir!«, flüsterte Isabelle ihm ins Ohr. »Er soll deine Augen haben.«
Als Guillaume am nächsten Morgen munter wurde, sah Isabelle ihn fragend an. Er spürte, dass sie ihn schon eine Weile beimSchlafen betrachtet hatte, und lächelte unsicher. Eine Falte stand auf ihrer Stirn und verhieß nichts Gutes.
»Wer ist Ellen?«, fragte sie.
»Warum willst du das wissen?«, versuchte er, Zeit zu gewinnen. Woher kannte sie nur ihren Namen?
»Hast du sie geliebt?« Isabelle kniff die Augen zusammen.
Guillaume sah keinen Grund, nicht zu nicken. Er war mehr als doppelt so alt wie sie. Isabelle konnte wohl kaum erwarten, dass er bisher in völliger Keuschheit gelebt hatte.
»Erzähl mir von ihr!«, forderte sie ihn scheinbar gelassen auf, doch in ihren Augen war ein bedenkliches Funkeln zu sehen.
»Nein.«
»Ist sie eine Prinzessin, so wie ich?«, bohrte Isabelle weiter.
»Nein, sie ist Schmiedin.«
Isabelle schaute ihn fassungslos an. »Eine Schmiedin?«
Guillaume sah, dass ihr Atem flach wurde.
»Liebst du sie noch immer?«
Er brachte es nicht fertig, den Kopf zu schütteln. »Das alles ist lange her«, antwortete er stattdessen. »Sie ist beinahe so alt wie ich und seit Jahren verheiratet. Du hast nichts zu befürchten, mein Liebling«, erklärte er beschwichtigend.
»Gut«, sagte Isabelle, klang jedoch nicht wirklich befriedigt, sondern schnippisch und noch immer beunruhigt. Sie erhob sich und ließ achtlos das Laken zu Boden gleiten. Nackt, wie der Herr sie erschaffen hatte, stand sie da, den Rücken ihm zugewandt.
Guillaume rollte sich über das Bett und stellte sich hinter sie. »Du bist wunderschön«, murmelte er ihr ins Ohr, umschlang ihren Leib, erschnupperte
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