Der goldene Thron
hätte er so genau wissen können, wie lange er zurücklag?
»Maréchal!«
»Ich komme, Jean!«, erwiderte Guillaume und sah William in die grünen Augen, die ihn so sehr an Ellen erinnerten. »Ich werde dich heute beobachten. Komm später noch einmal zu mir!«
»Ja, Sir, wie Ihr wünscht.« William lächelte scheu.
Ach, wenn es nach Wünschen ginge! Dann wünschte ich mir, mehr Zeit mit dir verbringen zu dürfen, zu erfahren, wer du bist, was du liebst und wovon du träumst, dachte Guillaume wehmütig und wandte sich schweren Herzens ab.
»Ist das der Falkner, der Euch bereits im Herbst aufgefallen ist?«, fragte Jean d’Erlée, als Guillaume ihm schweigend folgte, und drehte sich neugierig zu William um.
Guillaume nickte nur.
»Irgendetwas an ihm kommt mir bekannt vor«, murmelte Jean und schüttelte nachdenklich den Kopf. »Ich komme noch darauf, an wen er mich erinnert!«
»Kann die Jagd endlich beginnen?«, knurrte Guillaume gereizt, um Jeans Aufmerksamkeit von William abzulenken.
»Ja, Mylord.« Jean d’Erlée stand unwillkürlich stramm. »Alles ist bereit.«
»Gut, dann werde ich das Zeichen zum Aufbruch geben!«
Guillaume hatte FitzOwen nur zu dieser Beize eingeladen, um William wiedersehen zu können. Immer wieder schaute er sich nach ihm um, beobachtete, wie er die Falken auf die Beute warf, und war begeistert von seinem Geschick im Umgang mit den Vögeln. Ein guter Falkner kann es weit bringen, dachte er und überlegte, wie er es anstellen konnte, William zu einem nobleren Herrn als dem hochnäsigen Kaufmann zu verhelfen, ohne dass sein Zutun dabei auffiel. Gewiss, er hätte einen seiner Freundebitten können, William bei sich aufzunehmen. Doch wie hätte er erklären sollen, dass er ihn nicht selbst in seinen Dienst nahm, wenn er doch so große Stücke auf ihn hielt, ohne seine Herkunft preiszugeben? Auf den Gedanken, den Sohn stets um sich haben zu können, wenn er ihn als Falkner anstellte, war er bisher nicht gekommen, nun aber schien er ihm so verlockend, dass er einen Augenblick lang schwankte. Isabelle jedoch, daran hatte er keinen Zweifel, würde ihm binnen kürzester Zeit auf die Schliche kommen. Jean hatte eine Ähnlichkeit zwischen Guillaume und William bemerkt, sie jedoch nicht zu deuten gewusst, Isabelle aber würde erkennen, wer er war. Eine solche Enttäuschung konnte und wollte Guillaume ihr nicht zumuten. William war geschickt genug, um nicht aufgrund seiner Herkunft, sondern dank seiner Fähigkeiten aufzusteigen und eines Tages vielleicht sogar dem König aufzufallen.
Während Guillaume nach seinem Sohn Ausschau hielt, hörte er einige Lords über FitzOwens jungen Falkner sprechen. Sie fragten sich, woher er wohl kommen mochte, und zeigten sich äußerst beeindruckt von ihm. Guillaume war so stolz, als gelte ihr Lob ihm selbst, und stimmte ihnen voller Begeisterung zu.
Als die Jagd zu Ende war, sah er seinen Sohn in Begleitung eines weiteren jungen Falkners nicht weit von Hugh de Ferrers stehen.
»Verzeiht«, entschuldigte er sich bei den Lords, mit denen er gerade gesprochen hatte, und ging auf die beiden jungen Männer zu. »Du handelst mit dem Geschick eines erfahrenen Falkners, strahlst Ruhe und Sicherheit aus«, sagte er freundlich zu William. »Offenbar spüren das auch die Falken, so gelassen, wie sie auf deiner Faust stehen.«
William errötete, und Guillaume hätte ihn am liebsten umarmt.
Hugh de Ferrers, der Guillaume bei den beiden Falknern stehen sah, kam mit fragendem Blick auf sie zu.
»Eine wunderbare Beize, Guillaume!«
»Das finde ich ebenfalls. Ich war gerade dabei, die außerordentlichen Fähigkeiten dieses jungen Mannes zu loben.« Guillaumeklopfte William freundschaftlich auf die Schulter. »Und sein Herr scheint nicht die Spur einer Ahnung zu haben, wie gut er ist!«, fügte er etwas leiser hinzu und grinste verschwörerisch.
William räusperte sich verlegen, während sein Freund bekräftigend nickte.
Der junge Hugh de Ferrers warf einen kurzen Blick auf die beiden Falkner und beugte sich nach einem kurzen Zögern zu Guillaume vor. »Ich habe vor, ihn abzuwerben«, sagte er gedämpft.
»Oh, daran tust du recht, mein lieber Hugh.« Guillaumes Herz frohlockte. »Er ist etwas Besonderes, dieser Junge. Er wird deinem Vater gefallen«, fügte er hinzu und nickte gewichtig.
De Ferrers strahlte. »Mein junger Falkner hier«, er schob den anderen ein Stück nach vorn, »kennt ihn von früher. Sie wurden zusammen ausgebildet.«
»Ah, dann bist du
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