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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katia Fox
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abziehen,dann brauchen wir nur wenige Tage. Sieht schlimmer aus, als es ist. Die Mauern stehen noch, wir werden sie ein wenig reparieren und einen neuen Dachstuhl bauen müssen. Wir brauchen Stroh zum Eindecken …«, murmelte er. »Nichts Gravierendes, darum dürften sich auch die Kosten in Grenzen halten.«
    Guillaume nickte erleichtert. Plötzlich wurde die Tür des Wohnturms aufgestoßen, und er horchte auf. Eine junge Magd stolperte die hölzerne Treppe herunter.
    »Mylord!«, rief sie schon von Weitem, rannte, mit den Händen wedelnd, auf ihn zu, fiel auf die Knie, raffte ihre Röcke und erhob sich wieder. Guillaume wollte schon loslaufen. »Mylord, es ist ein Sohn!«, verkündete sie strahlend.
    Guillaume entspannte sich und sah den Baumeister erleichtert an. »Lasst uns alles Weitere morgen besprechen!«
    »Gewiss, Mylord, meinen Glückwunsch auch! Der Herr halte seine Hand über Eure Kinder und lasse Eure Gemahlin recht schnell genesen!«
    »Danke, Meister.« Guillaume eilte zum Wohnturm und nahm dabei immer zwei Stufen auf einmal. »Isabelle!«, rief er und stürmte in die Kammer. »Bist du wohlauf?«
    Isabelle lächelte ihn an und nickte. »Darf ich Euch Euren Sohn vorstellen, Mylord?«
    »Herrje, wie winzig er ist!«, entfuhr es Guillaume erschrocken. »Und so zart! Ich habe unseren Ältesten viel größer und feister in Erinnerung.«
    »Was daran liegen könnte, dass er schon zwei Monate alt war, als du ihn zum ersten Mal gesehen hast. Bei seiner Geburt war er nicht größer als Richard. Du hast doch nichts dagegen, dass wir ihn Richard nennen?«, versicherte sie sich.
    Guillaume schüttelte den Kopf.
    »Hier, nimm ihn!« Isabelle streckte ihm das Kind entgegen.
    Wie klein und hilflos so ein Mensch doch war, wenn er das Licht der Welt erblickte, und wie groß und stark er werden konnte, wenn man ihm die richtige Pflege und eine ordentliche Erziehung angedeihen ließ!
    »Ist alles dran?«, erkundigte sich Guillaume bei der Hebamme und sah sie ein wenig unbeholfen an.
    »Alles, wie und wo es sein soll, Mylord.«
    »Und deinem Arm, wie geht es deinem Arm?«, fragte er Isabelle. »Warum warst du überhaupt in der Küche?«
    »Ich hatte Hunger«, sagte Isabelle kleinlaut, »und Glück!« Sie lächelte. »Die Verbrennung ist nicht schlimm, siehst du!« Sie hob den Arm, um den ein Leinenstreifen gebunden war. »Es geht schon wieder.«
    »Nun, dann werden wir wohl ein großes Fest zur Geburt unseres Sohnes feiern müssen, sobald die Küche wieder aufgebaut ist«, erwiderte Guillaume weich und betrachtete das winzige Bündel voller Liebe.
    Plötzlich knarrte die Tür, und ihr Erstgeborener, auf dem Arm seiner Amme, lugte neugierig um die Ecke.
    »Sieh nur, mein Sohn!«, rief Guillaume freudig.
    Der Junge strahlte, als er ihn sah, stemmte sich von seiner Amme weg, die ihn nur noch mühsam halten konnte, und streckte die Hände nach seinem Vater aus.
    »Das ist dein kleiner Bruder!«, sagte Guillaume und hielt ihm den Säugling entgegen, damit er ihn kurz betrachten konnte. »Du wirst auf ihn achtgeben und ihn beschützen, nicht wahr?« Dann wandte er sich an die Hebamme. »Nehmt Ihr ihn«, forderte er sie auf, reichte ihr den kleinen Richard und nahm dann seinen älteren Sohn auf den Arm. Zufrieden schmiegte der seinen Kopf an die Schulter seines Vaters, steckte den Daumen in den Mund und nuckelte genüsslich daran. Guillaume strich ihm über das weiche, lockige Haar und küsste ihn auf die Stirn, dann setzte er ihn auf dem Boden ab. »Geh wieder zu deiner Nana«, sagte er und gab ihm einen sanften Klaps auf das Hinterteil.
    Ein Schmatzen war zu hören, als der Junge seinen Daumen aus dem Mund zog und mit einem glucksenden Lachen zu seiner Amme lief, um sich an ihren Rock zu werfen. Er krallte sich daran fest und sah bettelnd zu ihr auf. »Hoch, Nana!«, forderte er und strahlte, als sie ihn auf den Arm nahm.

England, Februar 1193
    G uillaume fuhr sich mit der Hand durch die inzwischen fast völlig ergrauten Haare und seufzte. Manchmal ergaben sich die Dinge auf wunderbare Weise, dann wiederum geschah ein Missgeschick nach dem anderen. Sein Atem stieg in dunstigen Schwaden auf, als er den Hof betrat. Er hatte nicht lange in Striguil bleiben können, denn seine Aufgabe als Justiziar forderte seine ganze Aufmerksamkeit. Auch heute hatte der Rat wieder lange getagt und Guillaume trotz des Feuers im Kamin und der zusätzlich aufgestellten Kohlebecken eiskalte Hände und Füße. Es würde guttun, sich auf den Rücken

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